Lesart
Stephen Dunn* 1894† 1980

The party to which you are not invited

You walk, your clothes dark
and strangely appropriate, an arrogance
about you as if you had a ramrod
for a spine. You feel posture-perfect.

When you speak, women move away.
You smile, and men see tombstones.
They think they know who you are,
that they could throw you out

as they could one man. But today you are
every man who has been omitted
from any list: how quickly they see
they would have no chance.

You pour yourself a drink,
as if ready to become one of them.
Under your skin, nerve endings, loose
wires, almost perceivable. Something

somewhere is burning. You tell them
you've dreamed of moments like this,
to be in their lovely house,
to have everyone's attention. You ask

of the children, are they napping?
You extend your hand to the host,
who won't take it,reminds you
you were not invited, never will be.

You have things in your pockets
for everybody. House gifts.
Soon you'll give them out.
If only they could understand

how you could be ruined
by kindness, how much
you could love them
if they knew how to stop you.

No way out

Ich las dieses Gedicht in der August Ausgabe des New Yorkers.

Es behandelt die höchst vertrackte Seelenlage eines Menschen, der um jeden Preis dazugehören möchte.
Auf die Party, die das Geschehen grundiert, ist er nicht eingeladen. Jemanden wie ihn lädt man nicht ein. Folglich muss er seine Unwürdigkeit durch überangepasstes Verhalten und vorauseilenden Gehorsam überspielen. Und siehe da, es gelingt ihm mühelos.
Was der Leser als eine nicht enden wollende Abfolge peinlichster Selbsterniedrigungen empfindet, erweist sich - im Grunde wenig verwunderlich  -  als DIE  Erfolgsstrategie schlechthin.

Sobald der Protagonist  seine kleinen Gastgeschenke verteilt haben wird, wird er den Gastgeber und die anderen Gäste durch seine liebenswürdige Unterwürfigkeit soweit in die Enge getrieben haben, dass sie nicht mehr zurück können. Sie werden sich bedanken und ihn freundschaftlich in ihren Kreis aufnehmen müssen, was ihnen nicht einmal schwer fallen wird, hat er ihnen doch durch sein Verhalten klar und deutlich signalisiert, dass er ihre Spielregeln begriffen und anerkannt hat.

Am Ende des Abends wird er als Mensch vernichtet sein, aber er wird dazu gehören. Sich selbst verachtend und selbstredend all jene, die ihn, den Verächtlichen, a posteriori autorisieren, an ihrer Party teilzunehmen.
Welcome to the club.

Man kann es nicht anders sagen: Die Botschaft dieses meiner Meinung nach literarisch sehr gelungenen Gedichtes ist menschlich gesehen alles andere als erbaulich.

Die Party, zu der du nicht eingeladen bist

Du kommst herein, in dunkler,
tadelloser Kleidung, eine Arroganz
am Leibe, als hättest Du einen Besenstiel
verschluckt. Du bist dir deiner untadeligen Haltung bewusst.

Wenn du sprichst, wenden sich die Frauen ab.
Du lächelst, und die Männer erblicken Grabsteine.
Sie glauben zu wissen, wer du bist,
und dass sie dich rausschmeißen könnten

wenn sie nur wollten. Doch du stehst heute
für alle, die von allen Listen gestrichen wurden:
wie schnell sie begreifen,
dass sie keine Chance haben würden.

Du machst dir einen Drink,
als seiest du bereit, einer von ihnen zu werden.
Unter deiner Haut, Nervenenden, lose
Drähte, unmerklich spürbar.Irgendetwas

brennt irgendwo.Du erklärst ihnen,
dass du von solchen Augenblicken geträumt hast,
davon, in ihre reizenden Häuser gebeten zu werden
und jedermanns Aufmerksamkeit zu genießen. Du fragst

nach den Kindern, schlafen sie schon?
Du strecktst dem Gastgeber deine Hand entgegen,
die dieser allerdings nicht ergreifen wird, was dich unmittelbar daran erinnert,
dass du nicht eingeladen warst und es niemals sein wirst.

In deinen Taschen hast du Kleinigkeiten
für jederman, Gastgeschenke.
Bald wirst du anfangen, sie zu verteilen.
Wenn sie doch nur begreifen würden,

wie sie dich durch ihre Freundlichkeit
vernichten könnten,
wie sehr du bereit wärst, sie zu lieben,
wenn sie nur fähig wären, dir Einhalt zu gebieten.

Aus dem amerikanischen Englisch von Stefanie Golisch

Quelle Foto: stephendunnpoet.com

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