Serie

Wo die Ideen blühen #16: Gstudierte Kanzler

Ein kopfcinematografischer Wortreigen, der allen Ansprüchen von Journalismus und zeitgenössischer Medienkultur entschieden widersagt und eine Episodenfolge mit exakt 222 Wörter über jenen Garten erzählt, in dem der Samen der besten Ideen der Welt gesät w[u]erde.

Politik machen im Regelfall Akademiker. Als das blaue Blut im Schall der allgemeinen Wählerstimme auszublassen begann, waren es die Juristen, Ärzte und die Theologen, eben das studierte Volk, das die Österreicher in ihrer Versiertheit in allen Fragen und Problemen vertreten sollten – dafür haben’s ja auch studiert, die ehrenwerten Herren. Die ersten acht Kanzler der Zweiten Republik waren alle promovierte Rechtsgelehrte, Historiker und Politikwissenschaftler. Erst mit Viktor Klima und seinem nebenberuflichen Diplomstudium der Wirtschaftsinformatik zog der erste Akademiker ohne Doktorhut am Ballhausplatz 2 ein. Man verzieh ihm seine akademische Halbwüchsigkeit, zumal bei der OMV das Öl „auch ohne“ gut zu fließen schien. Eine Liaison von akademischer Laufbahn und politischer Karriere galt dennoch im Grunde als selbstverständlich. Ein Nichtstudierter könnte zwar die unteren und mittleren Bildungsschichten vertreten, aber niemals die Grand Honneur der „Ganz-Gescheiten“. Das änderte sich mit Werner Faymann. Und es wurde peinlich. Nicht nur, weil er – obwohl „a gstandener“ Sozialdemokrat seiend – nicht offen zugeben wollte, eben auch ohne ein „Akademiker“ zu sein, die Republik zu regieren, sondern, weil er das bestehende System damit noch untermauerte. Er hätte ja gewollt, hat es aber aufgrund so vieler Verpflichtungen nicht mehr ordentlichen machen können – das Studium. Sein Nachfolger hatte dann wieder einen Abschluss vorzuweisen. Der Jetzige will noch fertig studieren, vielleicht dann als Bundespräsident mit 35, so nach dem Motto „Sub Auspiciis von mir, an mich“.

Titelbild: (c) stocksnap