Schauplatz Innsbruck
Die Innsbrucker Drogenszene

Weil hier eine Einschränkung nötig ist, beschränke ich mich auf sogenannte „harte“ Drogen, also z.B. Opiate, Metamphetamine oder Heroin. Nicht, weil es sich nicht lohnen würde, über Alkoholismus oder substanzungebundene Abhängigkeiten, wie Spielsucht oder Kaufsucht zu schreiben, sondern weil wir zumindest unbewusst mit einem Drogenjunkie jemanden assoziieren, der von einer „harten“ Substanz abhängig ist; weil wir, wenn wir als Stadt ein Problem mit Drogen haben, es mit diesen Drogen haben. Gibt es eine solche Drogenszene in Innsbruck? „Ja, sicher“ meint Kathrin Schneider vom Innsbrucker Z6, und ich bin etwas überrascht von der Klarheit, mit der sie antwortet. Aber sie spricht lieber von einzelnen Szenen, die sich sehr stark voneinander unterscheiden. Nicht alle Szenen sind aber in gleichem Maß sichtbar. „Es gibt eine Partyszene, das sind etwa die Goa-Leute. Dort werden vor allem Amphetamine oder andere Substanzen konsumiert, die einen länger wach halten, um durchzufeiern. Dann gibt es die Opiatszene, die in der Öffentlichkeit deshalb stark sichtbar sind, auch weil sie den Anschluss an die normale Bevölkerung nicht verlieren wollen. Andere Szenen gibt es zwar auch, aber die sind viel weniger in der Öffentlichkeit präsent, sondern verstecken sich eher.“
Ein Treffpunkt der Innsbrucker Opiatszene ist vor dem Kommunikationszentrum für Drogenabhängige KomFüDro, an der Ecke Ingenieur-Etzel Straße – Museumsstraße. Jeder und jedem, der schon einmal vom Sillpark in Richtung Innenstadt gegangen ist, sind die Menschen vor dem leicht herunter gekommenen Hauseingang schon einmal aufgefallen, die dort vor der Haustüre stehen, rauchen, trinken, warten, scheinbar sinnlos, jeden Tag. Es sind Leute wie Armin, die dort ihre Zeit verbringen und dabei den Blicken der vorbeigehenden normalen Menschen ausgesetzt sind, wobei es Zufall ist, dass ich Armin dort treffe, er ist nur selten dort. Auch Armin bekommt von mir die Frage gestellt, ob Innsbruck ein Drogenproblem hat, und worin es aus seiner Sicht besteht. Armin war insgesamt zwei Jahre in der Szene in Innsbruck, von 2007 bis 2009. Er ist seitdem im Substitutionsprogramm, „weg von der Nadel“, wie er sagt und hat schon andere Szenen in anderen Städten gesehen. Drogenproblem hat Innsbruck keines, weil es eine richtige Drogenszene in Innsbruck, meint er, hier eigentlich nicht gibt: „Richtig gutes Zeug, gutes Heroin, findest du in Innsbruck nicht. Du bekommst es entweder gar nicht oder wenn, mit irgendeinem Scheiß gestreckt.“ Er erzählt mir dann von früheren Bekannten, die sich in aufgedunsene „Meth-Junkies“ verwandelt hätten, mit gebücktem Gang, glasigen Augen und fettiger Haut. „Sowas interessiert mich gar nicht“. Armin bleibt clean.
Immer wenn ich an der erwähnten Ecke des KomFüDro vorbeikomme und in den Gesichtern der dort wartenden Menschen blicke, kommt ein bedrückendes Gefühl in mir auf. Nein, ich wünsche mir diese Menschen nicht weg. Nein, ich denunziere sie nicht. Es kommt ein Mitgefühl in mir hoch, als mir bewusst wird dass diese Menschen krank sind. Sie scheinen bemüht einen Ausweg aus ihrer Krankheit zu finden. Sie scheinen die Angebote einer akzeptierenden Drogenarbeit in Anspruch zu nehmen und somit Schritte auf dem Weg in eine neue Freiheit zu setzen. Eine drogenabhängige Person kann sich nämlich nie frei fühlen, denn sobald der “kick” nachlässt brennt das schmerzende Gefühl in einem bis zu einer erneuten Zufuhr einer bestimmten Substanz.
Ich wünsche mir eine vermehrt akzeptierende Drogenarbeit, eine Drogenpolitik die das Verständnis dafür aufbringt, dass drogensüchtige Menschen würdig behandelt gehören und ich wünsche mir eine Gesellschaft die an all dem einen konstruktiven Beitrag leistet und sei es nur, dass solche Menschen nicht als ein Übel unserer Gesellschaft gesehen werden, sondern als Menschen denen geholfen werden muss.