Ob die Evolution der Online-Stellenanzeigen, die Herausforderungen öffentlicher Betriebe, Corporate Language, Diversity Problematiken, Social Media im Personalmarketing oder Mobile Recruiting: Vom Rückblick auf Stellenanzeigen aus den 50er und 60er Jahren bis hin zu Zukunftsthemen deckt der Convent auf Schloss Bensberg eine große Bandbreite an aktuell wichtigen Personalthemen ab.

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An dieser Stelle findest Du in 2 Teilen ein paar Highlights aus zwei spannenden Tagen Recruiting Convent 2011. Wer sich für weiterführende Infos interessiert findet diese in 2 ausführlichen Liveblogposts von Gero Hesse. Vielen Dank an dieser Stelle auch noch mal an Herrn Prof. Beck, für die vielen spannenden Inhalte!
Den Einstieg macht Thomas Kleb von Kienbaum Communications mit dem Thema „Die (R)Evolution der Online-Stellenanzeige. Reise in die Zukunft.“
Das von ihm vorgestellte Konzept der „Job_Ad|2.0“ soll Aufmerksamkeit, Neugierde, Verweildauer und Erinnerungswerte erhöhen.
Das Social Media Credo „hinhören und verstehen“, ist als Erfolgsfaktor erkannt.
Leider bleibt aber vor allem der ebenso wichtige Dialog mit der Zielgruppe bei dieser Form der Stellenanzeige noch auf der Strecke.
Tests mit der Zielgruppe haben allerdings gezeigt, dass sowohl Page Impressions als auch die Anzahl der Bewerbungen nachweislich gestiegen sind. Fragen wie die Anbindung an die Unternehmen sind aber teilweise noch offen.
Auch beim Beispiel der EnBW Stellenanzeige, dargestellt durch eine Tag Cloud, ist fraglich, ob das Konzept der Tag Cloud bei der Zielgruppe tatsächlich bereits „gelernt“ ist. Derzeit ist diese Stellenanzeige 2.0 auf Studierende ausgerichtet.
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Sehr erfrischend ehrlich und authentisch schließt sich der Vortrag von Jörg Bruckmann (Leiter Personalmanagement Verkehrsbetriebe Zürich) an. Im Vordergrund stehen hier zunächst einige Fakten, die das Unternehmen recht speziell machen (öffentlicher Betrieb mit unter 10% Hochschulabsolventen und 3 Gewerkschaften als „Bremser“).
Vor allem vor dem Hintergrund, dass Diverstiy bei den VBZ eher gleich Equality ist (82% Männer, 84% Schweizer), haben die Verkehrsbetriebe das Ticken der demographischen Zeitbombe mit dem daraus resultierenden Rekrutierungsruck erkannt – und gehandelt!
Kern dieser Erkenntnis: Der Bewerber ist kein Bittsteller. Nach dem Motto: Man kann nicht vom Bewerber verlangen, was man selber nicht lebt, haben die VBZ ihren Bewerbungsprozess im wahrsten Sinne des Wortes vollständig umgekehrt. Hier bewirbt sich das Unternehmen also bei der Zielgruppe. Zur Ansprache wird zu einem Großteil auf Videos gesetzt.
Anzeigen in Printmedien werden nahezu vollständig abgeschafft (abgesehen von speziellen Berufsfeldern). Wenn sie dennoch nötig sind, dann nur mit Verweis auf das Internet. Kombiniert wird das Ganze also mit einer Cross Media Strategie, zu der auch Online-Stellenportale gehören.
In den jeweils 3 – 5 minütigen Videos bewerben sich also die Vorgesetzten selbst direkt bei den Stellensuchenden. Alle (ja, alle!) freien Stellen, werden mit einem solchen Video „ausgeschrieben“. Auf diese Weise produzieren die VBZ 25 – 30 Videos pro Jahr. Ein Beispiel findest Du hier.
Die Vorteile (abgesehen von den Kosten) dieses Konzepts liegen auf der Hand: Bewerber lernen ihren Chef schon kennen bevor sie sich für eine Bewerbung entschieden haben. Dabei werden in den Videos Eindrücke und Emotionen transportiert, die in einer klassischen Stellenanzeige nicht möglich wären. Zusätzlich zu den Videos können alle tiefergehenden Fakten auch als PDF abgerufen werden.
Am Ende geben die guten Zahlen der neuen Strategie recht: 3.200 Mal wird jedes Video im Schnitt angesehen. Die entsprechenden Stellen können in der Regel problemlos besetzt werden.
Der Aufwand im Personalmarketing ist 2010 um 300.000€ (36%) gesunken.
Hut ab bei dieser konsequenten Umsetzung! Ich glaube so manches Unternehmen wünscht sich derartige Erfolge!
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Thomas Langer, Leiter Marketing / Werbung und VKF von der Provinzial Versicherung erläutert in seinem Vortrag „Wenn Markenbotschaften nicht ankommen“ kurz darauf die Möglichkeiten, die eine Corporate Language (CL) bietet.
Die Grundlage ist die Erkenntnis, dass wohl tatsächlich die meisten Werbebotschaften gar nicht wirklich erkannt und / oder erinnert werden. Langer ordnet die Corporate Language dabei neben dem Corporate Design in die Corporate Identity ein. Um Markenvorstellungen entstehen und wirken zu lassen, sind beide Hirnhälften zu aktivieren. Durch eine Kombination von Bildern, Tönen und Sprache!
Beispiele von Sixt und Ikea („Träum Dein Schlafzimmer“ vs. „Räum Dein Schlafzimmer neu ein“) sind hervorragende Beispiele für eine funktionierende und gelebte CL.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die CL gibt der Marke eine sprachliche (Wieder-)Erkennbarkeit, die Marke gewinnt an „Persönlichkeit“) und gibt dem Verbraucher durch die Sprache Orientierung.
Langers Ideen und Ansätze scheinen so selbstverständlich, sind es aber am Ende doch nicht. Nur wenige Unternehmen scheinen die Möglichkeiten die CL ihnen bietet zu nutzen. Letztlich dürfte dies aber auch der Tatsache geschuldet sein, dass es schwierig ist eine solche einheitliche Sprache konsequent zu verwenden. Je Größer das Unternehmen ist, desto schwieriger dürfte es sogar werden. Immerhin haben (und wollen) viele Stellen im Unternehmen etwas zu sagen. Eine einheitliche Sprache mutet dabei ein wenig wie Flöhe hüten an.
Trotzdem ein wirklich spannender Aspekt, der noch nicht genügend Beachtung findet!
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Unter dem Titel „Social Media kommt langsam, aber gewaltig!“ gibt Gero Hesse einen super Überblick über die Fakten (Generation Y, demographischer Wandel, Technologisierung), die Social Media im Personalmarketing heute so interessant machen.
Wie und wo informiert sich die Zielgruppe? Was sind die wichtigsten Kommunikationskanäle? Wie kann Social Media genutzt werden um das Employer Branding zu unterstützen? Wie haben sich Stellenanzeigen im Laufe der Zeit verändert?

Diese Grundlagen bilden hier die Basis für insgesamt 4 Trends, die Gero im Bereich Social Media sieht. Hierzu gehören Social Gaming, Youtube / Webvideos, die Facebook App Branchout sowie die grundsätzliche Professionalisierung von Facebook Karriere Sites.
Social Gaming erläutert er dabei vor allem am Beispiel von Fliplife. Bayer ist seit Anfang 2011 als Unternehmen dort vertreten. Spieler haben die Möglichkeit im Bereich Karriere Mitarbeiter von Bayer zu sein und als solche entsprechende Projekte zu bearbeiten (Server reparieren, SpamMails filtern und vieles mehr).

Auf diese Weise bietet Fliplife Unternehmen die Möglichkeit sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Social Gaming mit Personalmarketing selbst steckt noch in den Kinderschuhen und dürfte bei Fortsetzung der bisherigen Erfolgsgeschichte in Zukunft noch interessante Potenziale bieten!
Weiterhin sieht Gero Arbeitgebervideos als eins der größten Themen im Bereich Employer Branding. Die emotionale Ansprache, die hohe Glaubwürdigkeit und der allgemeine Trend im Netz zum Bewegtbild sind nur einige Gründe für Videos.
Er belegt dies mit einer Auswahl an aktuellen Arbeitgebervideokampagnen vom VW Star Wars Commercial über McDonald´s hin zu Henkel und seinem eigenen Arbeitgeber Bertelsmann selbst.
Die Facebook Karriere Sites selbst, auf denen die Videos von den Unternehmen zumeist eingebunden werden, werden in den nächsten Jahren eine zunehmende Professionalisierung erfahren. Während die technische Erstellung und Betreuung der Seiten in der Regel eher banal sind, bezieht sich diese Professionalisierung vielmehr auf den Dialog mit den Fans. Das Wachstumspotential ist hier noch enorm. Vor allem beim Blick über den Teich wird klar, dass US-Karrieresites um ein vielfaches höhere Fanzahlen aufzuweisen haben als deutsche! (Beispiel Ernst & Young USA mit >61.000 Fans.) Da haben deutsche Unternehmen noch einen weiten Weg vor sich!
Zum Thema Auswirkungen durch negative Einträge auf der eigenen Karriere Site hat Gero ebenfalls ein schönes Beispiel mitgebracht, welches zeigt, dass sich authentische Kommunikation bezahlt macht: Sind genügend überzeugte Fans der Marke vorhanden, haben es unsachgemäße Einzelmeinungen schwer. Siehe Beispiel hier.
Den größten Zündstoff bei seinen Trends sehe ich persönlich in Facebook Apps wie Branchout. Auf spielerische Weise nähern sie sich der Professionalisierung der User-Profile. Hier kann man Jobs suchen, sich mit Freunden, Bekannten und neuen Personen vernetzen, verschiedene Dinge bewerten, Lebensläufe hinterlegen, in Kontakt mit Unternehmen treten, etc. Unternehmen haben umgekehrt die Möglichkeit Stellenanzeigen zu schalten.
Während Facebook vor einigen Jahren als reines Freizeit- und Freundenetzwerk gestartet ist, macht es den Platzhirschen unter den Businessnetzwerken Xing und LinkedIn zunehmend Konkurrenz.
Die Entwicklung zeigt, dass scheinbar immer mehr Menschen bereit sind, auch auf Facebook gezielt in Kontakt mit Unternehmen zu treten. Die Privatsphäre als Gegenargument scheint nachzulassen. Und dies wiederum dürfte Facebook selbst neue Potenziale eröffnen.
Eine Zusammenfassung des zweiten Tages folgt in Kürze!

Dominik Bernauer