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Verbindendes und Trennungen
Was ich in der Literatur immer noch am meisten bewundere, sind die Momente, in denen man in einer Formulierung, einer sprachlichen Verdichtung, auf das Lebendige stößt; einer Form von Erkenntnis begegnet, die fernab aller intellektuellen Anregung eine menschliche Tiefe besitzt.
Trotz aller metaphysischen Dimensionen in den Gedichten der „bergpredigenden gebilde“ – was sich immer wieder auftut, ist das Menschliche, das Verbindungen zwischen den Phänomenen sucht, die unsere einzelnen Existenzen in einem strukturierten und gleichzeitig chaotischen Universum darstellen.
Mit diesem Wunsch Verbindungen zu finden, ist auch das traurige Erfahren von Grenzen verbunden; es gibt Dinge, die wir nie vom andern wissen werden. In dem Requiem-Zyklus „Gespräch mit einem toten Freund“ heißt es:
warum man nichts in seinen zellen spürt
wenn die systeme stürzen
von menschen die man in sich trägt
Warum können wir einander so selten wirklich erreichen (es fällt einem Bachmanns Gedicht „Es könnte viel bedeuten“ ein)? Die Ungewissheit, die Entfernung, die der andere Mensch darstellt, hält uns nicht davon ab ihn zu lieben, aber diese Liebe allein heißt nicht schon zu begreifen – und Elze umrundet in seinem bewegenden Zyklus die Wahrheit, die schon Mascha Kaléko einst so zusammenfasste:
den eigenen Tod, den stirbt man nur,
doch mit dem Tod der anderen muss man leben.
(Mascha Kaléko, Gedicht: Memento)