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Die Offenheit...

express!-Rahmenbeitrag
junge rehaugen
Statement

… ist ein gutes Stichwort. Ich wollte im Hinblick auf Dieser Junge. Digital Toes. unbedingt noch darauf zu sprechen kommen. Geschrieben wurde das eBook (bzw. seine Teile) von 2004 bis 2017, kompiliert wurde und erschienen ist es 2016. Klasse. Es gibt da also eine Beweglichkeit im Crausswerk. Die Texte sind nicht ein für alle mal an ihren ursprünglichen Publikationsort gebunden. Ich mag das persönlich sehr, wenn Autoren ihr Schreiben als offenes System verstehen und ihre (auch bereits publizierten) Texte als Material ansehen, das sich auch nach dem Abruck mehrfach bearbeiten lässt, vom Recycling bis zur Veredelung.

Außerdem besteht dieses eBook nicht nur aus Lyrik, sondern auch aus Prosa und einem Essay, in dem die eingestreute Lyrik wiederum nicht nur Illustrationsfunktion hat. Wir müssen uns diesen Jungen in jeder Hinsicht als open mind(ed) vorstellen, aufgeschlossen, freigeistig.

Und als ob das alles nicht schon genug offene Kompilation wäre, gibt es auch noch ein Nachwort von Matthias Fallenstein, das nicht, wie sonst bei Nachworten üblich, das letzte Wort ist. Die Anordnung der Teile dieser Sammlung stellt vielmehr eine Kommunikationssituation dar. Sie liest sich: 1. Teil: Crausstexte, 2. Teil: Fallensteinnachwort, 3. Teil: Craussessay. Die Krönung wären Remixe und Coverversionen der Crausstexte von anderen Dichtern. (Crauss selbst hat so etwas früher öfter gemacht. Ich finde, Dichterkollegen könnten einander wieder mehr covern und remixen.)

Möglicherweise schweife ich gerade etwas von der eigentlichen Diskussion ab. Verzeiht. Aber wir haben ja zwei Spalten, um uns auch nachträglich noch zu sortieren. Zudem scheint mir dieser Einblick in „Wie funktioniert diese eBook-Publikation eigentlich?“ nicht unwichtig/uninteressant. Denn so sehr ich Crauss' offenes Schreib- und Kompilationssystem auch mag – mit dem eBook werde ich mich wohl nicht so recht anfreunden können. Das liegt im Wesentlichen an drei Dingen, die ich nur kurz skizziere. Vielleicht können wir das ein oder andere noch diskutieren, ohne uns allzu weit vom eigentlichen Craussbuch zu entfernen.

  1. Ich mag eBooks an sich nicht. Ich habe es mehrfach versucht und getan und lese lieber im Buch. Dort kann ich Fähnchen einkleben, Notizzettel vergessen und Bleistiftspitzen abbrechen. Ich kann ein Buch auf meine Art lesen, es mit meinen Gedanken erweitern. (Geschmackssache, ich weiß.)

  2. Dass Craussbuch wurde bewusst nur als eBook publiziert, würde aber als Buch genauso, d.h. exakt in der gleichen Weise funktionieren. Inklusive des LyriCodes® (Martin hat ihn zitiert.), der aber, obwohl zu beginn des eBooks eingeführt, auf die Texte gar nicht angewendet wird. Von den Zeichen für Flattersatz, Blocktext und Zeilenumbruch mal abgesehen. Ich verstehe also die „eBook-Exklusivität“ dieser Publikation nicht so recht – falls sie überhaupt intendiert ist.

  3. Ich verstehe den LyriCode® nicht. Das heißt, ich kann ihn schon lesen. So schwer ist er nicht. Was ich nicht verstehe ist, wozu man ihn braucht. Er soll ja nicht nur Zeilenumbrüche und neue Strophen markieren, um das Gedicht zu einer angemessenen Darstellung im eBook zu verhelfen. Er verfügt auch über Betonungszeichen (betont, schnell, langsam, hohe Stimme, tiefe Stimme), die ich als Leser schlichtweg nicht brauche, eigentlich gar nicht haben will, weil sie die Offenheit eines Gedichts, die individuelle Leseweise eines Gedichtes einschränkt oder zumindest lenkt.