Vergängliches, das vorhanden ist
Ich sehe ein, dass ich mit „existenzialistisch“ vielleicht ein bisschen zu dick aufgetragen habe (auch, weil das Wort von mir nicht mitgedachte Assoziationen aufkommen lässt). Und, um auf einen Leserinnenkommentar einzugehen: auch mir gehen einige der Gedichte sehr nah. Das ist eine, wenn nicht gar die größte Qualität von Elzes Lyrik: dass sie keine Umwege nimmt, sondern direkt von etwas Fassbarem spricht, unmittelbar die gemeinsame menschliche Existenz grundiert – und mich als Leser bannt, weil sich während des Lesens so viel Wirklichkeit auf Dinge legt, deren Ausmaße (ich wiederhole mich) mir zwar gewahr waren, die aber selten so nah an mich herangetragen wurden, wie es Elze in seinen Gedichten gelingt.
Ich möchte daher meine Kritik nicht als eine Attestierung von Mängeln verstanden wissen – es geht mir darum, mich mit jeder Regung, die die Gedichte bei mir hinterlassen, auseinanderzusetzen. Und dazu gehört auch das vage Gefühl, dass die Sprache einen Grundton nicht verlässt, der immer wieder die Vergänglichkeit zelebriert und auch viele wunderbare Feinheiten darin auftut, aber sich teilweise auch in diesem Thema verliert. Verliert nicht in dem Sinn, dass die Sprache keine Bedeutung mehr hat. Aber sie legt sich über die Thematik, statt noch weiter in ihre Tiefen zu dringen, weiter auszuloten. Wie etwa bei diesem Stück:
„vielleicht hilft uns der gedanke, dass wir niemals getrennt
waren, und niemals zu trennen sind … alle dinge dieser welt
[…]
wir waren niemals getrennt und werden es niemals sein
auch dieser gedanke ist aus den gleichen molekülen gemacht
wie deine frühere und deine zukünftige
schwebende, nur erfundene leiche –“
Ein schöner Gedanke steckt in diesen Versen, den ich nicht antasten will. Und ich lasse mein klitzekleines Unbehagen auch einfach im Raum stehen und werde mich in meinem nächsten Abschnitt den Liebesgedichten, Kindergeschichten und den trauernden Seiten des Bandes zuwenden.