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Der/die mündige Leser_in verarscht sich nur selbst.
Statt sich am Blattwerk aufzuhalten, greifen die Herren gleich beherzt nach den Wurzeln. Also ihnen nach. Auffallend am Griff in die Tiefe ist, dass man sogleich sprachlich dem Wald erliegt (vonwegen Wege durchs Dickicht schlagen etc.).
Aber vielleicht geht’s ja gerade darum. Das der Text schon von sich aus über sich spricht. Die Tiefe gibt’s gar nicht, oder ist eine andere, und das worüber wir gerade sprechen, kondensiert an der Oberfläche. Wenn man die entsprechend getönte Brille aufsetzt, ist jeder Text selbstreflexiv. Plötzlich programmatisierts überall. Da den Keil zwischen „poetologischen Überbau“ und „poetischen Material“ anzusetzen scheint mir unansehnliche Scheite zu geben. Vielmehr ist es ja wirklich eins, durch „Verschiebung und Verschränkung“ scheint mal das eine klarer, mal das andere. Dafür ist eine Gleitsichtbrille gefragt. Funkenschlag dazwischen gibt’s hoffentlich.
Wo es hier konkret programmatisch wird, ist bei der Ordnung: die Ordnung ist programmatisch offen – nein, nicht „hermetisch offen“. Wobei das natürlich schon wieder nicht stimmt, weil Sprache ansich Ordnung und System ist und auch gebietet. Im kleinen werden die Buchstaben und Laute gereiht, dann würfelt die Grammatik die Wörter zusammen. Ab diesem Zeitpunkt wirds schwierig. Lieber den bekannten Mustern folgen oder bisher ungedachte Kausalitäten zulassen?
Vielleicht besser: der Text bietet mehrere - nicht beliebige - Ordnungsmöglichkeiten. Es gibt Kontexte, Subtexte, Paratexte. Die sind aber auch nur momentan gedacht. Ordnung ist da, um sie wieder zu zerstören. Schließlich machts am meisten Spaß, aus dem aufgeräumten Kinderzimmer einen Saustall zu machen. Schließlich ist nach meinem Verständnis der Text ein sich veränderndes Ding (ich war versucht „lebendiges“ zu schreiben, habe mich aber erschreckt).
Das ein Text mehr als nur eine Ordnung offeriert, scheint mir dringend notwendig und hat wohl mit soetwas wie meinem Verständnis von Gegenwart und Welt zu tun. Da ist nichts fertig, da muss man sich selber einen Reim drauf machen. In diesem Sinne verarscht sich der/die mündige Leser_in nur selbst.
Ordnung= Rodung + n