Was für eine alberne, beleidigte Reaktion auf eine (zurecht scharfe) Kritik.
Völlig unabhängig von jeglicher Diskussion verschiedener Übersetzungsstrategien – was sagt es über den Artikelvefasser aus, dass ihm die stete Nennung seines "Dr." offenbar unabdinglich ist (als ob der Titel allein schon kluge Gedanken garantierte), und gleichzeitig eines seiner Hauptargumente gegen Herrn Keller dessen Beruf als Bibliothekar ist?
An dieser Stelle müssten doch bitte mal zwei Dinge klargestellt werden:
1. Die übergroße Mehrzahl der Lyriker und Lyrikübersetzer im deutschsprachigen Raum kann nicht vom Schreiben allein leben und ist deshalb in einem Brotjob tätig. Das ist alles andere als ein Beleg für Dilettantismus oder "Sonntagsübersetzerei".
2. Raffael Keller ist studierter Sinologe und hat zahlreiche zeitgenössiche und klassische chinesische Dichter ins Deutsche übersetzt (u.a. die Werke von Du Fu). Man kann sich sicherlich mit ihm über seine Auslegung von Gedichten oder seine Übersetzungsstrategien streiten, aber ihm mangelndes philologisches Wissen vorzuwerfen, ist letztlich nur für denjenigen peinlich, der diesen Vorwurf macht.
Unabhängig davon sollte jedem Übersetzer, der sein Geld wert ist, klar sein, dass Präzision (die, da hat Herr Simon sicher recht, "Grundlage des Respekts für den Text" ist) keinesfalls immer aus Wortgetreuheit entsteht, sondern aus Wirkungsäquivalenz. Mit anderen Worten: Im Zweifelsfall ist eine Übersetzung, deren Wortmaterial und Grammatik sich weit vom Ausgangstext entfernt, dabei aber eine möglichst ähnliche Wirkung für den deutschen Leser entfalten wie das Original es für den chinesischen Leser tut, die weit präzisere und treuere als eine, die durch vermeintliche philologische Genauigkeit eine verfremdete, pseudo-offene Übersetzungsvariante der Originals liefert.
Man müsste sich also als guter Übersetzer fragen: Wie wirkt das Shi Jing (heute) auf einen chinesischen Leser? Und wie kann ich davon ausgehend einen deutschen Text schreiben, der genauso auf einen deutschen Leser wirkt? Natürlich wird man dieses Ideal immer nur näherungsweise erreichen, denn "den" einen Leser gibt es ja in keiner Sprache der Welt – aber damit muss man als Übersetzer leben können. Jede Übersetzung ist eine Entscheidung, das ist Teil des Berufsrisikos. Teil des Berufsethos ist es, für jeden Text die Bestmögliche zu treffen.
Die Alternative wäre eine rein philologische Interlinearübersetzung mit entsprechenden Kommentaren, die sich für einen so alten, von so vielen Deutungsschichten überlagerten Text natürlich auch anbieten würde. Auch dafür müsste man sich allerdings konsequent entscheiden – und dann in der Lage sein, seinen Standpunkt bei entsprechender Kritik sachlich darzulegen, anstatt mit persönlichen Angriffen à la "Herr Bibliothekar der Kantonsbibliothek Valdiana und Sonntagsübersetzer" anzukommen.
Was für eine alberne, beleidigte Reaktion auf eine (zurecht scharfe) Kritik.
Völlig unabhängig von jeglicher Diskussion verschiedener Übersetzungsstrategien – was sagt es über den Artikelvefasser aus, dass ihm die stete Nennung seines "Dr." offenbar unabdinglich ist (als ob der Titel allein schon kluge Gedanken garantierte), und gleichzeitig eines seiner Hauptargumente gegen Herrn Keller dessen Beruf als Bibliothekar ist?
An dieser Stelle müssten doch bitte mal zwei Dinge klargestellt werden:
1. Die übergroße Mehrzahl der Lyriker und Lyrikübersetzer im deutschsprachigen Raum kann nicht vom Schreiben allein leben und ist deshalb in einem Brotjob tätig. Das ist alles andere als ein Beleg für Dilettantismus oder "Sonntagsübersetzerei".
2. Raffael Keller ist studierter Sinologe und hat zahlreiche zeitgenössiche und klassische chinesische Dichter ins Deutsche übersetzt (u.a. die Werke von Du Fu). Man kann sich sicherlich mit ihm über seine Auslegung von Gedichten oder seine Übersetzungsstrategien streiten, aber ihm mangelndes philologisches Wissen vorzuwerfen, ist letztlich nur für denjenigen peinlich, der diesen Vorwurf macht.
Unabhängig davon sollte jedem Übersetzer, der sein Geld wert ist, klar sein, dass Präzision (die, da hat Herr Simon sicher recht, "Grundlage des Respekts für den Text" ist) keinesfalls immer aus Wortgetreuheit entsteht, sondern aus Wirkungsäquivalenz. Mit anderen Worten: Im Zweifelsfall ist eine Übersetzung, deren Wortmaterial und Grammatik sich weit vom Ausgangstext entfernt, dabei aber eine möglichst ähnliche Wirkung für den deutschen Leser entfalten wie das Original es für den chinesischen Leser tut, die weit präzisere und treuere als eine, die durch vermeintliche philologische Genauigkeit eine verfremdete, pseudo-offene Übersetzungsvariante der Originals liefert.
Man müsste sich also als guter Übersetzer fragen: Wie wirkt das Shi Jing (heute) auf einen chinesischen Leser? Und wie kann ich davon ausgehend einen deutschen Text schreiben, der genauso auf einen deutschen Leser wirkt? Natürlich wird man dieses Ideal immer nur näherungsweise erreichen, denn "den" einen Leser gibt es ja in keiner Sprache der Welt – aber damit muss man als Übersetzer leben können. Jede Übersetzung ist eine Entscheidung, das ist Teil des Berufsrisikos. Teil des Berufsethos ist es, für jeden Text die Bestmögliche zu treffen.
Die Alternative wäre eine rein philologische Interlinearübersetzung mit entsprechenden Kommentaren, die sich für einen so alten, von so vielen Deutungsschichten überlagerten Text natürlich auch anbieten würde. Auch dafür müsste man sich allerdings konsequent entscheiden – und dann in der Lage sein, seinen Standpunkt bei entsprechender Kritik sachlich darzulegen, anstatt mit persönlichen Angriffen à la "Herr Bibliothekar der Kantonsbibliothek Valdiana und Sonntagsübersetzer" anzukommen.