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Interview
Ein gemeinsamer Körper, der in zwei Hälften zerfiel – Liebesgedichte von Michael Basse
A. S.: Mir ist aufgefallen, dass am Anfang Deines Bandes eher kurze Gedichte stehen, die auf intimere Details zielen, so ab der Mitte werden sie dann länger und die Optik weitet sich, d. h. die Protagonisten werden in ihrem gesellschaftlichen Umfeld gezeigt – wie sie arbeiten, reisen, grundsätzlich alles in Frage stellen, um schließlich erschöpft in der Oper zu landen. Doch ein Bereich – das Erotische – wird fast ganz ausgeklammert ...
In der Tat wollte ich keine erotischen Gedichte schreiben. Ich habe seit den frühen 80er Jahren eine ganze Reihe Lyrikerinnen erlebt, erklärt avancierte feministische Lyrikerinnen, die entweder offensiv ihren weiblichen Lustanspruch geltend machen oder poststrukturalistisch die männliche Sprache dekonstruieren und an ihre Stelle eine weiblich codierte Sprache setzen wollten. Bis auf wenige Ausnahmen – wie z. B. Barbara Köhler – sind die meisten von ihnen in dieselbe Voyeurismusfalle getappt, wie ihre männlichen Vorgänger. Auch sie 'bedienten' mit ihren lyrischen Schnappschüssen nur bestimmte Zielgruppen in ihren jeweiligen Erwartungen. Das wollte ich nicht. Körperliche Details finden sich ja auch bei mir ziemlich viele, aber eben kein Blick ins Schlafzimmer. Im Übrigen gilt: über Körperexzesse zu schreiben ist dumm. Über Körperexzesse jeder (Ab-)Art wird in Talkshows geredet. Liebesgedichte hingegen handeln seit jeher von jenem einen Körper, der einst in zwei Hälften zerfallen ist. Und gerade im Liebesgedicht versucht die eine Hälfte nun nicht, sich von der anderen abzugrenzen, sondern wieder mit ihr zusammenzukommen.
A. S.: Danke für die klaren Auskünfte.
In der Tat wollte ich keine erotischen Gedichte schreiben. Ich habe seit den frühen 80er Jahren eine ganze Reihe Lyrikerinnen erlebt, erklärt avancierte feministische Lyrikerinnen, die entweder offensiv ihren weiblichen Lustanspruch geltend machen oder poststrukturalistisch die männliche Sprache dekonstruieren und an ihre Stelle eine weiblich codierte Sprache setzen wollten. Bis auf wenige Ausnahmen – wie z. B. Barbara Köhler – sind die meisten von ihnen in dieselbe Voyeurismusfalle getappt, wie ihre männlichen Vorgänger. Auch sie 'bedienten' mit ihren lyrischen Schnappschüssen nur bestimmte Zielgruppen in ihren jeweiligen Erwartungen. Das wollte ich nicht. Körperliche Details finden sich ja auch bei mir ziemlich viele, aber eben kein Blick ins Schlafzimmer. Im Übrigen gilt: über Körperexzesse zu schreiben ist dumm. Über Körperexzesse jeder (Ab-)Art wird in Talkshows geredet. Liebesgedichte hingegen handeln seit jeher von jenem einen Körper, der einst in zwei Hälften zerfallen ist. Und gerade im Liebesgedicht versucht die eine Hälfte nun nicht, sich von der anderen abzugrenzen, sondern wieder mit ihr zusammenzukommen.
A. S.: Danke für die klaren Auskünfte.
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