Treideln
Ich bin Schriftsteller, das ist nicht nur ein Beruf, sondern die Entscheidung, die Welt als Sprache zu sehen. Als die eigentliche Sprache erscheint mir die, in der das Wort und das Ding zusammenfallen. Aus dieser Sprache, die sich rings um uns befindet, zugleich aber nicht vorhanden ist, gilt es zu übersetzen. Wir übersetzen, ohne den Urtext zu haben. Die gelungenste Übersetzung kommt ihm am nächsten und erreicht den höchsten Grad an Wirklichkeit. Erst wo die Übersetzung sich dem Original annähert, beginnt für mich Sprache. (Günter Eich)
Kein weniger an Kritik, sondern ein mehr an darin enthaltener Reflexion, schreibt Max Czollek am Ende der ersten Express Staffel. Und das ist auch der Kern der sich bei der akutellen Diskussion um Lyrikkritik herausschält.
Vielleicht vollzieht dieses neue Format der Auseinandersetzung über Literatur gewissermaßen den Schritt von einem statischen Urteil hin zu einem offenen Gespräch. Die Möglichkeit, eine Haltung zu entwickeln, und im Gespräch zu bleiben - über imperiale Köpfe, Gerste und Mond. Über das Erhöhte im Gedicht. Darüber wie Yevgeniy Breyger das Unsagbare umkreist, wie er versucht auf magisch-mystische Weise an den Urtext (siehe Eich) zu rühren. Gelingt ihm das mit den „flüchtigen monden“, oder lässt er sich treiben auf einer Sprache, die vom Mond beeinflusst zwischen Ebbe und Flut auf- und abbrandet?
„Lesen ist das Nachvollziehen des Schreibprozesses einer anderen Person“, behauptet Breyger in einem Interview mit Sibylla Vricic Hausmann im Poet Nr. 19. Was ich momentan erkenne ist ein Dichter, der den Mond liebt -
ich liebe nur den mond
und die Sprache den Gezeiten aussetzt. Die Frage, die sich mir jetzt stellt ist, wie man über etwas redet, das man nicht versteht, aber gerne ergründen möchte.