Rockfestival
Rockavaria auf dem Münchner Olympiagelände

München hat endlich wieder ein Rockfestival
Was dagegen nicht geht, ist das Zelten auf dem Gelände. Ein dreitägiges Festival, nicht unbedingt billig, und dann noch ohne die Möglichkeit zu zelten? Für viele Rockfans war das ein Grund, gar nicht erst zum Rockavaria zu kommen. Wer nicht privat übernachten kann, für den haben die Veranstalter verschiedene Übernachtungspakete angeboten. Die Hotelzimmer in direkter Nähe zum Olympiastadion sind inzwischen weg; Was weiter weg gelegene Hotels und Hostels anbetrifft, sieht die Situation noch eher mau aus. Man kann sich schon vorstellen, dass das Münchner Kreisverwaltungsreferat (das für die Genehmigung seitens der Stadt zuständig ist) keine Lust auf wildes Zelten im sauberen Olypark hatte. Da schweben dann doch Bilder von vermatschten Wiesen, Unmengen von Müll und unzähligen verbrauchten Einmalgrills vor dem geistigen Auge. So weit wollte man dann doch nicht gehen: München und das Rockavaria beschnuppern sich zunächst noch.
Einer, dem diese Paarung auf jeden Fall gefällt, ist Arno Hartung, der Chef der Olympiapark GmbH . „So ein Festival ist für uns eine wirtschaftlich sehr wichtige Geschichte“, sagt er im Gespräch mit Sebastian Krass von der SZ. „Das haben wir uns immer gewünscht, seit Rock im Park 1996 weggegangen ist. Wir würden das gerne langfristig bei uns etablieren.“ Wirtschaftlich sehr wichtig – das scheint der größte gemeinsame Nenner aller Beteiligten zu sein. So gründete die DEAG im November 2014 ein eigenes Vertriebsportal mit dem Namen myticket.de. Gleichzeitig wurden Anteile an der Ticketmaster Deutschland Holding verkauft; Experten tippen, dass durch diesen Schachzug Erträge im siebenstelligen Bereich erwirtschaftet werden. Hier wird nichts dem Zufall – oder anderen – überlassen, es bleibt alles schön in der Familie, im Fall von myticket bei Moritz Schwenkow, dem Sohn von DEAG Chef Peter Schwenkow. Darauf angesprochen, wird Pressechef Christian van Almsick erstaunlich deutlich: „Deutschland ist einer der größten und interessantesten Musikmärkte der Welt. Nach Großbritannien und den USA steht Deutschland an dritter Stelle.“ Um dann noch nachzuschieben: „Wir haben in München durch das Programm und die Location eine ganz besondere Situation geschaffen. Rockfans aus ganz Europa haben sich bei uns angemeldet, insofern freuen wir uns sehr darauf, drei Tage mit Gleichgesinnten zu rocken und zu feiern.“
Ganz offensichtlich hat sich die DEAG mit der Größe der angepeilten Festivals vorgenommen, in Deutschland und Österreich den Markt langfristig zu vergrößern und abzuschöpfen. Inzwischen reagieren deswegen viele Verantwortliche gereizt, wenn sie auf dieses Thema angesprochen werden.
40.000 Tickets sind bereits verkauft
Ossy Hoppe, alter Hase im Showgeschäft, und gemeinsam mit Sohn Oliver für das Booking zuständig, war denn auch von den Fragen, die ihm im Dezember vom Magazin metal-hammer.de gestellt wurden, nicht begeistert. „Es wird uns teilweise zum Vorwurf gemacht, ein neues Festival zu etablieren, und das so kurz vor Mendig“, sagt er Sebastian Kessler. „Es gibt in Deutschland über 220 Festivals; und jetzt haben wir 222. Wo ist da das Problem? Es ist doch wunderbar für die Fans, denn es gibt ein größeres Angebot.“ Auch angeblich überhöhte Bandgagen mag er in diesem Zusammenhang nicht rechtfertigen. „Wie viel Geld eine Band bekommt, ist doch letztlich völlig irrelevant. Für den einen sind 10.000 Euro schon zu viel. Der andere Künstler meint, eine Million würde noch nicht genügen. Es ist jedem selbst überlassen, ein wirtschaftliches Risiko einzugehen und zu sagen, ich erachte diese Gage als richtig und fair. Ich muss mich doch nicht bei der Wirtschaftswoche oder Mitbewerbern entschuldigen.“ Die Wirtschaftswoche hatte im Vorfeld von niedrigen Verkaufszahlen und immensen Gagen berichtet, wogegen die DEAG mit einer einstweiligen Verfügung vorging.

Auch Outsidergigs wie die jungen Damen des japanischen Girl-Metal-Vokal- und Tanz-Trios BABYMETAL sind mit von der Partie am Rockavaria 2015.
Also alles nur eine riesige Geldmaschine? Natürlich nicht nur, aber auch. Denn auch das Line-up des Rockavaria zeigt nun mal deutlich, dass man hier vor allen Dingen in die Mitte der Rock-Gesellschaft zielt. Mit Muse und Metallica, mit Airbourne und Paradise Lost lockt man weniger die jüngere Fangemeinde an als diejenigen, die inzwischen 30 Jahre und älter sind. Etabliert und mit entsprechendem Bankkonto ausgestattet, wollen die nun die Helden ihrer wilden Zeiten wiedersehen. Von daher ist ganz klar: Der Start des Rockavaria wird ein Erfolg werden, aktuell sind über 40.000 Tickets verkauft, das Stadion bietet 68.000 Plätze, die Halle 12.000 und das Theatron, in dem ein Second Stage mit Newcomer-Bands aus der Region stattfindet, noch mal 2000.
Und noch etwas wird auf jeden Fall klappen: Während viele Festivals von der Frage, wie viele und wie viel saubere Dixieklos zur Verfügung stehen, überschattet werden, können Festivalbesucher nun ganz entspannt die Einrichtungen in den Katakomben von Halle und Stadion besuchen! München ist eben immer eine Reise wert!