mir wäre es lieber, wenn aus Deutschland weniger Waffen exportiert, dafür mehr Gedichte geschrieben und rezensiert werden. Sie können auch ruhig so witzig kommentiert werden wie in folgendem Beispiel:
"Einen gewissen allegorischen Charakter auflegend, sind die Gedichte von Sigune Schnabel interessante Versuche, eine Ahnung im Verstand, eine Größe im Gefühl aufzublasen zu sprachlicher Benennung. Was als Beschreibung wirklich gelingt, will ich nicht abschließend bewerten. Aber für meine Begriffe versuchen die Gedichte zu weit zu treiben, was schon mit weniger gelungen wäre. Ansätze zu schönen Metaphern finden sich in jedem Fall."
Zwar eher unwahrscheinlich, dass der lustige Effekt freiwillig entstand, allemal wert, ihn zu kommentieren, finde ich ihn auf jeden Fall.
Schon der Einstieg ist köstlich. "Einen gewissen allegorischen Charakter auflegend". Ihr Landsmann J. M. Simmel betitelte seine Jugendnovelle "Begegnung im Nebel". Wollte er damit hilflos verblasene Prosa näher bezeichnen, in der ein Mensch um Ausdruck ringt, keinen finden kann, aber dennoch redet?
Der Rezensent fährt fort, als hätte er vier Monate nur Rilkebände gegessen, aber noch keinen bisher verdaut: "interessante Versuche, eine Ahnung im Verstand, eine Größe im Gefühl aufzublasen zu sprachlicher Benennung."
Wenn ich es recht verstand, will mir der Autor damit sagen: "Sigune Schnabel hatte nichts zu sagen und schrieb darüber drei Gedichte"?
"Was als Beschreibung wirklich gelingt, will ich nicht abschließend bewerten." Im Zusammenhang wirkt das wie ein vorsichtiger Rückzugsversuch. Warum sonst bewertet der Autor sonst durchgehend? Er deutet in meinen Augen damit an, dass wenig bis nichts gelang. Wer dennoch so schreibt, vermittelt Unsicherheit, Klartext zu bringen. Gleichzeitig schreibt man so von oben herab. Ich glaube nicht, dass seriöse Rezensionen dabei entstehen. Vielleicht will er auch nichts abschließend bewerten, weil es im unmöglich sein könnte. Das wäre ein Standpunkt, den auch ich gerade bei Lyrik bestens nachvollziehen könnte. Ich kann nicht mit jeder Lyrik viel anfangen. Dann würde ich allerdings kaum darüber schreiben.
"Aber für meine Begriffe versuchen die Gedichte zu weit zu treiben, was schon mit weniger gelungen wäre." Das wäre für sich eine Wertung, die als Feedback vielleicht hilfreich sein könnte. Würde sich mir dabei nicht der Verdacht aufdrängen, er schreibt zwar von den drei Gedichten allgemein, aber könnte eventuell in Wirklichkeit nur das erste, "Entfremdung" meinen?
Denn wer das zweite, "Am Hang" liest, findet beim besten Willen darin nichts Ausuferndes oder Überambitioniertes.
Am Hang
Wir fädelten Träume
auf Bergketten
und sahen sie in der Sonne glitzern.
Doch als wir starr
in ihre Richtung blickten,
fanden wir uns nicht mehr
in den Biegungen
unseres Weges.
Klare metaphorische Sprache. Im Gegensatz dazu die hilflos tastende Sprache des Rezensenten.
Ein Schenkelklopfer der Schlusssatz: "Ansätze zu schönen Metaphern finden sich in jedem Fall."
Ansätze. Köstlich. Vielen Dank, lieber Herr Brandt, für einen der lustigsten Verrisse, den ich seit langem lesen durfte.
Lieber Herr Brandt,
mir wäre es lieber, wenn aus Deutschland weniger Waffen exportiert, dafür mehr Gedichte geschrieben und rezensiert werden. Sie können auch ruhig so witzig kommentiert werden wie in folgendem Beispiel:
"Einen gewissen allegorischen Charakter auflegend, sind die Gedichte von Sigune Schnabel interessante Versuche, eine Ahnung im Verstand, eine Größe im Gefühl aufzublasen zu sprachlicher Benennung. Was als Beschreibung wirklich gelingt, will ich nicht abschließend bewerten. Aber für meine Begriffe versuchen die Gedichte zu weit zu treiben, was schon mit weniger gelungen wäre. Ansätze zu schönen Metaphern finden sich in jedem Fall."
Zwar eher unwahrscheinlich, dass der lustige Effekt freiwillig entstand, allemal wert, ihn zu kommentieren, finde ich ihn auf jeden Fall.
Schon der Einstieg ist köstlich. "Einen gewissen allegorischen Charakter auflegend". Ihr Landsmann J. M. Simmel betitelte seine Jugendnovelle "Begegnung im Nebel". Wollte er damit hilflos verblasene Prosa näher bezeichnen, in der ein Mensch um Ausdruck ringt, keinen finden kann, aber dennoch redet?
Der Rezensent fährt fort, als hätte er vier Monate nur Rilkebände gegessen, aber noch keinen bisher verdaut: "interessante Versuche, eine Ahnung im Verstand, eine Größe im Gefühl aufzublasen zu sprachlicher Benennung."
Wenn ich es recht verstand, will mir der Autor damit sagen: "Sigune Schnabel hatte nichts zu sagen und schrieb darüber drei Gedichte"?
"Was als Beschreibung wirklich gelingt, will ich nicht abschließend bewerten." Im Zusammenhang wirkt das wie ein vorsichtiger Rückzugsversuch. Warum sonst bewertet der Autor sonst durchgehend? Er deutet in meinen Augen damit an, dass wenig bis nichts gelang. Wer dennoch so schreibt, vermittelt Unsicherheit, Klartext zu bringen. Gleichzeitig schreibt man so von oben herab. Ich glaube nicht, dass seriöse Rezensionen dabei entstehen. Vielleicht will er auch nichts abschließend bewerten, weil es im unmöglich sein könnte. Das wäre ein Standpunkt, den auch ich gerade bei Lyrik bestens nachvollziehen könnte. Ich kann nicht mit jeder Lyrik viel anfangen. Dann würde ich allerdings kaum darüber schreiben.
"Aber für meine Begriffe versuchen die Gedichte zu weit zu treiben, was schon mit weniger gelungen wäre." Das wäre für sich eine Wertung, die als Feedback vielleicht hilfreich sein könnte. Würde sich mir dabei nicht der Verdacht aufdrängen, er schreibt zwar von den drei Gedichten allgemein, aber könnte eventuell in Wirklichkeit nur das erste, "Entfremdung" meinen?
Denn wer das zweite, "Am Hang" liest, findet beim besten Willen darin nichts Ausuferndes oder Überambitioniertes.
Am Hang
Wir fädelten Träume
auf Bergketten
und sahen sie in der Sonne glitzern.
Doch als wir starr
in ihre Richtung blickten,
fanden wir uns nicht mehr
in den Biegungen
unseres Weges.
Klare metaphorische Sprache. Im Gegensatz dazu die hilflos tastende Sprache des Rezensenten.
Ein Schenkelklopfer der Schlusssatz: "Ansätze zu schönen Metaphern finden sich in jedem Fall."
Ansätze. Köstlich. Vielen Dank, lieber Herr Brandt, für einen der lustigsten Verrisse, den ich seit langem lesen durfte.
Damit setzten Sie Maßstäbe!
Herzlich
Dieter Wallentin.