Waldundwiesen-Kriminal-Erzählungen Teil 4/30

Prosa

Autor:
Mechthild Curtius
 

Prosa

Mooreiche Moorleiche

Regenbogenfarben, im Dämmerlicht, Schimmelschichten versunkener Wälder, Fruchtholz, Wallnussbaumholz, und >in nuce< der harte dunkele kostbare Kern, Kirschbaum, Ahorn, Ulme, weiß Ahorn, schwarz Mooreiche – da sehe ich vor mir Moorleiche, hart durch Tausendjahrwasser an Land auf dem Trocknen dürre gedorrt. Eingeweide aus stinkendem Organ zu duftender Augenweide, Bäume gefallen im Sturm, tief in den Moormatsch, aus Milliarden von Keimen Bakterien Würmer winden sich weißlich, Maden schmatzend zu genießen. Eiweiß, andere Länder und Sitten, mir ist der Modderkäfer lieber, schwarz grünschillernd was alles im Mulch krabbbelt kriecht, krakelt, tentakelt. Fühler, Augenknopf, Chitinpanzer, Käferkopf. Sehen und fühlen die Blinden das Holz und den Duft riechen sie in betäubender Wucht. Dumpfes Echo tertiärer Wälder in tiefen Schichten.

MoorLeiche
WortKlangtaube, vor Überreizung zu Boden, reglos, wo Bewegen keinen Segen mehr bringt, nicht gelingt, Haut kalt, zittern, aufrichten, hinfallen, rufen, kein Ton kann kommen. Lallhall  RaumHall, HolzResonanz,  Klänge, Holzgeduft und Waldgesänge. Rapple mich auf, wanke hinaus aus dem Morgenhaus, Berg ab, Weg hinauf, rieseln von Bachrinnsalen, Mühle radlos, Stuckputto armlos, Engels Steinstirn hat grüne Mütze aus Moos auf dem Kopf, schief über Steinlocken gezogen, und er lacht, der Tropf, sieht so aus, weil Wind und Wetter dem Engelsgesicht Scharten in die steinernen Mundwinkel nagten.

Am anderen Ende des Baumganges bergauf steht der zweite Steinengel, Mundwinkel zernagt, dass die Lippe wie heulend nach unten ragt.
Lach-Engel und Weine-Bengel ragen zwischen Stengeln der alten Hainbuchen und der riesigen Eiben. Draußen bleiben, sehen und suchen, hochragende und einzelnstehende breitausladende Buchen, Rotbuchen, Blutbuchen, Goethes Gingko Biloba,  Zirbelwirbeln, zum Innern der kostbaren Hölzer in zehn Schlosszimmern das Außen der Bäume, Träume von inneren Schönheiten der Maserungen außen in Aststruktur, Rinde, Astgewinde, uralte Baumherren, Strauchmädchen, Alleen, wo Kinder Kastanien suchten. Überall rieselt und rinnt es von Restwasserkünsten, winziger Wasserfall, Eisstalaktiten, WildWasser-Stalagniten erstarrten halbtauende Zapfen, porös ist Eis schillernd blau grün silbergrau Eisplatte, die ein Kind rückt mit dem blauen Handschuh.  Dem Steinkopf drüber ist das Rinnsal erstarrt,  Wasser sabbert der, kuck mal her, Mutter.  Lacht das Kind und streckt den blauen Handschuh hinauf.
 
Efeu über und Jelängerjelieber Waldreben zwischen Hecken und Bäumen, ein verwilderter Wald setzt den Park fort, ich lege Finger in handbreite tiefe Borkenrisse, LianenZopf um Knorrenkopf, Astkrümmungen der Kopfweide am Rauschenbach machen einen Erlkönig: AstAugen SpaltenMund und kurzer Ast lange Nase. Punkt Komma Strich Mondgesicht. Hier wo die Füchse keinem Hasen mehr guten Tag sagen, haben sie längst aufgefressen. Höchstens dass ein Hase mit dem Igel Wettlaufen macht, ick bin all hier. Sagen Füchs Gutnacht. Guten Morgen. Guten Tag, HasenHerzMensch und TigerStirnTier.
Das gilt dir. Das gilt ihm. Das gilt ihr. Das gilt mir.
Außen Baum, rindenschön. Wurzeltraum.
Stolz auf Holz.


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