Landbote: Heimat
Auf ans Werk, Tirolerland!

Das ist einerseits ein ganz übler Missbrauch des Begriffs Heimat für chauvinistische Ausfälle. Und gesungene Treueschwüre? Das sind vertonte Lippenbekenntnisse.
In diesen Tagen haben 2 Worte Hochkonjunktur: Patriotismus und Heimat. Politiker verwenden die beiden Begriffe deshalb gern, weil sie individuell definierbar sind und die „Liebe zur Heimat“ unter Beweis stellen sollen. Man kann sie also für alles und jedes einsetzen was jeweils politisch opportun ist. Während also für die Einen Rassismus, Hetze, Ausländerfeindlichkeit und das Schwingen rot-weiß-roter Fahnen Patriotismus bedeutet, ist Heimat für die anderen exakt der Ort, an dem sie sich wohl fühlen. Wohl fühlen wollen.
Alibiaktionen statt Arbeit
Was ich schmerzhaft vermisse: Meines Wissens gibt es keine Definitionen von Heimat, die den Zusatz TUN enthält. Ist ja auch einfacher, von Heimat oder Vaterland zu schwafeln, an den unsäglichen Patriotismus zu appellieren oder mit der rechten Hand am Herz patriotische Lieder zu singen als konkrete Handlungen zu setzen. Ich will hier explizit jene Menschen ausnehmen, die in den vielen gemeinnützigen Vereinen wie Feuerwehr, Rettung usw. mitarbeiten. Das sind für mich jene Menschen, die mit ihrem Einsatz, ihrem TUN belegen, dass der Begriff Heimat für sie keine hohle oder gar bierselige Phrase ist.

Der Beginn weitreichender Erosion: Hangrutschungen, die ebenfalls Muren auslösen können (Bild: Danijel Jovanovic)
Der Großteil der Österreicherinnen und Österreicher glaubt jedoch, genug für die Heimat getan zu haben, wenn er Steuern zahlt. Das mag ja zum Teil auch stimmen, aber genügt das wirklich? Denn um uns herum brechen Strukturen zusammen, ohne dass dies groß auffällt. Und das politische Österreich? Das schweigt dazu. Die Medien? Das interessiert sie kaum.
Einige Beispiele gefällig?
- Unserem Krankenhaussystem droht der Zusammenbruch;
- menschliche Altenbetreuung wird nur noch den Reichen zugestanden;
- Landgemeinden sind schon zusammengebrochen. Nur noch alte Menschen leben dort, weil es kein Gasthaus mehr gibt, die Geschäfte zugesperrt haben und sogar die Pfarreien aufhören zu existieren;
- Unsere Kleinbauern verschwinden sang- und klanglos. Sie müssen ihre Höfe zusperren, weil Mineralwasser in den Geschäften teurer ist als die vollwertige Milch;
- Viele Berggebiete verwildern, da es kaum mehr Bergbauern gibt, die sie pflegen können. Unsere Almen wachsen zu.
Zu alldem kommt noch die Unfähigkeit der aktuellen Politik, Menschen wieder für das Gemeinwohl zu begeistern. Es ist offenbar schon zu lange her, dass der amerikanische Präsident John. F. Kennedy den Satz prägte: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für dein Land tun kannst.“

Wälder schützen nicht vor Murenabgängen. Vor allem dann, wenn das Wasser massiver Regenschauer in Fichten-Monokulturen oberflächlich auf den Nadeln abläuft, die den Boden bedecken und versiegeln (Bild: Danijel Jovanovic)
Die Alm, das österreichische Sehnsuchtsziel, ist in Gefahr
A propos zusammenbrechende Strukturen. Heimlich still und leise ist seit Jahren ein Verfall im Gang, der in seiner Konsequenz erst in einigen Jahren für uns alle sicht- und vor allem spürbar sein wird: Unserem kulturellen Erbe „Alm und Bergwiese“ droht großräumig das Aus. Allein die genutzten Almflächen nahmen seit 1952 um 51 % ab, rund 4.346 km2 oder etwa 800.000 Fußballfelder „Almland“ gingen verloren. Bei der derzeitigen Entwicklung – rund 5.000 Höfe werden in Österreich jährlich geschlossen – ist absehbar, wie lange wir uns noch der Sehnsuchtsregion „Alm“ erfreuen können. Wenn die Bauern verschwinden ist’s vorbei mit Blumenwiesen und Almen.
Die Politik schweigt. Man möchte sagen: wie immer.
Die österreichische Zivilgesellschaft kann sich auf ihre Regierung kaum noch verlassen. Sie ist nicht mehr in der Lage, dynamisch und vor allem mit Nachdruck auf Veränderungen zu reagieren. Deshalb sind wir, die Zivilgesellschaft gefordert.
Und was ist mit den sogenannten Interessensvertretungen? Die haben ihre ursprüngliche Funktion längst schon der Klientelwirtschaft und der Vetternwirtschaft geopfert. „Money for nothing and the chicks for free.“
Gesucht: Volontäre für Almen und Bergwiesen

Eine absolut gefährliche Blaike am oberen Rand einer Bergmahd. Ein massiver Schlagregen kann eine riesige Mure auslösen (Bild: Danijel Jovanovic)
Ich bin der Ansicht, dass wir nicht mehr schimpfen und warten können, denn dann ist’s zu spät. Deshalb habe ich micht mit Freunden zusammen getan um einen ‚zusammenbrechenden’ Bereich vielleicht doch noch in Teilen zu retten: die Almen und Bergmähder. Wir nennen uns „Schule der Alm“ und bieten all jenen die Möglichkeit mitzuhelfen, denen unsere Heimat noch wirklich was wert ist. Es wäre schön, wenn wir viele Menschen begeistern könnten, das kulturelle Erbe von Alm und Bergmahd weiterhin zu pflegen.
Auf zum TUN, Tirolerland!
Informationen zum Projekt Schule der Alm: https://tirolischtoll.files.wordpress.com/2016/04/sda-ausgabe01-2016-web.pdf
Titelbild: Werner Kräutler