Waffenexporte nach Saudi-Arabien

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Waffenexporte nach Saudi-Arabien

Von Beat Allenbach, 26.04.2016

Ein Offener Brief an Bundespräsident Johann Schneider-Ammann zur kürzlich bewilligten Ersatzteil- und weiteren Materiallieferung an kriegführende Länder des Nahen Ostens

Sehr geehrter Herr Bundespräsident 

Es ist für viele Bürgerinnen und Bürger unerträglich, dass der Bundesrat am 20. April 2016 erlaubt hat, Waffen für rund 178 Millionen Franken in den Nahen Osten zu liefern, obwohl dort Kriege geführt werden. Die Verordnung zum Kriegsmaterialgesetz schreibt bekanntlich vor, dass an Länder, die in Kriege verwickelt sind, keine Waffen aus der Schweiz geliefert werden dürfen. Nun führen jedoch Saudi-Arabien wie auch weitere Länder, die Waffen erhalten, vor allem im Jemen und in Syrien blutige Kriege.

Überdies werden die Menschenrechte in Saudi-Arabien, auch in andern Ländern, die jetzt Waffen aus der Schweiz erhalten, systematisch und schwerwiegend verletzt, was eigentlich Waffenlieferungen ausschliessen sollte. Die blutigen Konflikte in verschiedenen Ländern des Nahen Ostens vertreiben nicht nur Tausende, sondern Millionen Menschen aus ihren Dörfern und Städten. Zerstörte Siedlungen bleiben zurück, während die Menschen in andere Landesteile und ins Ausland flüchten. Es klingt wie bitterer Hohn, wenn Sie hervorheben, dass der Bundesrat die Ausfuhr von Handgranaten nach Saudi-Arabien abgelehnt habe, weil sie von den Saudis im Krieg in Jemen hätten eingesetzt werden können. Auch Kriegsmaterial für die Flugabwehr ist für einen kriegführenden Staat wichtig, denn Waffen, die nicht direkt dem Angriff dienen, bedeuten ebenfalls eine willkommene Unterstützung für einen Staat, der Krieg führt.

Indirekt helfen die Waffen aus der Schweiz mit, Kriege zu führen und Kriege zu verlängern, die Zahl der Flüchtlinge zu erhöhen. Der Bundesrat darf solche Folgeerscheinungen nicht ignorieren – er kann den Kopf doch nicht in den Sand stecken. Ist das nicht Grund genug, den schweizerischen Waffenproduzenten die Ausfuhr zu verbieten? Arbeitsplätze schützen ja, aber nicht um jeden Preis!

Mit Bezug auf Saudi-Arabien ist das devote Entgegenkommen des Bundesrats besonders verfehlt. In diesem Wüstenstaat ist der ultrakonservative Islam der Wahhabiten die bestimmende und vom Staat geförderte Religion. Es gibt keine Religionsfreiheit, christliche Kirchen sind verboten, es werden immer noch Todesstrafen öffentlich vollstreckt und Bürger werden weiterhin zur Strafe öffentlich ausgepeitscht. Doch nicht genug: von Saudi-Arabien aus wird seit Jahrzehnten in vielen Ländern, auch in der Schweiz, ein extrem konservativer Islam auch finanziell unterstützt. Der wahhabitische Islam ist extrem traditionalistisch und dem saudischen Königshaus eng verbunden; jedes Aufbegehren gegen dieses wird als Verbrechen verfolgt. Der saudische Islam ist gegen aussen zwar nicht gewalttätig, doch ist es kein grosser Schritt von einem extremistischen zu einem gewalttätigen Islam. Dieser bereitet nicht nur europäischen Ländern grosse Sorgen und Angst vor Attentaten.

Weshalb beachtet der Bundesrat diese Zusammenhänge nicht? Nur weil Saudi-Arabien und Nachbarstaaten im Öl und im Geld schwimmen? Der Bundesrat, dem die Unabhängigkeit der Schweiz und die Menschenrechte viel bedeuten, sollte zu solchen menschenverachtenden Diktaturen mehr Distanz halten und die Kriegsmaterialverordnung nicht so interpretieren, dass auch Waffenlieferungen an kriegführende Staaten möglich sind.

Meiner Meinung nach, sehr geehrter Herr Bundespräsident, ist das nicht zuviel verlangt.

Für Ihre Aufmerksamkeit danke ich Ihnen im voraus.

Mit freundlichen Grüssen
Beat Allenbach

Ich bin Ihnen, Herr Allenbach, soo dankbar für Ihren mutigen und mir voll-
kommen entspr. Protest und ihren Argumenten. Ganz herzlichen Dank
dafür ! Meine Zusatzfrage ist aber vor allem: können wir CH-BürgerInnen
auf irgendeine Art politisch aktiv werden (zB mit einer Petition)?
Für Ihre Anregungen/Ideen danke ich Ihnen im voraus sehr, U. M.

Grundlegend stellt sich die Frage, wie krank ganze Gesellschaftssysteme, inkl. ihrer massgeblichen Organe und/oder im besonderen deren politische Führung eigentlich sein müssen, wenn sie noch immer dafür geehrt und gefeiert werden, dass sie Rüstungsausgaben rechtfertigen und sukzessiv erhöhen. Der Mensch ist offensichtlich eben nun mal geistig und spirituell noch nicht reif und geläutert genug, um die Einsicht zu gewinnen, dass mit Aufrüstung und kriegerischem Säbelrasseln die wirklich wichtigen human- und sozialrelevanten Baustellen auf diesem Planeten nicht gelöst werden können. Aufrüstung und waffentechnische Megapräsentationen heizen die Spirale der Aggression immer nur weiter an.

Danke für die klare Argumentation!

Bewirken wird der Brief wahrscheinlich nichts. Kritiken perlen bei Schneider-Ammann ab. Er agiert als das Aushängeschild und ein worteklaubender Sprecher seines Departementes.

Ich würde gerne wissen, wie sich die Waffenlobby zusammensetzt, die solche Entscheide bewirkt. Welches sind die wichtigsten und vom Volk gewählten Drahtzieher im Parlament und welches die wichtigsten Lobbyisten? Nur wenn die Entscheidungsfindung transparent gemacht wird, können die Strippenzieher abgewählt werden. Die GSOA leistet hier wertvolle Informationsarbeit.

Anstatt mittels Überwachung den gläsernen Bürger zu schaffen, müsste die politische Entscheidungsfindung transparent gemacht werden.

Sich zu empören genügt nicht. Die Themen in meinem Umfeld ansprechen und Stellung nehmen, ist das Mindeste, was ich tun kann.

Mutigere Diplomatie ohne Weichspüler wäre gefragt!
Die Welt wie wir sie kennen, ist nicht die Welt die wir uns wünschen! Vorbild werden, Glaubwürdigkeit gewinnen, Tun statt reden. CH vom schwänzelnden Pudel zur Eringer-Kuh mutieren, im Kampf gegen all die Warloards… cathari

Ich unterstütze diesen Brief von Beat Allenbach voll und ganz.

Der Bundesrat erlaubt Kriegsmaterialexporte in Länder, die an bewaffneten Konflikten beteiligt sind. Nicht nur erlaubt er jetzt ausdrücklich Rüstungsexporte an das islamisch-fundamentalistische Regime in Saudiarabien das im Jemen Krieg führt, sondern auch nach Ägypten, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und an Nato Staaten wie die USA, Grossbritannien und Frankreich und an andere Staaten die sich an Kriegen auf dem Balkan, in Afghanistan, im Irak, in Libyen beteiligten und jetzt wieder am Krieg in Syrien. Die Menschen die jetzt auch in die Schweiz flüchten sind eine Folge dieser Kriege, die auch durch Schweizer Waffenexporte angeheizt wurden.

Laut der offiziellen Statistik des Bundes exportierte die Schweiz von 1975 - 2015 für 17,113 Milliarden Franken Kriegsmaterial. (15.58 Milliarden Euro) Verkauft wurden diese Rüstungsgüter zu einem grossen Teil an kriegführende Staaten, in Spannungsgebiete, an menschenrechtsverletzende Regimes und an arme Länder in der Dritten Welt, in denen Menschen hungern. In den 17,113 Milliarden Franken sind die besonderen militärischen Güter nicht eingerechnet, die ebenfalls exportiert wurden, aber nicht wie in anderen Ländern in der offiziellen Statistik erscheinen. Beispielweise sind dies militärische Trainingsflugzeuge, Aufklärungsdrohnen und Nachtsichtgeräte. Pilatus Flugzeuge wurden im Irak vom Saddam Hussein für Giftgasbombardierungen eingesetzt, die tausenden Menschen das Leben gekostet haben.

... und dann gab es da die GSoA, die sich seit Jahren gegen Waffen-Exporte wehrt und weiter am Ball bleibt - ohne jegliche ideelle und materielle Unterstützung wie oben skizziert. Ich bin enttäuscht von meinen VorrednerInnen, die GSoA weder zu erwähnen noch unterstützen zu wollen.

Danke, Herr Allenbach, für diesen Brief! Auch ich würde ihn sofort unterschreiben!

Viele, sehr viele würden diesen Brief mitunterschreiben.
Es gibt Leute, auch Bundesräte, die machen alles für Geld. Oft wird die 'Wirtschaft' vorgeschoben, wo es eigentlich um Partikularinteressen geht.

Dieser Brief - wichtig und dankenswert! Das Vorgehen des Bundesrates ist der reine Hohn und tritt die Schweizer Verfassung mit Füssen. Der Brief wäre eine Unterschriftensammlung über avaaz wert - ich unterschriebe sofort!

Ausser mit dem Vorschlag avaaz bin ich hundertprozentig einverstanden.
MfG
Werner T. Meyer

Es wäre einfach nur ehrlich, wenn Schneider-Ammann, zusammen mit seinen BundesratskollegInnen den Schweizer Steuerzahlern, die ihm und seiner Entourage den ganzen käuflichen Politapparat finanzieren, endlich mal zugeben würde, dass das Märchen von der Schweiz, die den Traditionen der Humanität verpflichtet sei und das gebetsmühlenartig strapazierte Geschwafel über die Neutralität, Verfassungstreue, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unseres wunderbaren Vaterlandes , Lug und Trug ist. Die Schweizer Waffenexporte sind aktive Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit; durch Ihren Vorstoss zur Lockerung der eh schon fragwürdigen Kriegsmaterialverordnung und ihr unterwürfiges, peinliches „hösele“ für CH- Rüstungsindustrie solidarisiert sich jedes einzelne SIK-Mitglied, der Bundesrat und der gesamte Politfilz mit den Verbrechern, die mit ihren, vom Seco abgesegneten Exporten von Munition, Flugzeugen und Kriegsmaterial für Tausende verstümmelter und toter Zivilisten, Kinder und Frauen Mitverantwortung tragen und mit denen auch sie persönlich zur Rechenschaft gezogen werden müssen.

Ich unterschreibe diesen offenen Brief ebenfalls. Vielen Dank.

Auch ich danke ihnen für diesen Brief.

Ich gratuliere Beat Allenbach für seinen excellenten Offenen Brief an den Bundespräsidenten. Ich, ehemeliger Staatssekretär für Aussenwirtschaft, teile vollständig seine Meinung. Man könnte heute noch die schweizerische Lieferung von Dieselöl an das Syrische Regime im gleichen Sinne erwähnen. Gruss CSO

Vielen Dank, Herr Allenbach, für diese Stellungnahme. Es ist eine Schande, dass die Schweiz Kriegsmaterial in Länder wie Saudi-Arabien liefert, wo Kriege geführt und die Menschenrechte mit Füssen getreten werden. Geld ist wie üblich wichtiger als moralisches Handeln.

Ein wichtiger Brief, Herr Allenbach, an einen Bundesrat, der eigentlich nur noch eine Zumutung ist. Aber er ist da und macht alles, was der Wirtschaft gefällt, selbst wenn sie mit ihren Produkten Krieg führt. Danke Herr Allenbach für ihr Engagement.

Herr Hofstetter, Sie haben Recht und ich bin absolut einverstanden mit Ihrem Kommentar. Danke.

Ich schliesse mich dem Kommentar von Ch. Hofstetter an.

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