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Komm! Ins Offene haus für poesie
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Kritik

Heilige Sprache als Fremdsprache

Derrida ist unter uns
Hamburg

Vor nunmehr zehn Jahren starb mit Jacques Derrida einer der produktivsten Unruhestifter in der Geschichte der Philosophie. Diese Irritation geht auch aus den nachgelassenen Schriften hervor, wobei einer, der stets unter dieser Möglichkeit dachte (»As if I were Dead« erschien 1995...), ja nun gleichsam unsterblich sein muß, oder wenigstens: ein Phantom.1

Die Augen der Sprache ist keine Ausnahme: Erleidet man nicht durch Klarsicht einen bestimmten Tod, sprachlich, einen Metaphernsuizid, also eben nicht durch jene Blindheit, die furchterregender sein mag? Der Abgrund aber ist der des Namens (oder „Datums”, siehe Derridas Schibboleth-Text): das Einmalige, das sich einschreibt, um als Absenz oder Spur in Gang zu setzen, was es – immerhin nur – verfehlt. So ist die „heilige Sprache als Fremdsprache” zu denken, was in mehrerlei Hinsicht gilt. Sie ist eine Oberfläche: „Oberfläche zu produzieren”, um jene Absenz lesbar zu machen, wobei es keine „rein interne Lektüre” gibt, also das Heilige uns einschlösse, als jene, die lesend das Verfehlen vermerken, als Treue unsererseits wie des nur verfehlenden Textes (seiner „esoterischen Apokalyptik”).

Wenn aber der Text treu ist, ist er dann eine Person (– Gott?), ist er intentional? Ist Schrift als solche intentional, gibt es neben der intentio operis also eine intentio scripturae?2 Ist seine Macht jene der Dekonstruktion, die Macht als solche also suspendiert, Omnipotenz einer Ohnmacht? Ist dies der Grund, warum eine gemachte Sprache wie Esperanto, in der diese Ohnmacht fehlt, insgesamt nur mit einem „dämonischen Mut” gebraucht werden kann?

So reißt Derrida uns heute noch aus dem Schlaf – und der Präsenz Löcher, durch die zu blicken Metaphernsuizid ist. Ist der Tod hier nicht das Leben..? Derrida bleibt in diesem und manch anderem Sinne unter uns; lesenswert..!

Jacques Derrida · Peter Engelmann (Hg.)
Die Augen der Sprache
Abgrund und Vulkan
Übersetzt von Esther von der Osten
Passagen
2014 · 96 Seiten · 11,90 Euro
ISBN:
9783709201350

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