Was haben eigentlich demokratische Entscheidungsprozesse mit der Publikation von Literatur zu tun? Die radikale Subjektivität des literarischen Erschaffens schließt "Abstimmungen" über Meinungsfragen aus: Welche Gedichte in welcher Form erscheinen, unterliegt kaum jemals demokratischen Entscheidungen und das ist gut so, denn sonst wären vermutlich die Gedichte z. B. Paul Celans niemals erschienen. Die öffentliche Präsentation eines Gedichts im Rahmen von Architektur ist eine nicht alltägliche Form der Publikation, eine Anschrift oder ein Anschlag oder Ähnliches und war in dem vorliegenden Fall sogar demokratisch legitimiert. Jedenfalls handelt es sich auch dabei um eine Form des Sendens. Der Empfänger entscheidet, ob er die Botschaft empfangen oder übersehen möchte, nimmt er sie wahr, kann im besten Falle ein nach demokratischen Regeln ablaufender Diskurs über Wirkung, Wertung und Wahrhaftigkeit des Texts beginnen. Aber den Text löschen und schamhaft aus einer Art schlechten Gewissens, möchte man vermuten, in eine BRONZEtafel verkleinern und durch andere ersetzen? Es stört irgendjemanden irgendetwas an irgendeinem Text, das wird unzweifelhaft so sein, aber an Jan Hus , Giordano Bruno und Galileo Galilei störte auch etwas, respektive an ihren Texten, nicht zu vergessen die Autoren, an deren Bücher mit dem in die Erde gesenkten Denkmal vor der Humboldt-Universität in Berlin erinnert wird, nicht zu vergessen die Autoren, deren Bücher Marta Minujín in ihrem Bücher-Parthenon zur Dokumenta 14 ausstellte. Die Bibliotheken, die digitalen Speicher, die Museen sind voller Texte, die mich als Person stören, angreifen, ja beleidigen. Sollte ich von diesen öffentlichen Institutionen verlangen: Löscht das Zeug, löscht, löscht? Das so genau geschilderte, fein ausgetüftelte, als demokratisch bezeichnete Vorgehen ist nichts als ein fassadäres Hochamt der Demokratie, und zwar ebenso sinnlos und leer wie jedes Hochamt, nichts als symbolhaftes Theater aus Angst vor den eigenen Gedankenverbindungen ausglöst von einem so federleichten Text. Muss man es denn immer noch predigen: Ein Gedicht ist eine offene Form, die in den besten Fällen unzählige Deutungen anzuregen vermag. Wie kann man eine Tendenz der Deutung nur zur Grundlage einer Abstimmung machen? Eine armselige Berliner Posse, die leider zeigt, dass die Bereitschaft zu radikalen Lösungen zu wachsen scheint, die für meine Generation einfach undenkbar waren, da sie der Kontamination der nahen Geschichte von Auslöschungen unterliegen. So etwas tut man einfach nicht! Es ist stillos.
Was haben eigentlich demokratische Entscheidungsprozesse mit der Publikation von Literatur zu tun? Die radikale Subjektivität des literarischen Erschaffens schließt "Abstimmungen" über Meinungsfragen aus: Welche Gedichte in welcher Form erscheinen, unterliegt kaum jemals demokratischen Entscheidungen und das ist gut so, denn sonst wären vermutlich die Gedichte z. B. Paul Celans niemals erschienen. Die öffentliche Präsentation eines Gedichts im Rahmen von Architektur ist eine nicht alltägliche Form der Publikation, eine Anschrift oder ein Anschlag oder Ähnliches und war in dem vorliegenden Fall sogar demokratisch legitimiert. Jedenfalls handelt es sich auch dabei um eine Form des Sendens. Der Empfänger entscheidet, ob er die Botschaft empfangen oder übersehen möchte, nimmt er sie wahr, kann im besten Falle ein nach demokratischen Regeln ablaufender Diskurs über Wirkung, Wertung und Wahrhaftigkeit des Texts beginnen. Aber den Text löschen und schamhaft aus einer Art schlechten Gewissens, möchte man vermuten, in eine BRONZEtafel verkleinern und durch andere ersetzen? Es stört irgendjemanden irgendetwas an irgendeinem Text, das wird unzweifelhaft so sein, aber an Jan Hus , Giordano Bruno und Galileo Galilei störte auch etwas, respektive an ihren Texten, nicht zu vergessen die Autoren, an deren Bücher mit dem in die Erde gesenkten Denkmal vor der Humboldt-Universität in Berlin erinnert wird, nicht zu vergessen die Autoren, deren Bücher Marta Minujín in ihrem Bücher-Parthenon zur Dokumenta 14 ausstellte. Die Bibliotheken, die digitalen Speicher, die Museen sind voller Texte, die mich als Person stören, angreifen, ja beleidigen. Sollte ich von diesen öffentlichen Institutionen verlangen: Löscht das Zeug, löscht, löscht? Das so genau geschilderte, fein ausgetüftelte, als demokratisch bezeichnete Vorgehen ist nichts als ein fassadäres Hochamt der Demokratie, und zwar ebenso sinnlos und leer wie jedes Hochamt, nichts als symbolhaftes Theater aus Angst vor den eigenen Gedankenverbindungen ausglöst von einem so federleichten Text. Muss man es denn immer noch predigen: Ein Gedicht ist eine offene Form, die in den besten Fällen unzählige Deutungen anzuregen vermag. Wie kann man eine Tendenz der Deutung nur zur Grundlage einer Abstimmung machen? Eine armselige Berliner Posse, die leider zeigt, dass die Bereitschaft zu radikalen Lösungen zu wachsen scheint, die für meine Generation einfach undenkbar waren, da sie der Kontamination der nahen Geschichte von Auslöschungen unterliegen. So etwas tut man einfach nicht! Es ist stillos.