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Desintegration. Ein Denk- (und Schreib-)Labor

Hamburg
Redaktion: 

Live dabei - ULF unabhängige Lesereihen Festival in Nürnberg zur Veranstaltung Desintegration. Ein Denk- (und Schreib-)Labor

Sonntag, 15.09.2019 -  14.00 – 17.00 Uhr | Workshopraum

Es kommentieren: Bettina Wilpert, Victor Kümel & Litradio ( Nicole Collignon)

Workshop mit Max Czollek

Der Workshop wendet sich an alle Schreibenden und Interessierten. Als Ausgangspunkt denken wir darüber nach, auf welche Weise sich künstlerische Arbeit und gesellschaftliche Prägung überschneiden. Der praktische Teil widmet sich Assoziationen, die wir zu bestimmten Themenfeldern verinnerlicht haben und miteinander teilen. Eine gezielte Desintegration aus diesem kollektiven Sprachraum ist eine mögliche Strategie, um zu einer eigenen (literarischen) Sprache zu gelangen. Dabei geht es immer auch darum, mehr Fragen aufzuwerfen als zu beantworten – für die Kursleitung wie für die Teilnehmenden: Wie schränken die Urteile anderer einen beim Schreiben und Handeln ein? Inwiefern geht es uns dabei um Anerkennung durch andere? Was müssen wir verlernen, um uns davon zu lösen? Wie können wir Gruppen und Räume schaffen, in denen wir das gemeinsam tun können?

desintegriert euch

seid live dabei. ULF und Fixpoetry berichten. Lest mit, schreibt mit, redet mit, sagt es weiter ... positioniert Euch!

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Rund oder lang und eckig?

Bettina Wilpert, Foto: Sabrina Richmann

Vorstellungsrunde: die meisten im Workshop schreiben selbst, alles dabei: Lyrik, Prosa, Theater, Performanz, wissenschaftliche Texte

Form und  Sprechweisen: wie sagt eine Person etwas?

Einstieg des Workshops: Welche fünf Begriffe assoziieren wir mit Nürnberg?

Schreibaufgabe: 15 Minuten: Weg von unseren ersten Assoiziationen gehen, unsere ersten Assoziationen immer wieder verwerfen.

 

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Spielen wir gemeinsam auf ausgeschnittenen Papierkreisen

Nicole Collignon

Warum stehen hier Eier?

Sonst auf dem Tisch: Ein grüner Zierkürbis, eine halbgebissene Gurke, ein halber Kuchen (vegan und von gestern) das auf dem Tisch im Hinterhof, zwischen den zwei Bäumen, um den 15 Menschen sitzen,SchreiberInnen, Performancekünstlerinnen, Biologinnen, Tanzchoreografinnen. 

 

Übungen: 

-Alle schreiben auf ein Blatt (die kreisförmigen!) zu einem Wort; Nürnberg

5 Begriffe, die dazu einfallen:Burg

Sonnenlicht

Blau

Grellumrissen 

Bahnhof

Fremde Assoziationen:
Bratwurst
Nürnberger Prozesse
 

Auf dem Tisch liegen wiederholte Themen und Begriffe, auf die alle zurückgreifen könn(t)en. 

Und nun: Den ersten Impuls unterdrücken, nicht das erste Wort, nicht die erste Assoziation nehmen, eine 15 Minuten Schreibübung: Gegenstände beschreiben ohne den Begriff zu nennen, der sie in unserer Gesellschaft benennt - macht freier, das zu beschreiben, was man wirklich wahrnimmt (so gilt das zumindest für mich)

 

Wer nennt sich AutorIn?

Bin ich Autorin? wer entscheidet, wenn nicht ich? (Identitätsbegriff oder Rolle in Gesellschaft - deckt sich das?)

Ich schreibe - Von einer Tätigkeit zu einer Identität. 
Ab der Publikation, ab der ersten Lesung, andere Rezeption durch das Gegenüber, wird man zur Projektionsfläche?

Ab dem Abschluss sich Titel zuschreiben. KLarer Weg (zb. Abschluss, Studium, und hauptzeitlicher Beruf)

Subkultur des Schreibens - Prosanova und andere Literaturfestivals, Zugehörigkeit zu einer Szene

Will ich dadurch Abgrenzung oder Zugehörigkeit signalisieren, das ich mich der Gruppe 'Autorin' zuordne?

Ich bin Lyriker - wo bist du publiziert, kennt man dich, was schreibst du für Lyrik, verdienst du damit etwas?
Wie wird man denn Lyriker?
mein eigenes Gefühl: viel Unwissen über Lyrik,(bei mir jedenfalls), ich würde gerne mehr Lyrik schreiben, kenne allerdings keine Kriterien für Lyrik. 
Räume die Modi und Moden erzeugen( zb. Schreibschulen, Kollektive als Wertungsinstanzen): trotzdem: Bei gemeinsamen Textwerkstätten - man sieht dann mit acht, zehn oder zwölf Augen anstatt mit zweien. 
(Unterbrechung: ein hellbeiger Hund mit Bernsteinaugen ist vorbeigelaufen)

was noch kommen  könnte:

Thema:

-intervention,  in Gang setzten von Diskursen durch Lyrik, gesellschaftliche Prozesse mitformen
-Was gesagt wird und wie es gesagt wird - gleichberechtigte Kategorien der Bewertung von Text und Sprechachten

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Julietta,
wie schwer es ist, wenn die szene über die szene schreibt, hat man gut gesehen in den anderen 3 live schaltungen zu einzelnen veranstaltungen. meist ist es ein drehen um sich selbst, vielleicht dadurch motiviert, niemandem auf die füße zu treten. und doch schreiben einige lyriker*innen über die lyrik von lyriker*innen, sicher auch an mangel von öffentlichkeit durch die feuilletons.

Tanz- und Brotbein

Nicole Collignon

Was erwarten die Leute eigentlich und was biete ich ihnen an?
Junge Lyrik mit Performancekunst zusammengedacht - heute nicht ohneeinander zu 'verkaufen' bei Festivals.

Abhängigkeit von Erwartungen des Betriebs (wenn Brotbein = Lyrikbein) - wenn man kein zusätzlichen Erwerb hat - sonst kann man das Tanz/Lyrikbein freier schwingen!

Thematische Erwartungen -> beeinflussen die Interpretationen. Was real passiert und wie es rezipiert wird geht auseinander. Rezensionen beeinflussen Lesart. 'Mädchenlyrik', 'weiß nicht, ob ich das kritisieren darf, ist ja von einem Juden'
->Eingang in das literarische Feld schwer. Zuschreibungen von Rollen durch Andere. 

Szene hat andere Dynamik als der Betrieb - Anerkennung durch andere AutorInnen/LyrikerInnen, oder durch Betrieb - deckt sich nicht immer.

Zuschreibungen sind bewusst verwendbar - dazu konkrete Strategien verwendbar. (freut euch darauf, jetzt ist zehn Minuten Pause, danach geht es an die Substanz!)

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Zahn

Nicole Collignon

Wie wir verzahnt sind in unserer Kultur und den Räumen, in denen wir uns bewegen und wie wir uns anpassen, um Anerkennung zu bekommen  beeinlusst und formt unser Schreiben. 

Anerkenung- das du reinpasst, eine bestimmte Rolle erfüllst, 

alternative Anerkennungsorte?

Freu mich auf deine Sicht, Bettina!

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Der Tannenzapfen ist eine Hantel für Einsteiger

Bettina Wilpert, Foto: Sabrina Richmann

Desintegration heißt alternative Anerkennungsräume zu schaffen.

Anerkennungsräume geben dir die Sicherheit, dass du gut bist oder dir wird bestätigt, dass du bestimmte Bedürfnisse erfüllst.

auf bestimmte Angebote nicht eingehen, weil man diese Rolle nicht erfüllen möchte

Beispiel für alternative Anerkennungsräume: Adi Keissar: ars poetica: Lesebühne in Israel, die Bauchtanz und Lesung und Musik verbindet, wurde damit extrem erfolgreich und schaffte es darüber in den Mainstream. Sie hat sich einen Weg in den Betrieb erarbeitet, die vorbeiging an den gewöhnlichen Anerkennungsstrategien

Welche Strategien gibt es, um mit den Erwartungen umzugehen?Die Erwartungen zu umgehen?Der

Selbstpublikation als Strategie, schlechtes Bild der Selbstpublikation in der Deutschland

Welche alternativen Annerkennungsräume gibt es:

- Open Mikes

-chapbooks, zines selbst machen

-Parasitenpresse, hochroth Verlag

Welche Position nimmt das ulf-Festival in gegenseitiger Anerkennung an?

Was ist der Unterschied zwischen Literaturbetrieb und Literaturszene?

Alternative Anerkennung setzt andere Räume voraus. Welche alternativen Räume haben wir? Und was erlauben diesen Räume?

Schreibübung: Rumgehen und Objekte angucken und schauen, was sie noch sind außer diese Objekte. Beispiel: Steckdose auch Schwein. Liste von möglichen Verschiebungen erstellen. Objekt benennen und dann sagen, was es sein könnte.

Aus der Werkstatt:

Der Tannenzapfen ist ein Schwanz mit Schnuppenflechte, ist die Visualisierung eines Kometenscheifs, ein eingeklappter Igel, ist eine Baumträne, ist Q-Tip für großgeratene Ohren, ist ein Hochsicherheitsgefängnis, eine Hantel für Einsteiger,

Die Tischtennisplatte ist ein Modell der mexikanischen Grenze.

Das Holz mit Löchern ist ein Insektenhotel. Das Insektenhotel ist eine Utopie.

Abschluss: Rückkehr des politischen Schreibens, in der Lyrik Skepsis dem Gegenüber.
Das Politische nicht nach dem Inhalt definieren, sondern nach den Strukturen. Wie müssen die Strukturen verändert werden, füe eine Lyrik, die sich dessen bewusst ist, dass sie in einer Gesellschaft passiert?

Zitat nach Godard: Es geht nicht darum, politische Filme zu machen, sondern politisch Filme zu machen.

 

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