Erinnerung
Pierre Reverdy
Kaum eine Minute
Und ich bin zurückgekehrt
Von allem Geschehenen habe ich nichts zurückbehalten
Ein Punkt
Der größer gewordene Himmel
Und im letzten Augenblick
Die Laterne die vorbeigeht
Der Schritt den man hört
Einer bleibt stehen in all dem Getümmel
Man lässt die Welt gehen
Und das was in ihr ist
Die tanzenden Lichter
Den Schatten der sich ausbreitet
Der Blick nach vorne
Schafft mehr Platz
Ein Käfig in dem ein lebendes Tier sprang
Brust und Arme machten dieselbe Bewegung
Eine Frau lachte
Und warf dabei den Kopf zurück
Und der Mann der auf uns zukam hatte uns verwechselt
Alle drei kannten wir uns nicht
Und bildeten bereits
Eine Welt voller Hoffnung
(Mémoire)
Aus dem Französischen übersetzt von Johannes Beilharz. Das Gedicht stammt aus: Pierre Reverdy, Les ardoises du toit (1918).
Die Abbildung zeigt das Faksimile des Gedichts.
“Dieses Gedicht von Reverdy (1889-1960) las ich gestern per Zufall im Internet, wo es jemand gerade gepostet hatte. Das dürfte allerdings weniger ein Zufall sein, sondern mit aktuellen Ereignissen in Verbindung stehen, etwa mit den Migranten, die wir nicht kennen, die aber – um Reverdy zu paraphrasieren – mit uns eine Welt voller Hoffnung bilden. Das Gedicht wurde außerdem 1918 veröffentlicht, dem Jahr, in dem der 1. Weltkrieg endete – einem Jahr, in dem mit Sicherheit viel Hoffnung vonnöten war.”
Johannes Beilharz
Weitere Gedichte von Pierre Reverdy in Übersetzung von Johannes Beilharz sind hier zu finden.
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