Deutsche Bundesliga

RB Leipzig und der Untergang der Tradition

Am Wochenende ist es endgültig so weit: RB Leipzig, das Hassobjekt traditionalistischer Fußballanhänger, steigt in die höchste deutsche Spielklasse auf. Für viele steht damit der Untergang des bisher bekannten Fußballs fest. Bei genauerer Betrachtung könnte man aber auch gegenteilig argumentieren.

Geld regiert den Fußball

Anders als andere europäische Vereine, die kurz den Segen eines Geldgebers genießen und sofort so viel Geld wie möglich aus dem Fenster werfen, verfolgt man in Leipzig ein nachhaltiges Konzept. Junge Spieler sollen ausgebildet werden und das Herz, den Stamm des Leipziger Vereins bilden. Natürlich gab man in den vergangenen Jahren auch eine Stange Geld aus, allerdings hat man, wenn man den Kader betrachtet fast ausschließlich in die Zukunft investiert. Will man gerade junge Spieler, heißbegehrte Talente verpflichten, muss man dafür ordentlich in die Tasche greifen. Prominentester Wechsel dürfte Davie Selke darstellen. Mittlerweile 20-Jahre alt, spielte der Stürmer in der vergangenen Saison noch bei Werder Bremen und in der Bundesliga. Im Sommer 2015 wechselte er aber für acht Millionen nach Ost-Deutschland. Das dürfte ungefähr das Doppelte seines damaligen Marktwerts darstellen. Gerade für die Bremer-Fans ein Schlag in die Magengrube, ein Hoffnungsträger verlässt den Stammverein und schließt sich dem Marketingkonstrukt RB an. Das ist bitter, aber das ist Fußball 2016. Und: wer Geld hat, der darf es auch ausgeben.

Insgesamt gab Leipzig zur Saison 2015/16 knapp 20 Millionen Euro für neue Spieler aus. Herausgekommen ist eine Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von knapp 23 Jahren. Vergleicht man diese Summe mit jenen abenteuerlichen aus vergangenen Magathschen Wolfsburger Zeiten (die nebenbei nicht wirklich nachhaltig waren) oder vergleicht man sie mit gar jenen Preisen die auf der britischen Insel gezahlt werden, ist Leipzig noch lange kein Big Player. Ein Selke, wäre er von Derby County zu Manchester United transferiert worden, dürfte vermutlich gleich um die zwanzig Millionen Euro gekostet haben. Personell wird Ralf Ragnick den Trainerposten zum Ende der Saison abgeben, Ralph Hasenhüttl – noch Trainer von Ingolstadt – dürfte übernehmen. Das einzig neue an RB Leipzig – im Gegensatz zu Hoffenheim, Leverkusen und Wolfsburg – ist die Neugründung und die Erkenntnis: Werbung und Fußball, das passt zusammen und verspricht mehr Geld.

Herzlos

Im Leitartikel der ZEIT von 5.Mai 2016 schreibt Martin Machowecz von der Bereicherung, die von RB Leipzig für Fußballdeutschland und auch für Ost-Deutschland hervorgeht: “Die Oberkörper-frei-Romantik, der archaische Männlichkeitssport, verabschiedet sich in die unteren Ligen. In Leipzig dagegen sieht man Woche für Woche Tausende Kinder im Stadion. Da ist der Fußball wirklich ein Produkt – ein Familienprodukt. Ist das nicht auch romantisch?” Das stimmt auch, in Leipzig herrscht der Fußballboom. Man hat mit den höchsten Zuschauerschnitt in der zweiten Liga, wenn man auch auf eine Ultra-Szene bewusst verzichtet. Für viele ist auch das das Problem. Fußball ohne Herz. Auch das ist Fußball 2016.

Mit der Nachwuchsabteilungen stellt Leipzig schon jetzt einige Bundesligisten in den Schatten. Natürlich schmerzt es, wenn Traditionsvereine wie Hannover 96, Eintracht Frankfurt, Werder Bremen, Stuttgart oder gar der Dino Hamburg in die zweite Liga absteigen müssen. Aber dafür ist nicht RB verantwortlich. Fehler gehören im Fußball zum Tagesgeschäft, man könnte sogar davon sprechen, wer im Fußball am wenigsten Fehler macht, setzt sich durch. Egal ob auf dem Feld oder bei Transfers/Marketingstrategien. Mit einem Aufstieg Leipzigs in die Bundesliga wird sich auch die sportliche Landschaft ändern. Auf Dauer gilt RB als ernstzunehmender Titelaspirant. Allerdings müssen auch einige Dinge positiv verlaufen. Für die kommende Saison will man in Leipzig schon einen siebenstelligen Betrag einsparen. Das Konstrukt sollte ja schon jetzt stehen.

Das Problem ist nicht ein Gönner, der sich eine Mannschaft als Hobby nimmt. Das Problem sind die Spieler, die nur dem Ruf des Geldes folgen. Die Tradition, die Vereinstreue, die die Fans ausleben, existiert im modernen Fußball nicht mehr. Beim erstbesten Angebot gehen Spieler, Hoffnungsträger, Identifikationsfiguren und kehren “ihrem” Verein den Rücken zu. Das Problem ist durch Leipzig nicht verschärft worden. In Leipzig führt man es dem Fußballfan nur vor Augen. Ganz offensichtlich. Gepaart mit einem nachhaltigen Konzept ist das zu viel, für den Romantiker. Verständlich. Aber das ist nicht mehr zu ändern. Charakter kann man sich eben nicht kaufen.

Beitragsbild: Deutschland sagt Nein zu RB Leipzig / Facebook