Worte, die töten
Propaganda macht die Sprache zur Waffe. Doch es geht um weit mehr als das, denn Propaganda ist im Grunde nur die Instrumentalisierung von Überzeugungen, die schon vorher bereitliegen. Die Bildung dieser Überzeugungen geschieht ständig und hat ihre tiefste Wurzel in einer elementaren Abgrenzung: „Us and them“, „Wir und die anderen“. Es ist eine Kulturleistung, diesen Abgrenzungsreflex zu überwinden. Und sie gelingt nie ganz.
Denn ständig entstehen neue Konfliktlinien, die zuallererst sprachlich definiert werden: Wir glauben dies, die anderen das; wir haben diese Werte, gegen die die anderen verstossen; wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen. Diese Litanei lässt sich unendlich fortsetzen. Thomas Mann hat während des Ersten Weltkriegs den Versuch gemacht, in seinen tiefsinnigen „Betrachtungen eines Unpolitischen“ zu begründen, warum sich Deutschland aufgrund seiner kulturellen Wurzeln zu Recht mit anderen „Zivilisationen“ im Krieg befindet. Das ist ihm auf hohem Niveau misslungen.
Entwertungsstrategien bilden aber bis heute das Gerüst aller Vernichtungswünsche. Gerade hier wäre es angebracht, der Sprache zu misstrauen. Eigentlich müssten immer dann rote Lampen angehen, wenn andere Menschen abgewertet werden. Das jedoch ist eine schier unlösbare Aufgabe. Auch hier zeigt sich, dass der Mensch zwar über eine Reihe sehr wirksamer Instrumente verfügt – neben der Sprache Wissenschaft und Technik –, er aber seine archaischen Reflexe kaum in den Griff bekommt. Immer wieder treten sie mit einer urtümlichen Gewalt auf, die die Klügeren sprachlos macht.
Interessanter Beitrag. Vielen Dank hierfür. Ergänzend möchte ich anfügen, dass Sichheit ein menschliches Grundbedürfnis darstellt. Die unreflektierten Ängste destabilisieren dieses Gefühl von Sicherheit, wodurch Agressionen entstehen, die unentlastet letztendlich zur Gewalt führen.
Das" Instrument" Sprache bedarf tatsächlich vermehrt der Aufmerksamkeit. Schon die eigene Motivation, kann auf einen Beitrag Einfluss nehmen, was durchaus positiv sein könnte in der Abwesenheit jeglicher Bewertung von Menschen. Lediglich Situationen beschreibend.
Journalisten haben es heute wohl manchmal schwer, allen (An)Forderungen gerecht zu werden und doch sehe ich für diesen Beruf ebenfalls ein grossartiges Potential an gegewärtigen Meilensteinen mitzuwirken, welche der Zukunft wichtige Wegweiser sein könnten.
Ich persönlich würde mir mehr solche Artikel wünschen, welche die Menschen zu einem miteinander einzuladen vermögen.