Vom Kopf auf die Füsse gestellt?
Beruhigend: Die zwölf Zeitungen bleiben, abgesehen von einer Zusammmenlegung in der Romandie, bestehen, und zwar mit je eigener Chefredaktion. Die Chefs – der „Tages-Anzeiger“ erst zum zweiten Mal mit einer Frau an der Spitze – wie auch die andern elf sind gestandene Journalistinnen und Journalisten.
Keine Entlassungen, aber ...
Sie werden die Frontseiten gestalten und auch eigene Kommentare schreiben. Überregionale und überlokale Inhalte beziehen sie allerdings aus je einer deutschen und französischen Zentralredaktion, die für alle Blätter im Wesentlichen die gleichen Texte liefert. Das reduziert die Vielfalt der Medieninhalte in der Tamedia-Presse entscheidend. Wie weit dann noch eigene Profile wahrzunehmen sein werden, bleibt vorderhand offen.
Entlassungen solle es keine geben, teilt Tamedia mit. Wenn Leute Redaktionen verlassen, ist freilich nicht garantiert, dass sie ersetzt werden. Bei freien Journalisten oder Experten Texte oder Bilder zu bestellen – schon bisher angesichts knappster Budgets kaum noch möglich – dürfte jetzt nur noch auf dem „Dienstweg“ über die beiden Zentralredaktionen drin liegen.
Keine Querfinanzierung
„Tages-Anzeiger“, der Berner „Bund“ und die „Berner Zeitung“ sind an Verbundlösungen bereits gewöhnt: Der Auslandteil des „Tages-Anzeigers“ – mithin auch des Tamedia-eigenen „Bund“ und der „Berner Zeitung“ – nährt sich aus einer grossen Mannschaft der „SüddeutschenZeitung“, in der nur wenige Schweizer Platz fanden. Die Qualität ist hoch. Defizite gibt es am ehesten im Bereich Schweiz–EU, der den deutschen Kollegen natürlich weniger auf den Nägeln brennt als den hiesigen Redaktionen. Diese Strategie dehnt sich jetzt aus auf die Bereiche Innenpolitik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft. Erste Gehversuche mit der Zentralredaktion und mit der Profilsuche der Chefredaktoren bleiben abzuwarten. Eine wichtige Rolle wird auch das Budget für externe Honorare in der Zentralredaktion spielen.
Leider hält die Tamedia-Geschäftsleitung, die ja dank tüchtiger Bearbeitung der Inserateportale fast jedes Jahr gute Geschäftsergebnisse samt Gewinnen und Boni melden konnte, am strikten Verbot der Querfinanzierung des journalistischen Ausbaus fest (Ausnahme: ein gemeinsamer Recherchedesk). Dafür glaubte man, Pendlerzeitungen bescheidenen Anspruchs in Luxemburg und Osteuropa gründen zu müssen. Angesichts der populistischen Versuchungen in der Schweizer direkten Demokratie wäre die Schweizer Heimat dringend auf Spitzenqualität in Bericht, Reportage und Gastbeiträgen der Presse angewiesen.
Peter Studer hat seit 1964 über 25 Jahre in Redaktionen und auf Aussenposten des „Tages-Anzeigers“ verbracht.
Soziale Medien und Demokratie
Mit dem Aufkommen der sozialen Medien wird offensichtlich, dass die neutralen Informationen der etablierten Medien, aber auch die veröffentlichten Meinungen und Kommentare der Journalisten und der gewählten Politiker ihre bisher unbestrittene Leitfunktion verloren haben. Das bekommen insbesondere die Printmedien zu spüren. Die Meinungsbildung im Volk wird aber durch die sozialen Medien breiter abgestützt und damit die Indoktrination durch die Mainstream-Medien erschwert. Für die Demokratie ist dies grundsätzlich ein Gewinn.
Ja herrlich zu sehen, wie die Zeitungen den Niedergang antreten. Ist ja gleich wie in Deutschland.. ich weigere mich schon lange, bei den Mainstream-Medien neue Abos abzuschliessen. Zurzeit hat man nur noch das Gefühl, ein Nato-Propaganda-Blättchen zu lesen! Es vergeht definitiv kein Tag, wo man nicht über Russland und insbesondere Putin herzieht! Neu stellt man ja auch noch Trump auf eine Stufe mit Putin. Ebenso Syrien.. nur noch peinlich, was man dort so zu lesen kriegt! Wie auch beim SRF zu hören! Vielleicht sollte man einfach mal wieder Journalismus betreiben und nicht einfach Texte von Reuters, der Nato usw. blind abschreiben, dann gingen vielleicht auch die Auflagenzahlen wieder in die Höhe. Aber so lange das so bleibt, ist der Niedergang und später Untergang mit Sicherheit garantiert! Bei mir haben sie jedenfalls längst jegliche Glaubwürdigkeit verspielt. Und für so was zahlt man einfach nicht mehr!
Ist Journal21 auch davon betroffen?
Wir können Sie beruhigen, Frau Warnecke. Als Nischenprodukt auf nicht kommerzieller Basis spielt Journal21.ch in einer anderen Liga und ist von diesen Vorgängen nicht betroffen. Dass in einem NZZ-Leserbrief kürzlich bedauernd festgestellt wurde, Journal21 sei mit einem Westschweizer Magazin fusioniert worden, gehört ins Reich des Skurrilen.
Vielen Dank, da bin ich sehr erleichtert.