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16. Februar 2021

Muss Deutschland draussen bleiben?

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Muss Deutschland draussen bleiben?

Von Alex Bänninger, 09.05.2013

Mit dem "Grossen Kanton" fragt Viktor Giacobbo nach dem Sinn oder Unsinn, Deutschland als 27. Kanton der Schweiz einzugliedern. Während der Premierenvorführung wurde häufig und laut gelacht. Der Schlussapplaus war verhalten.

Viktor Giacobbo stellt die These auf, die Eingliederung Deutschlands in die Eidgenossenschaft würde sämtliche zwischenstaatliche Probleme auf einfache Art lösen. Er holte dazu die Meinung von 29 Entscheidungsträgern aus der Schweiz, aus Deutschland, Österreich und den USA ein.

Ein paar Highlights

Die Statements sind teils geistreich, teils ulkend, mal originell, mal banal. Sie sagen mehr aus über die gegenseitigen Einschätzungen und Vorurteile als über die praktische Tauglichkeit der These, die niemand ernst nimmt. Sie wird als Scherz verstanden. Die Vergrösserung der Schweiz um unseren nördlichen Nachbarn erscheint den Befragten als Schnapsidee.

Was der Regisseur als "satirisch überhöhten Kino-Dokumentarfilm" bezeichnet, wirkt ermüdend. Zunächst deshalb, weil es sich um keinen Film handelt, sondern um die wenig inspirierte Aneinanderreihung sprechender Köpfe ohne dramaturgische Spannung. Es ist nicht ersichtlich, was satirisch sein soll. Der beissende Spott fehlt genau so wie die zustechende Überspitzung.

Das schafft lediglich Gerhart Polt. Er ist ja auch Kabarettist. Peter von Matt glänzt hinter der Maske des Unschuldslamms mit beissendem Humor. Doris Leuthard verletzt erfrischend die diplomatische Konvention. Der USA-Botschafter in der Schweiz, Donald Beyer, blödelt gekonnt auf höherem Niveau. Diese vier liefern amüsante Highlights.

Spass in engen Grenzen

Viktor Giacobbo moderiert neutral und schlüpft zwischendurch in die aufgesetzte Rolle des Kommentators, der auf die Pauke haut. Als satirischer Salzgeber bleibt er harmlos. Peinlich ist die Parodie Mike Müllers auf Frank A. Meyer. Prustendes Lachen auf Kosten Dritter erinnert an provinzielle Schwänke.

Der Spass fürs Publikum hält sich in engen Grenzen. Es sind, neben verschwindend wenigen jüngeren Stimmen, vornehmlich ältere Politiker, die je übers andere Land mehr oder weniger lustig Halbwissen verbreiten. Auswahlkriterium war die Prominenz. Über die Kompetenz, in einer als satirisch geplanten Revue überzeugend aufzutreten, entschied der Zufall. Er meinte es mit dem "Grossen Kanton" nicht allzu gut.

Aus der Mottenkiste

Der Erkenntniswert der Statements tendiert gegen Null. Wesentliche Substanz gibt die Ausgangsthese nicht her. Sie ist selbstredend zu abstrus, als dass ihre Erörterung mehr erbringen kann als zahllose Gemeinplätze und einige wenige Seifenblasen-Gags. Im Übrigen stammt der Witz, Deutschland möge der Schweiz beitreten, aus der Mottenkiste. Dort gehört er hin. Die beiden Staaten liegen sich fiskalisch und fliegerisch auch künftig souverän als Grossmacht mit Kavallerie und Kleinmacht ohne Kavallerie in den Haaren.

Das humoristischste war, dass sich wieder einmal die ganze Cervelatprominenz traf und sich selber abfeiern konnte. Keine Satire ist, dass dies ein paar Mal im Jahr vorkommt.

Der CH Gesellschaftsmodell ist offensichtlich besser als die EU bzw. Deutschland Modell. Dieser Erkenntniss ist schon seit den 80-ern in Zürich Gesprächstoff. Doch, nicht einmal die Wissenschaft hat es gewagt das Thema zu öffentlich zu diskutieren.

Lieber Alex Hast Du mehr erwartet? Wirklich? Etwa Humor beim selbsternannten Satiriker?

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