Jörg Stegemann, Director der Business Unit Finance bei Experis (Sparte Personalvermittlung und –beratung der ManpowerGroup) in Paris, arbeitet seit 2001 in der spezialisierten Personaldienstleistung. Er war für drei große Unternehmensgruppen tätig und arbeitet seit 2007 europaweit. In seiner Karriere hat er mehrere Hundert Menschen in neue Anstellungen vermittelt und Tausende Kandidaten beraten. Neben seiner Tätigkeit in der ManpowerGroup bloggt er zu den Themen Karriere und Management auf www.MyJobThoughts.com | Career advice from a headhunter.

Worauf achten Sie besonders im Lebenslauf eines Kandidaten*?
Ein Lebenslauf ist wie das Menü in einem Restaurant: Ich möchte verstehen und mögen, was ich lese. Zugleich ist es die erste Präsentation eines Kandidaten und zeigt, ob er Prioritäten richtig setzen kann oder nicht. Zwei Seiten sind daher Maximum und nicht mehr als 5 Bullet Points für Jobs, die länger als 10 Jahre zurückliegen. Rechtschreibfehler sind natürlich unentschuldbar: Wenn einer seinen eigenen Lebenslauf nicht hinkriegt, wie ist dann erst die Qualität seiner Arbeit?

Aus der Kandidaten-Brille: Was erwarten Sie von einem Top-Personalberater?
Mit dem Begriff „Human Age“ prägte unser CEO Jeff Joerres die heutige Arbeitswelt gut: Nicht Wissen, nicht Technik, sondern Menschen bestimmen die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Als Kandidat möchte ich als solcher in meiner Gesamtheit wahrgenommen werden und nicht nur meine Fachkenntnisse, sondern auch mein Potential und meine Persönlichkeit sollen berücksichtigt werden. Ein guter Berater ist mein Agent, er steht er auf meiner Seite und begegnet mir auf Augenhöhe. Er soll mich verteidigen und geht für mich mit dem Kopf durch die Wand wenn es sein muss.

Ein Kandidat wird von mir sofort aus dem Raum geschickt, wenn….
…er mich anlügt. Ein Berater ist wie ein Arzt oder Anwalt: Wissen müssen wir alles, und dann schauen wir mal, wie wir es kommunizieren. Bei der Erklärung holpriger Passagen im Lebenslauf dem Kunden gegenüber, fängt das Coaching an und hier zeigt sich der Unterschied zwischen Berater und „CV Broker“.

Welche Frage würden Sie einem Kandidaten nie stellen?
Drei Dinge sind hierbei zu respektieren: Zuerst einmal natürlich der legale Kontext des Landes, danach die Prinzipien von Berufsverbänden oder Assoziationen und drumherum die Werte eines ethisch operierenden Beratungsunternehmens. Nichts, was diskriminiert, was unethisch ist oder in die Persönlichkeit des Kandidaten eingreift, sollte Inhalt eines Vorstellungsgesprächs sein.

Bin ich ab 40 noch interessant für Headhunter?
Na klar. Zumindest, wenn Sie immer darauf geachtet haben, wettbewerbsfähig zu bleiben. Hierzu gehören nachweisbare Erfolge im jeweiligen Job, aber auch sinnvolle und hochwertige Weiterbildungen sowie regelmäßige Wechsel. Derzeit haben wir ein Mandat für einen Posten mit einem Gehaltsbenchmark von 500.000€ auf dem Tisch. Der Kandidat, der es wird, ist nicht 32 Jahre alt…

* Der Einfachheit halber wird im Text das Wort „Kandidat“ in der männlichen Form verwendet. Alle Antworten gelten jedoch für Männer und Frauen gleichermaßen.

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Fragen an den Personalberater: Jörg Stegemann, Director der Business Unit Finance bei Experis (ManpowerGroup) in Paris, 5.0 out of 5 based on 1 rating