Wollen wir die „Tagesschau“ opfern?
Die Befürworter der No-Billag-Initiative behaupten, es gehe bei der Vorlage nicht um die Abschaffung des Fernsehens, sondern um die Abschaffung der Gebühren. Das ist eine der zurzeit grassierenden Propagandalügen. Wenn die SRG 75 Prozent der Einnahmen verliert, kann sie nicht sinnvoll weitermachen. Dann gibt es auch keine „Tagesschau“ mehr. Wer sagt, der freie Markt würde der SRG genug Geld zufliessen lassen, ist entweder wirklichkeitsfremd oder betreibt bewusst eine scheinheilige Kampagne.
Die Medien befinden sich in der Krise. Die Auflagen der Zeitungen sinken. Vor allem die Jungen sind nicht mehr bereit, für Informationen zu zahlen. Die Werbung wandert zu Google, Facebook und Twitter ab. Den Zeitungen fehlt das Geld; Redaktionen werden ausgedünnt. Es fehlen immer mehr die Mittel und die Zeit, um seriöse journalistische Arbeit zu leisten. Die sozialen Medien verbreiten Fake News und Desinformation. Hemmungslos werden Falschmeldungen in die Welt gesetzt. Die weltumspannenden IT-Konzerne bestimmen immer mehr, was wir zu lesen und zu sehen haben. Alternative Fakten werden zunehmend auch von seriösen Medien verbreitet. Es gibt immer weniger „Schleusenwärter“, „Gatekeepers“, die die Informationsspreu vom Informationsweizen trennen. PR verdrängt zunehmend den klassischen Journalismus. „Wir sind im Begriff, die Glaubwürdigkeit unserer Medien zu verspielen und damit die Essenz unserer Demokratie“, schreibt Stephan Russ-Mohl, Medienprofessor an der Universität Lugano, in seinem neuesten Buch. *)
Die Quote hat sie ohnehin
Gerade in einer Zeit, in der man nicht mehr weiss, was richtig oder gefälscht ist, wird es immer wichtiger, dass es eine Sendung wie die „Tagesschau“ gibt. Sie muss nicht nach Quoten lechzen und mit Sex-and-Crime-Berichten Publikum anziehen. Die Quote, ihr Stammpublikum, hat sie ohnehin. Und das sind viele Hunderttausend. Trotz Online-Angeboten und Gratismedien bleibt die Zuschauerzahl recht stabil.
Die Tagesschau ist ein Anker in der heutigen turbulenten Medienwelt. Da arbeitet eine professionelle, erfahrene Crew im besten Wissen und Gewissen und kämpft tagtäglich für eine anspruchsvolle, seriöse Berichterstattung. Damit hebt sich die Sendung von all dem Informationsmüll ab, der heute da und dort verbreitet wird.
Mehr Boulevard, mehr Verbrechen?
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Privaten möglichst viel Publikum brauchen, um Werbeeinnahmen zu generieren. Würde die Tagesschau dem freien Markt ausgesetzt, würde die Sendung ziemlich anders aussehen. Die Privaten in andern Ländern machen uns das vor: mehr Boulevard, mehr Unfälle und Verbrechen, mehr Human Touch, weniger Auslandsberichterstattung. Und: Wollen wir eine Tagesschau, die von Katzenfutter- oder Tampon-Reklame unterbrochen wird?
Eine der Stärken der Tagesschau ist es gerade, dass sie auch Themen aufgreift, die keine Strassenfeger sind, die aber zu einer seriösen, relevanten Berichterstattung gehören: Für den Krieg in Syrien interessiert sich kaum jemand mehr; Blut und Konflikte bringen keine Quoten. Im Gegenteil: da zappt man weiter. Also sprechen die Privaten nicht über Kriege und reden doch lieber über Prinz Harry und seine Meghan. Doch es gehört zu den Aufgaben einer seriösen Nachrichtensendung, dass sie auch über Konflikte berichtet. Wer die Welt verstehen will, soll möglichst umfassend informiert werden, auch wenn es teils unschöne Informationen sind.
Rücksichtnahme auf Minderheiten
Oder die Berichterstattung aus dem Bundeshaus: Die Privaten würden nicht über die oft langweiligen Parlamentsdebatten berichten; die bringen keine Quoten. Die Tagesschau tut es, weil sie den Auftrag und die Pflicht hat, über das politische Geschehen in unserem Land ausführlich zu berichten.
Die Privaten peilen vor allem die Bevölkerung in den Städten und den grossen Agglomerationen an. Dort wird mit Werbung Geld verdient. Die Randregionen, die Minderheiten interessieren die Privaten nicht. Die Tagesschau jedoch, und natürlich auch die Schwestersendungen „Schweiz aktuell“ und „10vor10“ berichten auch aus den hintersten Tälern. Rücksichtnahme auf Minderheiten gehört zur Schweiz und zur SRG. Die Privaten interessiert das nicht. Auch für die anderen Landesteile gibt es kaum privates Interesse. Die Tagesschau hingegen pflegt einen täglich intensiven Kontakt mit dem Fernsehen in Genf und Comano bei Lugano.
Die dauererregten Fernsehhasser
Aber natürlich wollen die Fernsehhasser, die sich im Zustand der Dauererregung befinden, solche Argumente gar nicht hören. Es ist unglaublich, welchen Unsinn unsere notorischen Besserwisser und Stammtisch-Schwätzer über das Fernsehen erzählen. Auch wenn ihnen jedes Basiswissen fehlt, schwingen sie sich zu selbsternannten Medienexperten auf. Auch Politiker gehören dazu.
Vor allem rechtsnationale Kreise benutzen die Medien immer wieder als Prügelknabe und hoffen, damit bei einem Teil der Bevölkerung Sympathien zu ernten. So schnattern sie denn von der „linken Tagesschau, die die Bevölkerung einer Gehirnwäsche unterzieht“. Fordert man sie auf, Belege für die Linkslastigkeit vorzulegen, herrscht plötzlich Stille im Wald.
„Linke Gehirnwäsche“
A propos „linke Tagesschau“. Die SVP, aus deren Kreise solche Kritik immer wieder zu hören ist, ist die stärkste Partei in der Schweiz. Wie konnte sie das nur werden? Offenbar hat die linke Gehirnwäsche der Tagesschau nicht funktioniert – oder eben: es gibt sie nicht.
„Links“ ist für viele einfach all das, was ihnen nicht in den Kram passt. Ich lud einmal einen der Fernseh-hassenden SVP-Nationalräte auf die Tagesschau-Redaktion ein. „Wollen sie mich manipulieren?“ sagte er. „Nein, wir wollen ihnen zeigen, wie wir arbeiten und wie wir funktionieren.“ Er ist nie gekommen. Fakten, die seine Meinung erschüttern könnten, will er gar nicht hören. So plaudert er denn weiter vom „linken Fernsehen“.
„Skandal, linkes Fernsehen, einseitige Berichterstattung“
Die Tagesschau hat die Aufgabe, Themen kontrovers zu behandeln. Und das tut sie peinlichst genau, denn die Redaktion weiss, dass sie im Glashaus sitzt. Spricht ein Linker, holt man sich die Reaktion eines Rechten ein – und umgekehrt. Spricht ein Arbeitgeber, holt man sich die Reaktion eines Arbeitnehmers ein – und umgekehrt.
Ich nahm einmal an einer Versammlung im Schweizer Mittelland teil. Ein wütender SVP-Kantonsrat attackierte mich: Gestern haben sie einen langen Bericht über die Medienkonferenz der SP gebracht: „Skandal, linkes Fernsehen, einseitige Berichterstattung.“ Ich fragte ihn, ob er wisse, dass die Tagesschau in der Woche zuvor einen langen Bericht über einen SVP-Parteitag gebracht hätte. „Nein, den habe ich nicht gesehen, da war ich beim Skilaufen.“ Gelächter im Saal.
Gut eingespieltes Team
Die Tagesschau produziert täglich fünf Sendungen und über 60 Minuten News – eine riesige Aufgabe. Da sind gut eingespielte Journalistinnen und Journalisten am Werk. Sie alle haben ein langes internes Ausbildungspensum hinter sich. Der Beruf verlangt viel Hintergrundwissen und enorme Flexibilität. Berichte werden manchmal täglich Dutzende Male der Aktualität angepasst. Selbst während den Sendungen werden noch neueste Informationen nachgeschoben. Verlangt wird Stressresistenz und gute Nerven. Die Redaktion verfügt über eine gute Mischung von sehr erfahrenen älteren und jüngeren Journalisten. Die Redaktionsmitglieder erhalten Informationen nicht nur von ihren Korrespondenten im In- und Ausland, sondern auch von den grossen Nachrichtenagenturen (SDA, Reuters, AP, afp, DPA, Bloomberg etc.) sowie den Fernsehagenturen (Reuters TV und APTN).
Dieser vielfältige Input erlaubt es der Redaktion, abzuwägen und sich ein ausgewogenes Bild zu den Ereignissen zu bilden. Man verfügt nicht nur über eine Quelle, sondern über mehrere. Ferner steht ein professionell geführtes riesiges Archiv zur Verfügung. Die Kontrollmechanismen sind fein abgestimmt. Jeder Text wird – bevor er auf Sendung geht – sowohl von einem Vize-Produzenten als auch von einem Chefproduzenten bis aufs letzte Detail geprüft und abgenommen.
Glaubwürdig, quaitativ hochstehend
Folge davon ist, dass kaum Fehler passieren. Natürlich werden auch gegen die Tagesschau, wie gegen alle Sendungen, Beanstandungen von Zuschauern beim Ombudsmann und der Unabhängigen Beschwerdeinstanz UBI eingereicht. Pro Jahr sind es 10 bis 20 Zuschauerinnen und Zuschauer, die beim Ombudsmann vorstellig werden – ein sehr tiefer Wert. Von diesen 10 bis 20 werden im Durchschnitt 0 bis 2 teilweise oder ganz gutgeheissen. In den letzten sechs Jahren gelangten nur zwei Beanstandungen an die höhere Instanz, an die UBI; beide wurden abgelehnt. In Anbetracht des riesigen Outputs der Tagesschau, sind das hervorragende Werte.
Die Tagesschau geniesst deshalb einen ausgezeichneten Ruf. Eine Studie des „Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft“ (fög) setzt die Tagesschau neben dem „Echo der Zeit“ an die Spitze der glaubwürdigen und qualitativ hochstehenden Sendungen.
Wollen wir das alles preisgeben und die Tagesschau als Spielball dem freien Markt überlassen?
Diktat von Milliardären und Oligarchen?
Fernsehen machen kostet Geld. Natürlich stehen hinter den Privaten, die Fernsehen machen oder machen wollen, Interessengruppen – welcher Art diese auch immer sind. Sicher ist nur, es sind Interessengruppen, die Geld haben. Und sie wollen sicher nicht, dass etwas gegen ihre Interessen gesendet wird. Wollen wir also eine Tagesschau einer Interessengruppe ausliefern? Wollen wir von Milliardären und Oligarchen diktiert bekommen, wie die Welt aussieht? Eine unabhängige Berichterstattung wäre damit höchst gefährdet.
Gerade in einer Zeit, in der die Zeitungen, vor allem auch die einst führenden Leitmedien, einen schleichenden Qualitäts- und Imageverlust erleiden und teils ideologisiert werden, ist eine sachliche Fernsehinformation, wie sie die Tagesschau bietet, wichtig – auch für die Demokratie.
Politische, wirtschaftliche und kulturelle Informationen sind ein allzu kostbares Gut, um sie privaten Anbietern mit einer ideologischen Mission zu überlassen – oder Leuten, die nur an den Profit denken.
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Der Autor dieses Berichts arbeitete 37 Jahre für das Schweizer Fernsehen. Er war Korrespondent, Auslandchef und über fünf Jahre lang Tagesschau-Chef.
*) Stephan Russ-Mohl: Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde. Herbert von Halem-Verlag, Köln 2017.
Dem Leserkommentar von Markus Schneider kann ich nichts abgewinnen und möchte ihm widersprechen. Er begnügt sich mit Nebengemüse und geht mit keinem Wort auf die Hauptstossrichtung des Artikels ein, welche der Autor immer wiederholt. Wollen wir die Tagesschau der Hochfinanz und der Ideologie ausliefern ? Was dann käme sehen wir ja auf den Privatsendern. Schneider geht auch nicht auf das Argument ein, dass es in journalistisch manipulativen Zeiten eine solche Tagesschausendung dringend braucht, und zwar wie Hug schreibt, als Anker. Ich verbringe als Finanzmann die Hälfte meines Lebens in Frankfurt und Wien und kenne die ausländischen Sendungen. Ich bin mit der schweizerischen Tagesschau mit Abstand besser informiert über das Weltgeschehen als mit den ZDF- oder ARD-Nachrichtengefässen, welche immer etwas Steriles und Überhebliches an sich haben. Darüber hinaus bringt die ARD-Sendung immer mehr Sport, die Hälfte der Sendung besteht oftmals aus Sport, auch wenn keine Olympiade stattfindet. Von den ZiB wollen wir gar nicht sprechen, die passen sich immer mehr dem liederlichen österreichischen Journalismus an. Es ist zu hoffen, dass die Schweizer ihre Tagesschau noch lange bewahren. André Droux
Dieser Beitrag zum Innenleben der Tageschau-Redaktion ist sehr interessant. Als News-Konsument und Bürger teile ich jedoch die Selbsteinschätzung von Heiner Hug nur teilweise.
Vorerst einmal wäre zu fragen, ob die Tagesschau in der heutigen Zeit noch ein sinnvolles News-Gefäss ist. Und selbst wenn man dies bejahen würde, hätte ich einiges an ihr zu kritisieren. Von den Beiträgen der Tagesschau erwarte ich dreierlei: Dass sie erstens die Fakten zum Thema klar und nachvollziehbar darstellt, dass sie zweitens unterschiedliche Positionen zum Thema wiedergibt und drittens eine Einschätzung aus Sicht des Journalisten abgibt. Zugegeben: Das ist eine enorm schwierige Aufgabe, vor allem auch in Berücksichtigung der verlangten Kürze. Trotzdem: Zu viele Beiträge der Tagesschau lassen mich unzufrieden. Zu 1: Auch als informierter und politisch gebildeter Medienkonsument muss ich mich bei zahlreichen Beiträgen fragen, worum es überhaupt geht. Zu 2: Dazu verweise ich auf den Kommentar von Niklaus Ramseyer weiter unten. Ich teile seine Auffassung. Zu 3: Zahlreiche Kommentare enthalten zu viele Allgemeinplätze und zu wenig Erhellendes und sind zudem für meinen Geschmack sprachlich oft sehr unbeholfen. Schliesslich habe ich auch den Eindruck, dass etliche Tagesschau-Beiträge einem eher oberflächlichen News-Hype zu verdanken sind.
Fazit: Die Tagesschau und die anderen News-Formate von SF haben nach meiner Auffassung durchaus Verbesserungspotential – gerade auch, wenn man sie mit ähnlichen Sendegefässen anderer öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten vergleicht (etwa ZIB).
Damit ich richtig verstanden werde: Ich lehne die schwachsinnige No-Billag-Initiative ab. Und ich bin auch nicht der Meinung, dass die SRG mit weniger Geld auszukommen habe. Ich glaube aber sehr wohl, dass mit diesem Geld mehr gemacht werden könnte. Und dass dies vor allem den Kernbereich der Konzession – also auch den Informationsbereich betrifft. Die Ablehnung eines untauglichen Änderungsvorschlags bedeutet nicht notwendigerweise die vorbehaltlose Bejahung des Bestehenden.
Warum werden bei uns so viele ausländische Fernsehsender eingeschaltet?
Mit meinem Geld kämpfen TV und Radio gegen meine Meinung!
Ohne mein Einverständnis wurde mir vor einiger Zeit eine weitere Steuer, als Gebühr getarnt, auferlegt (rund 20% meiner AHV für einen Monat. Damit könnte ich die Erhöhung der Krankenkassenprämie für ein Jahr bezahlen.). Die oberste Führung von Schweizer Fernsehen und Radio bekämpft meine Meinung und wird dafür mit der von mir und anderen erhobenen Zwangsgebühr bezahlt.
Klar wollen die Politiker (und die von ihr finanziell Abhängigen) die Billag!
Vor kurzem hat die CVP fast einstimmig beschlossen, die NO BILLAG Initiative abzulehnen. Was bisher im Dunkeln lag, hat nun die NZZ ans Licht gebracht (Quelle: VITAMIN CVP, 27.01.2018). Die SRG ist schon sehr lange eine von der CVP über die Besetzung der Spitzenpositionen beherrschte und für die Verteilung lukrativer Pfründe und politische Einflussname wichtige Institution. An zweiter Stelle bei einflussreichen, lukrativen Positionen bei der SRG kommt die SPS. Es ist somit verständlich, dass beide gegen die Initiative kämpfen. Das erklärt wohl auch, warum in den Jahren, die der WEA, der Weiteren Eliminierung der Armee vorausgingen, sich am Fernsehen praktisch niemand für eine verfassungsmässige Armee einsetzen konnte. Die SPS will sie ja abschaffen, und vorher hauptsächlich im Ausland einset-zen, natürlich für den „Frieden“, wie z.B. die USA die ihre.
Es fällt auf, dass sehr viele PolitikerInnen gegen die No Billag Initiative kämpfen. Man erhielt sogar einen persönlichen Brief von einer Ständerätin, die es vor einiger Zeit nicht für nötig fand, auf eine schriftliche Anfrage, ob man sich zu einem Gespräch treffen könne, überhaupt zu antworten. Warum dieses plötzliche Interesse an einem für sie offensichtlich bedeutungslosen Stimmbürger, warum diese Kampagne gegen die Initiative? Die Antwort ist sehr einfach. Politiker wollen wahrgenommen werden, wichtig und kompetent erscheinen, ihre Wiederwahl und damit verbundene Pfründe sichern, an mit Steuern finanzierten In- und Auslandreisen teilnehmen, weitere Staatsstellen für Parteimitglieder schaffen usw.
Ist es normal, dass mit der SRG eine staatliche Propagandainstitution geschaffen wurde, die das Volk mit einer saftigen obligatorischen Zusatzsteuer, als „Gebühr“ getarnt, finanzieren muss, obschon das viele nicht wollen? Den Verfasser störte schon lange die Meinungsmanipulation durch die SRG. Er beklagte sich darüber sogar mal schriftlich beim damaligen Generaldirektor. Aber für die PolitikerInnen ist es ideal, von der SRG eingeladen zu werden und dort aufzutreten und GRATIS vor einem grossen Publikum für sich und ihre Anliegen Werbung zu machen. Durchschnittsbürger können an Debatten über grosse Themen nicht teilnehmen, höchstens als „Claque“, als Publikum, um zum richtigen Zeitpunkt zu klatschen. Manchmal dürfen sie noch eine „Frage“ an die Auserwählten stellen.
Weil es ihrem persönlichen Interessen entspricht, bekämpfen die Politiker (und alle, die von der Billag Geld bekommen) jetzt die Initiative. Weit mehr als eine Milliarde Franken stehen zur Verfügung, um tausende von Leuten mit grosszügigen Gehältern zu beschäftigen, die die „richtige“ politische Meinung vertreten und die den Politikern diese Gratisreklame ermöglichen. Wer möchte das nicht? Aber das darf als Grund natürlich nicht gesagt werden. Statt dessen wird mit dem Untergang der Demokratie Stimmung fürs NEIN gemacht. Wird die Initiative abgelehnt, dann werden wohl all die schönen Versprechen, die jetzt abgegeben wurden, im Laufe der folgenden Jahre vergessen und wir können dann nichts mehr gegen das staatliche Propagandainstrument unternehmen.
Überall in unserer ausufernden staatlichen Bürokratie, nicht nur bei der SRG, werden besonders die einflussreichen, lukrativen Posten mit Vertretern der politischen Parteien besetzt. Teilweise müssen sie einen Prozentsatz ihrer Einnahmen den Parteien abliefern, die so mit dem, den BürgernInnen abgenommenen Geld ihre politischen Ziele verfolgen. Viele Mitglieder politischer Parteien sind wohl überhaupt nur deswegen einer Partei beigetreten (wie der Verfasser vor langer Zeit als junges Mitglied einer Partei schockiert erfuhr) : Um eine dieser lukrativen Stellen zu ergattern und sich – im Gegensatz zu Unternehmern – nie fragen zu müssen, ob sie genug Umsatz machen, um ihre Kosten zu decken.
Der Wunsch, so Karriere zu machen, gilt natürlich für viele Mitglieder aller Parteien und entspricht der menschlichen Natur. Dabei ist auch anzuerkennen, dass sich viele, zusätzlich zu ihrem Anliegen, im Zentrum zu stehen und ein gutes, sicheres Einkommen zu haben, für das einsetzen wollen, was sie für richtig halten.
Sollte die Initiative angenommen werden, hindert niemand die Kantone, Gemeinden, Parteien und BürgerInnen, gemeinsam eine Gesellschaft zu gründen, die neutrale Nachrichtensendungen, kontroverse Debatten, ohne parteipolitisch motivierte Ausschlüsse gewisser Meinungen, und anderes im Interesse unseres Landes unternähme. Die Schweiz ginge nicht unter.
Falls Sie es noch nicht gemerkt haben sollten, Herr Frick: "Kantone, Gemeinden, Parteien und Bürgerinnen" unseres Landes haben schon 1923 zusammen mit dem Bund "gemeinsam eine Gesellschaft gegründet, die (seit fast 100 Jahren) neutrale Nachrichtensendungen, kontroverse Debatten, ohne parteipolitisch motivierte Ausschlüsse gewisser Meinungen und anderes im Interesse unseres Landes" (Ihre Worte!) produzieren und senden. Diese "Gesellschaft" ist in regionalen (nonprofit) Genossenschaften (Radiohörer sind halt auch stramme Eidgenossen...) von Zürich über Bern bis nach Basel oder Genf und ins Tessin organisiert. Ganz besonders wichtig war diese Gesellschaft für die Landesverteidigung im 2. Weltkrieg (gegen Nazi-Anpasser aller Art) und für den Zusammenhalt unserer Schweiz. Sie ist dies auch heute noch – nun halt etwa auch gegen EU- und Nato-Anpasser. Was Wunder, dass alle aufrechten Bürgerinnen und Bürger dieses Landes diese "Gesellschaft" verteidigen! (derzeit gerade gegen die vaterlandslosen Gesellen, die sie mit No-Billag zerstören wollen) Der Name dieser "Gesellschaft"? SRG! Jetzt staunen Sie aber, Herr Frick! Und stimmen evtl. doch noch NEIN. N. Ramseyer
Ein hervorragender Artikel,fundiert und sehr gut geschrieben. Sollte gedruckt und in alle privaten und geschäftlichen Briefkästen verteilt werden. .. cathari
Tagesschau ja, aber nicht für >1 Mia. CHF - und dazu noch Fischer Bettwaren-Werbung danach. Und gesüomsertes Meteo, und und und. Sowas überstrapaziert einfach mein finanzielles Verständnis, sorry.
Tja, Herr Steiner, Ihr "finanzielles Verständnis" ist doch eher schwach - und sehr selektiv strapaziert. Denn, "sorry": Für 1 Franken pro Tag bekommen Sie (und Ihre ganze Familie!) ja wohl kaum nur eine Tagesschau mitsamt Meteo! Sie bekommen von der volkseigenen SRG für diesen minimalen Betrag dazu auch noch: 10 vor 10, Sportpanorama, Eishockey aktuell, Rundschau, den Kassensturz, Olympia in allen Formen usw. usf. Dazu Radio in allen vier Landessprachen daheim, im Auto, in der Werkstatt (da für Firmen mit unter 500 000 Fr. Jahresumsatz erst noch gratis!, was 2/3 der Schweizer Unternehmen entlastet) und im Büro – mitsamt Nachrichten, Verkehrsmeldungen, Echo der Zeit, Zambo (für Ihre Kinder Jessica und Kevin...) Samstagsrundschau, Persönlich etc.! Zum Vergleich: Die profitorientierten Privaten knöpfen uns jetzt schon nur für ein einziges Fussball- oder Hockeyspiel satte 5 Franken ab. Da sollte es Ihnen (schon bei minimaler Strapazierung ihres finanziellen Verständnisses) doch einleuchten, dass der oben aufgezählte Medien-Komplett-Deinst bei diesen Privaten rasch weit über 1000 Franken jährlich kosten dürfte – wenn sie ihn denn überhaupt liefern wollten. Gerade Leute mit einigem "finanziellem Verständnis" stimmen am 4. März darum erst recht NEIN. Niklaus Ramseyer BERN
Warum diese schon fast religiöse Verblendung, Unfähigkeit zum selbstkritischen Hinterfragen ? Nochmals sorry und à propos Tagesschau: Die Romands (RTS) können's mit weniger Geld - und besser ! Nicht wegen jedem Hänneschiss eine Live-Schaltung nach Washington oder Brüssel. Und den ganzen übrigen Karsumpel, den Sie da anführen braucht ja nicht jedermann.
Ausgezeichneter Artikel ! Bravo Lieber Heiner Hug. Nach dieser Lektüre, sollen keine Zweifel mehr bestehen: NEIN zur "No Billag" Initiative-. Gruss CSO
Was für ein fulminanter Beitrag zur No-Billag-Debatte! Wer noch Argumente für ein „Nein“ sucht, hat sie nach diesem überaus faktenreichen und überzeugenden Artikel.
Sehr gute Auslegeordnung! Und bezüglich Inlandberichterstattung stimmt sicher der Hinweis auf die Ausgewogenheit, die gerade in einer direkten Demokratie sehr wichtig ist. No-Billag will ja aus durchsichtigen Gründen auch diese als Vorgabe aus der Bundesverfassung streichen. (Die Initianten kennen eben Harry Potter, Dieter Bohlen und die Kardashians - bei Voltaire hingegen Fehlanzeige total!)
Weniger gut sieht es mit dieser Ausgewogenheit (nicht "Objektivität", die ohnehin unmöglich ist) bei der Auslandberichterstattung aus: Da wird Voltaires Prinzip "audietur et altera pars" (Lasst uns doch auch die andere Seite anhören!) oft arg verletzt. Und nicht nur in der notorisch US- und Nato-lastigen NZZ, wie eine seriöse Untersuchung von https://swprs.org/ gezeigt hat. Auch im SRF-TV kommen offizielle Vertreter Irans, Syriens, Palästinas, Kurdistans, Russlands kaum je zu Wort um ihren Standpunkt (altera pars) zu erklären – Stimmen aus Nordkorea (Reich des Bösen?) hört man sowieso nie. Zu allem und jedem werden hingegn Vertreter der US-Administration oder Israels Armee- und Regierungssprecher zitiert. Oder es kommen bundesdeutsche "Experten" irgendwelcher "Stiftungen" oder "Thinktanks" uns "Schweizerlein" die Welt erklären. "Experten" aus Organisationen, die bei näherem Hinsehen nur allzu oft auch aus Washington finanziert werden. Zugegeben, im Radio SRF ist es noch schlimmer: Da berieselt uns der "Diplomatic Correspondent" Fredy Gsteiger permanent und penetrant mit einseitigen Nato-Einschätzungen und Standpunkten eines wie auch immer definierten "Westens". Von "altera pars" hört man kaum etwas (bräuchte halt oft auch etwas Aufwand). Was denn aus Sicht der neutralen Schweiz zu sagen wäre, erst recht nicht (dabei wäre dies problemlos einzuholen). Wichtiger sind Gsteiger deutsche und US-Experten. Ob solcher Fehlleistungen könnte man leicht zu einem "Denkzettel-Ja" verleitet werden. Wäre aber das Dümmste, weil Kind mitsamt Bad und so. Ganz im Gegenteil: Die Zürcher No-Billag-Phantasten haben jetzt nur noch 39% Zustimmung. Es braucht aber über 70 % Nein gegen ihren Unfug am 4. März – damit sie endlich Ruhe geben! Und "wir schaffen das"! Niklaus Ramseyer, BERN
Lieber Herr Hug
Danke für diesen erhellenden Beitrag. Die grosse Mehrheit der J21–Leser wir NO zu No–Billag stimmen. Wäre es möglich, Ihren Artikel in der „Weltwoche“ oder der „Basler Zeitung“ zu platzieren? Haben Sie in Herrliberg schon für eine Talk–Runde in Blocher–TV nachgesucht ? Ihre Argumente müssen den Ja–Stimmenden näher gebracht werden. Als Zürcher in Romanisch–Bünden lebend stelle ich mit Befriedigung eine wachsende Ablehnung dieser unsäglichen Initiative fest, sogar die Oberengadiner SVP unterstützt die Nein–Parole.
All die müden SRG-Kritiker und -Liquidatoren behaupten zwar immer, dass die SRG auch bei Annahme sicher überleben werde. Mit Sicherheit aber wissen wir, dass diese keinen müden Rappen für irgendeinen SRG-Service ausgeben werden - diese Leute sicher nicht. Sie hoffen aber, auf der Gegnerseite ein paar Dumme zu finden, die die SRG für überlebenswert halten und sie finanziell unterstützen, obwohl eigentlich klar ist, dass bei Annahme ihr Untergang unwiderruflich beschlossen ist. Es bleibt deshalb nur ein Nein zu No-Billag.
Viele Dank für diesen Artikel zur derzeit grassierenden Medienschelte. Jede Meinung die nicht kommod ist wird gerne als "links" oder "rechts" verunglimpft weil das eine Auseinandersetzung mit dem Argument selbst nicht mehr erfordert. Wobei festzuhalten ist dass der Furor über MSM, Journaille und Staatsfunk eine rechte Spezialität darstellt. Erstaunlich dabei dass die "Staatsfunk, Staatsfunk" Rufer dann voller Inbrunst oft verkünden, man konsumiere RT oder Sputnik um sich "neutral" zu informieren. Aber die Schwärmerei für autoritäre Politik ist wieder ein anderes Thema.