„Brav, Adolf. Brav.”
Franzobels Literatur ist auf den ersten Blick der kürzeste Weg von konkreter Poesie und Wiener Gruppe zum Banalen, wobei dieses aber genuin literarisch sein kann: Die Banalität des Lebensvollzugs fordere es und seine ästhetische Forcierung, so einst Schmidt-Dengler, denn das „Banale ist nicht banal genug, um die Banalität dessen, was auszusagen ist, auch auszusagen.” So schreibt sich Franzobel vom (Meta-)Porno über Kalauer (etwa den Schüttelreim, wonach die noch Alkoholisierten, im Wienerisch „Restfetten”, nur noch das „Fest retten” könne) zu einem CSI in Wien, das aus einem Augapfel im Klo messerscharf schließt, daß „Klobenützung” nun leider „völlig ausgeschlossen” sei.
Konstruiert und dekonstruiert wird hier, daß Tode Todic, der aber „bei den Söhnen der christlichen Liebe” sei, mit dem Mord zu tun haben könne, vermischt Kriminalistik und Heuristiken, die ins Okkulte gehen. Und medientheoretisch fast zwingend ist der Kriminalroman bald ein Romankrimi, mit involvierten Verlegern. Dabei kriegen auch die einander mit Lederhosenträger ermordenden Lederhosenträger noch ihr Fett ab, also die Regionalkrimis, Kalauer als eben das, was das Banale nicht ist, sondern zeigt, verdichtet. Immer mehr. Der Hund Adolf ist Stereotyp und Wahrheit, die sich aneinander abarbeiten, wie auch die Frage, die in einem bundesdeutschen Krimi nicht zu vermuten ist: „Warum schlagen Sie mich mit einem Schnitzelklopfer?” Höflich, mit Lokalkolorit, doch die Frage läßt ahnen, daß Gewalt in diesem Setting nicht bloß latent ist.
Das ist das gesponnene Netz der Eben-nicht-nur-Kalauer Franzobels, die vielmehr in seinen mikrologischen Banalitäten diese durchdringt, bis die Aussage nicht mehr nur lächerlich ist, daß uns „Vollhorsteln” regieren, bis zu Obama, „sogar der […] eine Niederlage”. In diesem Krimi bleibt nichts heil, so scheint es (bis auf einen fetten Kater, fett in ein Fell inkarnierte Ataraxie); nein, in der Welt war nie etwas heil. Mit Franzobel kann man’s so unterhaltsam lernen, wie man dies lernen kann.
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