Zither-/Zitterpartie · Der dritte Mann · neu illustriert
Graham Greenes Der dritte Mann ist ein Buch – und noch mehr: ein Film, zu dem der Roman nur „Rohmaterial” sein sollte, wie der Autor notierte –, worum sich Legenden ranken, außerdem sind Text und Film geeignet, zu erklären, wie Österreich wurde, was es aber vielleicht schon immer war, ... wie das mit Erklärungen und Österreich eben so ist. Eine „Moira der Lässigkeit” waltet hier, das wußte schon Adorno, dem Lotte Tobisch wiederum nachsagte, er wäre gerne auf den Wiener Opernball gegangen und hätte ihn, hätte er’s getan, auch gemocht. Der Stadt Wien bedurfte es auch, um den Film zu beleben – Anton Karas’ Zitherspiel als etwas, das er nicht „vorausahnen” hätte „können”, streicht Greene selbst hervor.
Der dritte Mann, Büchergilde, Illustration Annika Siems
Die Geschichte ist bekannt: Es geht um illegalen Penicillin Handel im juristisch-moralischen Vakuum, für das jedenfalls die Kriminellen die Stadt nach dem Krieg halten. Dorthin lädt Harry Lime seinen Jugendfreund Holly Martins, Verfasser von Schundliteratur, der das Geld gut gebrauchen könnte, das ihm in Aussicht gestellt wird. Bald droht er aber Teil eines verbrecherischen Netzwerks zu werden, derweil Harry Lime schon tot ist, als Martins ankommt, jedenfalls glauben das alle. Daß nicht Lime im Sarg liegt, zeichnet sich bald ab, dann gibt es die Klimax, das Zusammentreffen des doch quicklebendigen Schiebers mit dem Autor, wobei die Bedeutungslosigkeit einzelner Menschen vom Verbrecher wortreich dargelegt wird, bis schließlich nach weiteren Verwicklungen und so etwas wie einer Liebesgeschichte Harry Lime in die Kanalisation flieht, durch sie gejagt wird, Szenen, die berühmt sind, und erschossen wird. Schlußeinstellung: Harry Limes Beerdigung auf dem Wiener Zentralfriedhof, der bekanntlich halb so groß und doppelt so lustig wie Zürich ist.
Nun sagt Greene selbst wie erwähnt, daß der Roman keiner sei, den man hier liest. Dafür liest er sich aber sehr gut, und nicht nur dafür. Das liegt hier auch an der recht gelungenen Übersetzung. Und Übersetzung ist auch, was die Illustratorin Annika Siems leistet, die naheliegenderweise nicht näher am Film ist, als nötig, sondern sozusagen ihren eigenen Film vor Augen hat, Stimmungen einfängt, und zwar sehr fein. Am Ende „sind wir eigentlich alle arm dran”, so Greene, aber daß es solche Texte und solche Illustrationen über dieses Elend gibt, das tröstet allemal..!
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