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zwischen wissen und glauben
Und ob diese Gedichte lebendig sind, lieber Carl-Christian Elze! Sie verdichten das Leben und die Sterblichkeit, die Teil jedes Lebens ist, sparen die Frage nach einem Danach nicht aus, das sich dem Wissen entzieht, in einer mäandernden, christlich grundierten Suchbewegung. Weshalb ich sie, lieber Timo, nicht als im philosophischen Sinn existenzialistisch bezeichnen würde, denn für Sartre et al. ist der Tod das Ende und Gott inexistent, während hier gleich in mehreren Gedichten nach der möglichen Existenz eines Gottes gesucht wird, hin und her geworfen zwischen Zweifel und Glaube.
"selig sind, die nicht sehen / und doch glauben", lesen wir in einem Gedicht (S.119), in dem "ein überwältigender gottesbeweis" ersehnt wird, woran in einem schmerzlichen Moment der Verzweiflung gebetartige Sequenzen anschließen:
... aber was wird aus uns, herr, wir sind thomas
immer noch thomas, über 2000 jahre zu spät
um unsere finger in deine wunden zu legen.
ich möchte so gern auf die knie gezwungen werden
von einem zwingenden wunder! — alle freiheit
nimm zurück, herr, dieses geschenk war die hölle.
Diese poetischen Auseinandersetzungen mit Glaubensfragen sind mutig, ehrlich und konsequent. Und nur manchmal öffnen sie einfache antworten (S.149):
auch jesus klettert im baum
wenn du an jesus denkst
im selben moment.