Spionagesoftware : Erste Bundesländer gestehen Einsatz des Staatstrojaners
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Anzapfen ist Ländersache: Blick auf den Code der Staatstrojaner-Entschlüsselung Bild: dapd
Während der Bundesinnenminister den Einsatz des Staatstrojaners bei Bundeskriminalamt, Bundesverfassungsschutz und Bundespolizei ausschließt, mehren sich die Eingeständnisse aus den Ländern.
Ob der zum Bundesfinanzministerium gehörende Zoll den Staatstrojaner eingesetzt hat, ist noch offen. Beim Bundeskriminalamt, beim Bundesverfassungsschutz und bei der Bundespolizei ist die Spionagesoftware nach Auskünften von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nicht zum Einsatz gekommen.
Die Innenminister einiger Bundesländer hingegen gestanden nach und nach die Anwendung der umstrittenen vom Chaos Computer Club analysierten Software ein. So bestätigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dass sie einem Ermittlungsverfahren der bayerischen Polizei von 2009 zugeordnet werden kann.
Der Landesbeauftragte für Datenschutz solle nun prüfen, ob bei der sogenannten Quellen-TKÜ, also dem Abhören verschlüsselter Telekommunikation, die rechtlichen Vorgaben eingehalten worden seien. Den Einsatz des Trojaners habe ein Richter angeordnet. Unklar sei, ob es sich bei der dem Computerclub zugespielten Software um eine Testversion oder um die tatsächlich eingesetzte Version des Trojaners handle.
Sie wollen es auch nicht wieder tun
Auch das niedersächsische Landeskriminalamt (LKA) setzt das umstrittene Trojaner-Computerprogamm ein. „Aber nur, soweit es die gesetzlichen Vorgaben erlauben“, sagte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) nach Angaben des NDR. Laut Niedersachsens LKA-Chef Uwe Kolmey haben die Ermittler zweimal eine Trojaner-Software genutzt. Seit zwei Jahren setzt das niedersächsische LKA die Software bei Ermittlungen zu schwerster und organisierter Kriminalität ein. „Überwacht werden aber nur sogenannte Telekommunikationsdaten, es werden keine Bildschirmbilder gemacht, Tastatureingaben gespeichert oder Festplatten ausspioniert“, sagte LKA-Chef Uwe Kolmey. Innenminister Schünemann sagte: „Bei uns werden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls befolgt.“
Nach Angaben von Innenminister Reinhold Gall (SPD) verwendet die baden-württembergische Polizei bislang eine Basis-Version wie jene in Bayern. Diese werde aber in jedem Einzelfall so programmiert, dass sie der richterlichen Anordnung voll entspreche, und nur in Einzelfällen eingesetzt.
Gall will die Verwendung mit dem Bund und den anderen Bundesländern rechtlich überprüfen. Der Minister sagte, dass eine Überwachung von verschlüsselter Telefon- und Mail-Kommunikation nötig sei, um schwere Straftaten auch künftig aufklären zu können. Den Einsatz des „Staatstrojaners“ stoppt Baden-Württemberg nach der Kritik.
Die Piratenpartei stellt unbequeme Fragen
Brandenburgs Fahnder setzen derzeit in einem Fall Trojaner-Software ein, um Telefonate im Internet abhören zu können. Laut Innenministerium ist dafür allerdings die Amtshilfe einer Bundessicherheitsbehörde nötig. Weder der Verfassungsschutz noch die Polizei in Brandenburg hätten die Software beschafft, betonte ein Sprecher. Übereinstimmend berichtete das Justizministerium von laufenden Ermittlungen gegen eine Person, die mit internationalem Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben sei. Dabei werde erstmals die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) eingesetzt, sagte ein Sprecher in Potsdam.
Für den Einsatz liege eine richterliche Genehmigung vor.
Weitere Details wollte der Sprecher nicht nennen, weil das Verfahren noch laufe. Es sei der bislang einzige Fall, hieß es von der Justiz. Auch laut Innenressort ist es der bislang das einzige Verfahren, in dem die Polizei im Rahmen der Strafverfolgung involviert ist. Weder habe der brandenburgische Verfassungsschutz Online-Überwachungen in Form der Quellen-TKÜ durchgeführt, noch habe die Polizei diese Methode bislang zur Gefahrenabwehr benutzt.
In einem Offenen Brief mit 40 Fragen verlangt die brandenburgische Piratenpartei unterdessen Auskunft von der Landesregierung und den Sicherheitsbehörden zur Verwendung von Trojaner-Software. Unter anderem will sie wissen, auf welchen Rechtsgrundlagen der Einsatz beruht, wer über ihn informiert wurde, wie die Rechte „der ausgespähten Personen und anderer Unbeteiligter“ gewahrt und in welcher Form die gesammelten Daten archiviert werden. Die Piratenpartei sandte den Brief eigenen Angaben zufolge an den Landtag, den Ministerpräsidenten, Regierungssprecher, an die Ministerien für Justiz und Inneres, den Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt.