Sind Gratis-Inhalte im Internet der Untergang des Qualitätsjournalismus?
Alle reden von der Medienkrise. Das schillernde Schlagwort zielt in erster Linie auf die Schwierigkeiten der gedruckten Medien und unter diesen wiederum hauptsächlich auf die klassischen Tageszeitungen. Seit einigen Jahren nun lesen oder hören wir von sinkenden oder stagnierenden Auflagen weltweit bekannter Titel oder regional tief verwurzelter Blätter, von drastisch reduzierten Werbeeinnahmen, von Journalisten-Entlassungen und andern einschneidenden Sparmassnahmen. Dieser Abwärtstrend, den manche Beobachter – wohl ziemlich voreilig – als unaufhaltsam einstufen, wird weit herum mit einem allgemeinen Niedergang des Qualitätsjournalismus assoziiert.
Die Internet-Revolution und ihre Folgen
Was Qualitätsjournalismus genau ist, darüber lässt sich lange streiten. Ich würde es so definieren: Qualitätsjournalismus betreiben Medien, die bestrebt sind, den Bürger möglichst verlässlich, glaubwürdig und kontinuierlich über gesellschaftlich relevante Entwicklungen in Politik, Wirtschaft, Kultur oder Wissenschaft zu informieren. Diese Art von Journalismus sucht und findet man traditionellerweise vor allem in der Qualitätspresse, in der die klassischen Tageszeitungen an vorderster Front vertreten sind. Trotz aller Krise: Noch immer üben diese Qualitätsmedien im politischen und gesellschaftlichen eine gewichtige Leitfunktion aus – ob sie nun auf Papier oder elektronisch gelesen werden.
Über die Gründe für die Existenzprobleme vieler Qualitätsblätter herrscht zumindest in einem Punkt breiter Konsens: Die Probleme sind in erster Linie eine Folge des atemberaubenden technologischen Wandels, konkret: der rasenden Ausbreitung des Internets. Das Internet-Zeitalter hat das herkömmliche Informationsgeschäft in einen globalen elektronischen Supermarkt verwandelt, in dem – anders als in jedem andern Supermarkt – erst noch die meisten Inhalte gratis angeboten werden. Über diese seltsame ökonomische Logik mag man heute den Kopf schütteln, doch im Rückblick ist man ja meistens klüger. Tatsache ist: Die Inhalte wurden im neuen Internet-Kosmos von Anfang an mehrheitlich kostenlos angeboten, weil die Konkurrenz das ja auch tat und man sich von dieser in Sachen Besucherandrang nicht überrunden lassen wollte. Dabei liessen die Medienhäuser sich lange Zeit von der Hoffnung leiten, dass die Kosten für die elektronisch verbreiteten Inhalte durch entsprechend florierende Werbeeinnahmen im Internet gedeckt würden.
Diese Rechnung ist, wie man inzwischen weiss, in den allermeisten Fällen nicht aufgegangen. Nun forschen die unter Auflageschwund und Kostendruck leidenden Presseverlage nach Möglichkeiten, für ihre Informationsangebote im Internet die Kunden endlich konsequenter zur Kasse bitten zu können. Es geht um die Errichtung so genannter Pay-Walls, also um Gebühren zumindest für einen Teil der journalistischen Inhalte. Einige renommierte Blätter wie das "Wall Street Journal" oder die britische "Financial Times" praktizieren diese Strategie schon seit längerem –anscheinend mit einigem wirtschaftlichen Erfolg.
Hoffnung auf neue Bezahl-Modelle
Vieles deutet darauf hin, dass in nächster Zeit eine ganze Reihe von Qualitätszeitungen ähnliche Modelle lancieren werden – die NZZ und die "New York Times" haben solche Pläne bereits angekündigt. Die London "Times" hat im Juli eine Pay-Wall für alle ihre Internet-Inhalte eingeführt – mit dem vorläufigen Folge, dass die Zahl der Website-Besucher drastisch zurückging. Der Chef des Axel-Springer-Verlages, Matthias Döpfner, glaubt dennoch, dass mit dem Vormarsch des i-Pad von Apple und anderer E-Readers die elektronische Vertreibung von Qualitätszeitungen (via Apps) auf der Grundlage von Bezahl-Systemen auch die akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Qualitätsmedien überwunden werden. Dass solche Hoffnungen mehr sind als neue Illusionen, ist für die Zukunftssicherung einer breiten Vielfalt von Qualitätsmedien, ohne die eine moderne Demokratie kaum funktionieren kann, durchaus erwünscht. Die Gratiskultur müsse sowohl bei den Printmedien (gemeint sind die Gratiszeitungen) als auch Online eliminiert werden, weil sonst aufgrund der Gratis-Gewöhnung beim Publikum guter Journalismus nicht mehr zu finanzieren sei, schreibt Kurt Imhof von der Uni Zürich in dem von ihm mit herausgegebenen "Jahrbuch 2010 zur Qualität der Schweizer Medien". Und nun lancieren wir mit dem "Journal21" ein neues Medienportal, das den Anspruch erhebt, Qualitätsjournalismus anzubieten – und zwar kostenlos. Wie reimt sich das mit der These zusammen, dass substanzielle Inhalte den Mediennutzern nicht gratis angeboten werden sollten, weil sonst der Aufwand für die Produktion solcher Inhalte längerfristig kaum mehr zu finanzieren ist?
Qualität und doch gratis – fünf Argumente
Dazu erstens: Die neue Internet-Welt, also die technische Innovation, macht Unternehmungen wie die Lancierung von Medienplattformen, auf denen Informationen und Meinungen weltweit verbreitet werden können, ohne grossen finanziellen Aufwand möglich. Jeder Blogger profitiert von diesem Internet-Phänomen.
Zweitens: Warum sollen gestandene Journalisten und Akademiker, die mehrheitlich über jahrzehntelange Erfahrung im Medienbereich verfügen, aber nicht mehr auf ein laufendes Lohneinkommen angewiesen sind, solche Möglichkeiten nicht zu einem gemeinsamen Projekt nutzen? Es gibt ihnen Gelegenheit, ihre Einschätzungen, ihr Wissen, ihre Recherchen, zu aktuellen Themen und hintergründigen Entwicklungen, ihre Lektüre-Erfahrungen oder Hobby-Beschäftigungen dem Internet-Publikum auf einer gemeinsamen Plattform anzubieten. Als Medienprofis wissen wir, was Qualitätsjournalismus ausmacht und sind bestrebt, dessen Anforderungen gerecht zu werden. Ob ein solches Angebot im Internet genügend Interesse findet, werden die Klick-Zahlen und das Leser-Echo zeigen.
Drittens: Es liegt auf der Hand, das ein Projekt wie "Journal21" im riesigen elektronischen Medienmarkt keine Chance hat, eine substanzielle Zahl von Lesern und zu finden, solange die Mehrheit der im Internet auftretenden Qualitätsmedien ihre Online-Inhalte immer noch gratis anbieten. Wenn sich zeigt, dass die jetzt von vielen Qualitätsmedien angepeilten oder bereits existierenden Bezahl-Systeme sich auf breiter Front durchsetzen, wird "Journal21" seine Haltung zu dieser Frage neu überprüfen.
Beispiel "Huffington Post"
Viertens: "Journal 21" versteht sich nicht als Konkurrenz zu den bestehenden Qualitätsmedien im Internet, sondern als Ergänzung und Belebung. Kein "Journal21"-Leser wird sich davon abhalten lassen, sich nicht mehr für die Online-Angebote etablierter Qualitätsmedien wie etwa die "New York Times", NZZ, FAZ oder den "Spiegel" zu interessieren. Eher im Gegenteil: Meinungs- und Informationsvielfalt auf dieser Ebene ist geeignet, die Debatte über seriöse Themen zu stimulieren – nicht zuletzt durch gegenseitige Verweise oder Verlinkungen. Nicht jedes kostenlose Medienangebot im Internet muss zwangsläufig den Trend zur "Kultur der Banalität" (Kurt Imhof) verstärken. Auch von der erfolgreichen amerikanischen Gratis-Internetzeitung "Huffington Post" kann man das – trotz der boulevardartigen Aufmachung – in Bezug auf die Lebendigkeit und Substanz der politischen Debatten nicht behaupten. Fünftens schliesslich: Ungeachtet der Klagegesänge über die Gefährdung der gedruckten Qualitätsmedien und den angeblichen Niedergang des seriösen Journalismus durch die Internet-Revolution darf man feststellen, dass im Zeitalter der Massenmedien noch kein neues Medium je ein altes völlig vom Markt verdrängt hat. Die gedruckten Medien haben das Aufkommen des Radios und später des Fernsehens gut überlebt – mit den notwendigen Anpassungen. Sie werden vermutlich noch lange Zeit neben und mit dem Internet ko-existieren. Auch die Gattung des seriösen, substanziellen Journalismus ist trotz der – vorläufig noch – weit verbreiteten Gratiskultur in der Medienwelt nicht zum Untergang verurteilt. Denn in unserer global vernetzten Welt, in der die Bürger von News und Infotainment überflutet werden, gibt es wohl mehr denn je ein vielseitiges Bedürfnis nach einem orientierenden, einordnenden und glaubwürdigen Journalismus. Ohne kommerzielle Absichten gehört es zum Ziel von "Journal21", dazu in bescheidenem Rahmen einen Beitrag zu leisten.
Aber Hallo, liebe Herausgeber. Natürlich darf und soll guter Journalismus etwas kosten. Nur liegt es doch auf der Hand, dass die Onlinezeitungen aber auch grosses Sparpotenzial beinhalten. Die ganze, bestimmt nicht billige Printtechnik kann dadurch eingespart werden. Dies soll bitte, bei der ganzen Kostendiskussion mit eingebracht werden. Dann sieht die gesamte Rechnung plötzlich nicht mehr so schlecht aus, oder?
Gibt es überhaupt noch investigativen Qualitätsjournalismus? ( Ja hier auf diesen Seiten vielleicht, wir werden sehen!) Oder ist es wirklich gleichgeschalteter Erziehungsjournalismus? Opinion Leaders für wen? Von wem gesteuert? Es kann kaum sein dass wir von Blick über Schweizer Fernsehen bis Tagesanzeiger seit Jahren dieselbe Indoktrinierung ertragen müssen. Vielfalt und diversifizierte Meinung und Stellungnahme wäre gefragt und vor allem uns erwachsenen Lesern zu überlassen wie wir dann die Dinge sehen. Es nützt auch ein Club oder Arena bei SF wenig wenn Leute mit Meinungen die dem Zeitgeist ( der ja von den Medien mitgestaltet wird ) nicht entsprechen als Aussenseiter behandelt werden. Das Internet gibt tatsächlich Rätsel auf aber die Mediengleichschaltung eben auch. Wer hat Angst vor der bösen Meinungsfreiheit? Das Internet sicher nicht! Aber Achtung es gibt jetzt schon Kräfte die auch das kontrollieren möchten.
Pardon, mein 2. Zusatz, rein technischer Natur, ich hoffe in der untenstehenden Kopie lässt sich Juan Cole besser lesen:
The Great Pakistani Deluge Never Happened Don’t Tune In, It’s Not Important By Juan Cole
Dies ist eine Illustration zu dem was ich in einem ersten Kommentar meinte in Bezug auf die amerikanische Presse. Sie stammt von Juan Cole, dem Verfasser eines Blogs, der seit Jahren mehr und ebsser über den nahen osten unterrichtet als alle Zeitungen, die ich kenne. Ich empfehle ihn bei jeder Gelegenheit. Der beitrag ist realtiv lang, erfordert einige Aufmerksamkeit. Doch dies ist der wirkliche preis, den man dafpr zu bezahlen hat, dass man unterrichtet sein will. Alles andere geht aus dem langen Zitat hervor, das ich hier kopiere. Natürlich mit Dank an den Verfasser Jaun Cole.
Tomgram: Juan Cole, The Media as a Security Threat to America Posted by Juan Cole at 10:15am, September 9, 2010.
Call it strange or call it symptomatic. These last weeks, Afghan War commander General David Petraeus has been on a “media blitz.” He’s been giving out interviews as if they were party favors. Yet, as far as I can tell, not a single interviewer has asked him anything like: “General Petraeus, twenty percent of Pakistan, which supposedly harbors Osama bin Laden and various militant groups involved in the Afghan War, and whose intelligence agency reportedly has an ongoing stake in the Afghan Taliban, is now underwater. Roads, bridges, railway lines, and so U.S. supply lines have been swept away. How do you expect this cataclysm to affect the Afghan War in the short and long term?”
In these last weeks, the Afghan War has once again been front-page news. Yet only a single reporter -- the heroic Carlotta Gall of the New York Times -- has thought to focus on the subject of how the Biblical-style floods in Pakistan might affect the U.S. war effort and the overstretched supply lines that play a major role in supporting U.S. troops there. While you could learn about rising violence in Afghanistan, the perilous state of the Kabul Bank, and many other subjects, reporting on the floods and the war has been nil, with even speculative pieces on the subject largely nonexistent.
We know next to nothing about how U.S. supplies are now getting to Afghanistan, or how much the cost of getting them there has risen, or how this might affect U.S. operations in that country. Given the scale of the catastrophe and the degree to which the U.S. is embedded in the region, you might at least expect the American media to be flooded with commentary on what the event could mean for us. Think again. As Juan Cole (who runs Informed Comment, which offers the best running commentary available on the Middle East and whose most recent book is Engaging the Muslim World) indicates, this startling journalistic blank spot is just a modest part of a far larger blankness when it comes to one of the truly horrific weather events in modern memory. Don't miss Cole discussing flooded Pakistan on the latest TomCast audio interview by clicking here or, to download it to your iPod, here. Tom
Lieber Herr Kollege. Ich vermisse an dieser Analyse der Presse Krise den Faktor "Inserate". Als ich noch klein war, versicherten mir die erfahrenen Redaktoren der NZZ, das Blatt lebe im wesentlichen von seinen Inseraten. Es gab anscheinend sogar eine Regel (in jenen Zeiten des Wachstums),"wenn wir wieder eine Seite mehr Inserate haben, können wir auch eine weitere Seite Text publizieren". Auch was ich sonst über die Schwierigkeiten der Presse lese, spricht immer vom Inseratenschwund. Ist dieser nicht viel einschneidender als der - wohl auch existierende Rückgang von Abbonnenten?
Wenn ja, woher kommt er? Vielleicht muss man viele Gründe sehen. Etwa die Wirtschaftskrise (aber sollte die nicht auch Verkaufsbemühungen i.e. Inserate fördern?) Mir scheint gewiss : im Reklamewesen ist das Fernsehen eine gewichtige Konkurrenz. Viele Insertoren ziehen dieses Medium vor. - Warum? auch wieder viele Gründe, aber der wichtigste ist gewiss: Einschaltquoten. Wie aber kommen die hohen Einschaltquoten zustande? Indem die entsprechenden Redaktoren sich Themen suchen, die Massenzuschauer anziehen. Wir kennn alle solche: sexy sollte es sein, aber auch etwas das die Gewaltinstinkte kitzelt, cool, aber auch sensationell; generell Information nur in homeopathischen Dosen (jedoch wenn überhaupt so, dass die Leute glauben, nun seien sie "informiert"), dafür viel anspruchslose Unterhaltung.. Nicht alle Fernsehen sind gleich. Generell gilt wohl, Staatsfernsehen haben Staatsgelder aber auch einige Auflagen in Bezug auf die Programmation, kommerzielle Fernsehmedien sind darauf angewiesen und gehen oft auch systhematisch darauf aus, Geld zu machen, also Einschaltquoten und nichts anderes..Dies bedeutet aber auch, dass die subventionierten F.s unter dem Druck der kommerziellen F.s stehen, ganz ohne Einschaltquoten können sie ja auch nicht existieren, deshalb müssen sie ihr Programm auch immer etwas auf die Massenunterhaltung hin ausrichten.. Was in den USA geschieht, ist für uns oft symptomatisch, so 10 Jahre später kommt es auch bei uns an. D.h. unsere Medienlandschaft zeigt eine Anfälligkeit, so zu werden, wie wir die USA Landschaft kennen. Für mich keine gute Aussicht. Die Geldmacherei und das Ringen um Einschaltquoten führt dann auch zur politischen Instrumentalisierung. Eine Möglichkeit, Geld zu machen, ist, sich politischen Ausrichtungen zu verkaufen und von diesen direkt oder indirekt, offen oder heimlich, subventionieren zu lassen.z.B. Fox Television.Auch schon z.B. Weltwoche? Die London Times wurde von Murdoch gekauft. Sie ist seither murdochisch. Für echte, das heisst nicht murdochisch gelenkte , Information braucht man sie nicht mehr zu lesen. Ich erinnere mich auch an einen lesbaren Corriere de la Sera und einen Informativen Le Monde.. Heute ziehe ich das Internet weitaus vor. Facit für mich: die Schuldigen sind Infotainment und Politdemagogie, das Hauptinstrument dafür heisst TV. Was man - individuell- machen kann? nie mehr TV anschauen. Lieber Zeit fürs Internet verwenden..
Ich freu mich über jedes Projekt, welches Qualitätsmedienarbeit wiederbeleben will, ich wünsche mir und ihnen, dass dies gelingen möge.
Ueber das einseite Schuldabladen bei Onlineangeboten freu ich mich weniger. Die Onlineangebote der hiesigen Printhäuser haben mit Qualität wenig zu tun, aber viel mit Geschwindigkeit. Ich werde niemals auf Gratis"zeitungen" umsteigen, zumindest solange nicht, wie diese in der Art daher kommen, wie sie dies heute tun. Allerdings stellen diese eine grosse Konkurenz für die Werbeabteilungen der ernstzunehmenderen Printprodukte dar...
Da lobe ich mir die kontroversen Blogs und Newsfeeds unabhängiger Seiten, die durch ihre unabhängige Sichtweise und die fehlende Schere im Kopf einen echte Mehrwert in der Medienwelt darstellen. Der Anspruch ist dabei natürlich nicht identisch jenem einer gut ausgestatten Redaktion, welche vertiefte Abklärungen treffen kann, und soll, in der Folge einem höheren Objektivitätsanspruch gerecht werden muss.
Und zu guter Letzt, wobei gut..., die Berichtstiefe und der Umfang der sogennannten Qualitätspresse nimmt jedes halbe Jahr vermerklich ab. Es stellt sich durchaus die Frage, ob man denn für die schmalbrüstige NZZ der heutigen Tage den aktuellen Preis zu zahlen bereit ist. Für die NZZ von ehedem allenfalls acuh mehr, aber für das Abbauprodukt aktuell wirds langsam grenzwertig.
Sehr geehrter Herr Meier,
der Begriff Qualitätsjournalismus wird gerade im Zusammenhang mit aktuellen Diskussionen über unklare Refinanzierungsmodelle für unabhängigen Journalismus gerne überstrapaziert. Fakt ist doch, dass wir seit 15 Jahren in den Medien diese Entwicklungen vorausgesehen haben. Technologisch haben sie viele Medienhäuser sehr lange ausgesessen und viele Redakteure haben noch immer nur eine grobe Vorstellung von Online-Journalismus. Dass dies nicht der Billigjournalismus sein kann, der häufig dem so genannten Qualitätsjournalismus entgegengestellt wird, hätte den Medienmachern auch bereits vor 10 Jahren auffallen können, als bereits hohe Reichweiten mit Nachrichten, die schnell und günstig aus dem Internet zusammenrecherchiert worden sind, erzielt wurden. Sie haben Recht: Es gibt gute Beispiele für glaubwürdigen Online-Journalismus, medienadäquates Handwerk und Eigeninitiativen von Journalisten, die es nicht nötig haben, sich hinter die Schutzwälle traditioneller Wertschöpfungsmodelle zurückzuziehen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg, Freude und gute Erfahrungen.
Bravo schöne Sonntagsrede! Jetzt aber gleich Klartext: 1. Leuenberger preist die Medienfreiheit, in wirklichkeit hat er in den letzten 16 Jahren diese ehrer eingeschränkt oder gar verteufelt (wie hier in seinem ARTIKEL). 2. Heiner Hug schreibt über den Prix Courage, aber keine Satz evt. darüber weshalb das Publikum des Beobachter z.B. nicht diesen Autisten gewählt hat sondern diese Controllerinen. Mal schauen ob das schweizer TV den Mut hat diese beiden Frauen für den Preis Schweizerinnen des Jahres vorzuschlagen? 3. A. Hottinger ist immer noch der Gleiche. Er schreibt irgendwas über den 11.09.01 dann etwas über Busch den Irak Afganistan und dann Bin Laden. Der Schluss ist einfach. Bush ist an allem schuld, weil er den Krieg gegen Afganistan geführt hat! Was hätte denn der gute Mann tun sollen? Bin Laden den nächsten Anschlag vorbereiten lassen? Bush wäre doch dann dagestanden mit abgesägten Hosen. Der Irakkrieg ist etwas anderes, da hat Bush teilweise aus persöndlichen Gründen (" Sadam ist der Man der meinen Dad töten wollte") die US-Armee überstrapaziert. Doch das Sadam Husein und die Taliban auch immer wieder tausende von Leuten umgebracht hatten und hätten wird nicht beachtet.
Kurz und Gut, dieses Portal hat meine erwartungen nach ca. 4 Artikeln voll und ganz erfüllt. Links und von unnötigen Ex-Journalisten geführt, für die ich kein Franken bezahlen würde, da die schon in den 80igern und 90igern nicht auf der Höhe waren. Die sollen endlich Rosenzüchten! Und solange ich 20 Minuten gratis lesen kann, und über 400 Fr. jährlich TV und Radiozwangsabgaben bezahlen darf, solange werde ich auch für diese Portal nicht bezahlen! Die einzige Zeitschrift für die ich bezahlen würde ist die Weltwoche denn dort giebt es neue Ein- und Ansichten und auch ein paar wirkliche Neuigkeiten (z.B. besser recherchierte Portaits über die Bundesratskandidaten). Vieleicht tritt ja Urs Paul Engeler nach seiner Pensionierung diesem Portal bei? Dann wäre es auch lesenswert!
Sind Gratis-Inhalte im Internet der Untergang des Qualitätsjournalismus?
Sehr geehrter Herr Meier
Zumal Sie den Titel dieses Beitrages mit einer Frage formuliert haben, möchte ich mir den Versuch nicht nehmen lassen, diese zu Beantworten; aus Sicht eines 28-jährigen Informatikers.
Zuerst muss aber eine Bemerkung gestattet sein. Auf die Gefahr hin, dass hier zwei Welten aufeinander prallen - was sie etwas despektierlich als "grassierende Gratiskultur im Internet" bezeichnet haben, ist für mich vergleichbar mit der Erfindung des Buchdruckes.
Die Möglichkeit, dass jeder Mensch, unabhängig von Einkommen, einen zeitlich unbegrenzten Zugang zu Information hat, ist aus meiner Sicht eine Errungenschaft, die gar nicht hoch genug bewertet werden kann. (Natürlich hat noch nicht jeder Mensch Netzzugang, dies ist jedoch nur ein temporäres Problem).
Insbesondere der Erhalt der Informationen im Internet ist hierbei revolutionär, die Zeitung von Gestern ist zu diesem Zeitpunkt bereits Geschichte und muss bei Interesse aus einem Archiv wiederbeschaft werden.
Doch zurück zur eigentlichen Frage. Um eine "Wand" zu vermeiden, gliedere ich meine Antwort in 3 Teile.
Qualitätsjournalismus betreiben Medien, welche die Menschen möglichst verlässlich, glaubwürdig und kontinuierlich über gesellschaftlich relevante Entwicklungen in Politik, Wirtschaft, Kultur oder Wissenschaft informieren. Eine "Färbung" durch Werbepartner oder die politische Gesinnung des Autoren bzw. dessen Verleger findet nicht statt.
Viele Menschen machen bedauerlicherweise den Fehler, das Internet für so etwas wie eine elektronische Anzeigetafel oder einen Shoppingkanal zu halten. Die Vorstellung einer direkten Übertragung der Zeitung in eine elektronische Form ist, gelinde gesagt, abwegig. Niemand würde auf die Idee kommen, den Inhalt eines Buches 1 zu 1 im Fernsehen wiederzugeben (z.B. mit einem Sprecher, der Ihnen das entsprechende Buch im TV vor liest). Der Unterschied zwischen Zeitung und Internet ist noch weitaus grösser.
Ich möchte anhand eines Beispieles kurz aufzeigen, was möglich ist. Diesen Sommer wurde zeitgleich in der New York Times, im Spiegel und im Guardian über die sog. afghanischen "War Logs" berichtet, welche in Rohform auf Wikileaks veröffentlicht wurden. Inhaltlich waren alle drei Beiträge gut, ich gehe in diesem Beispiel lediglich auf die Nutzung des Netzes ein.
Der Spiegel: Man findet jeweils eine kurze Zusammenfassung zu den einzelnen Beiträgen mit dem Vermerk, man möge sich für weitere Informationen doch bitte die Printausgabe kaufen. Keine Chance, dass ich dafür Geld ausgebe.
Londoner Guardian: Einleitend wird von einem Journalisten in einem Video erklärt, wie man die militärischen Berichte lesen kann, was die Abkürzungen bedeuten etc. Im Gegensatz zum Spiegel kann man die Originalberichte lesen und sieht zeitgleich auf einer interaktiven Karte, wo man sich befindet und das Onlineangebot beinhaltet so viel Substanz, dass sich der interessierte Leser stundenlang gespannt "durchklicken" kann.
Genau so stelle ich mir die Zukunft des Journalismus vor. Wer möchte, dass für Inhalte im Netz Geld ausgegeben wird, muss zuerst lernen das Medium und dessen Potential richtig zu verstehen und einzusetzen. Dies ist keine Frage der Finanzen, der Onlineauftritt des Spiegels ist teurer als der des Guardian, man wollte lediglich vermeiden, mit der Printausgabe zu konkurrieren.
Die Times lasse ich an dieser Stelle weg, da sie sich im Mittelfeld befand. Ich wollte lediglich anhand der Extreme aufzeigen, was möglich ist.
Nun folgt mein obligater Blick in die Glaskugel in Form von Thesen zur Finanzierbarkeit.
Es wird nicht ein einzelnes Modell geben, mit welchem zukünftig qualitativ hochstehende Inhalte finanziert werden.
"Der heilige Graal" der Verleger, das I-Pad, wird als Nischenprodukt Einnahmen generieren. Die gleichen Informationen bleiben jedoch gratis im Internet zugänglich. Wenn nicht durch die Verleger, dann mit Sicherheit durch die Nutzer.
"Werbeeinnahmen im Internet bringen nichts", ist ein Mythos. Bereits heute ist der Werbebannermarkt sehr gross und noch viel grösser ist sein Potential. Ich sehe als Mann immer noch Werbung z.B. für Schuhe und Handtaschen. Wie es richtig geht, zeigen dagegen Facebook und Co.
"Micropayment" Die Leser bekommen die Möglichkeit mit einem Klick einige Rappen bzw. Cent zu bezahlen, wenn sie von einem Beitrag begeistert sind. Ein System, bei dem besonders qualitativ hochstehende Beiträge profitieren. "Flattr" ist ein gutes Beispiel dafür, denn die Hürde für Inhalte im Netz zu bezahlen ist nicht in erster Linie die Gratismentalität der Nutzer, vielmehr ist das Problem eine Registrierung bei sämtlichen gelesenen Zeitungen inkl. eigener Bankdaten, um einen kleinen Beitrag (kleiner CHF 1.-) zu bezahlen.
"Pay-Walls scheitern" Informationen hinter sog. Pay-Walls werden in erster Linie vor den Lesern versteckt und lassen die Werbeeinnahmen wegbrechen. Eine Art von Monopol auf Informationen wird es in einer freien Gesellschaft nicht geben, daher werden gleichwertige Inhalte auch gratis an anderen Stellen verfügbar bleiben.
"Qualitätsjournalismus als ein Pfeiler der Demokratie". Warum stellt niemand die Frage, was der Demokratie dieser Pfeiler wert ist? Genau wie eine Kultur-Flattrate immer stärker bei der Musikindustrie im Gespräch ist, um Filesharing entgegenzuwirken, wird man sich überlegen müssen ein vergleichbares Modell für Information zu suchen.
Ich wünsche Ihnen allen viel Erfolg mit der neuen Plattform, hoffe ich konnte etwas zum Nachdenken anregen und wünsche ein schönes Wochenende
PS. Natürlich habe ich meine Gliederung mit 1. 2. 3. nummeriert, hier scheint noch ein Problem mit der Weblog-Software vorzuliegen.
Werte lassen sich nicht mehr in Geld ausdrucken und Geld ist oft nichts mehr wert. Vieles, besonders die Zeitung, muss jetzt neu erfunden werden. Danke für diese neue Zeitung.
Ich finde das Projekt prima - gerade als Antwort auf die Sparmassnahmen der Zeitungsverlage - und lese interessiert in der ersten Ausgabe! .
Allerdings finde ich, dass Qualität ihren Preis haben darf und sogar soll. Wer fundierte Artikel will, ist auch bereit dafür zu zahlen. - Abgesehen davon, dass Ihr mit einem Gratisangebot indirekt auch jene Kollegen "sabotiert"., die noch auf ein regelmässiges Einkommen angewiesen sind.
Wenn Eure Lust am Journalismus, losgelöst von Erwartungen, zu besseren Produkten führt, dann dürft Ihr als Nebenresultat auch einen finanziellen Ertrag willkommen heissen, der anfänglich sowieso klein sein wird. Askese ist - nicht nur in der Spiritualität - ein Konzept, das nicht mehr so richtig in unsere Gegenwart passt.
Von Herzen alles Gute! Hans Jecklin