Vier kurze Gedichte
Joseph Campbell
1. Dunkelheit
Dunkelheit.
Ich halte inne, um einen Stern in der Jauchegrube leuchten zu sehen –
Kein Stern mehr, sondern ein silbernes Band aus Licht.
Ich schaue es an und gehe weiter.
2. Auf dem Deckstein
Auf dem Deckstein.
Ein beißender Wind weht.
Die Winterdämmerung drängt von der südlichen Ards-Halbinsel herein.
Der Mond, weiß und fantastisch, steigt auf über dem See und der Stadt da unten.
Ich nehme den Hut ab zum Gruß und steige hinab in die Dunkelheit.
3. Nacht, und ich unterwegs
Nacht, und ich unterwegs.
Ein offene Tür am Straßenrand
Wirft einen Strahl gelben warmen Lichts heraus.
Ein Hauch von Torfrauch;
Ein Schimmer von Eisenstein auf der Kommode im Haus;
Die Stimme einer Frau sanft singend, wie für ein Kind.
Ich gehe weiter in die Dunkelheit.
4. Die Weiße der Dämmerung
Die Weiße der Dämmerung.
Eine schiefergraue Wolke liegt schwer darauf.
Der Mond, wie ein Gejagter, fällt in die Wolke hinein.
Aus dem Englischen übersetzt von Johannes Beilharz.Die Vorlagen stammen aus: Joseph Campbell, The Mountainy Singer, Dublin 1909.
Joseph Campbell (1879-1944) war ein irischer Dichter, der sowohl auf Englisch als auch Gälisch schrieb (gälische Veröffentlichungen unter dem Namen Seosamh MacCathmhaoil). Campbell schrieb nur wenige Gedichte, die sich durch freien Vers und einen stark verkürzten und vereinfachten Stil auszeichnen. Bei ihm gibt es keine Rhetorik, keine emotionalen Ergüsse – was diese Gedichte jedoch zeigen, ist die Herausbildung einer eindeutig modernen Richtung in der Lyrik, die die überschwänglichen Exzesse der schlimmsten viktorianischen Dichtung verwirft. Diese gegen Ende der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts geschriebenen Gedichte zählen mit zu den ersten in englischer Sprache, die als wirklich modern bezeichnet werden können.
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