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Gedichte
Köhlmeiers erster Gedichtband
14.03.2013 | Hamburg
Der österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier ist einer, der schon immer verschiedene literarische Gattungen bedient hat. Er schrieb nicht nur jene mehrere einhundert Seiten dicken Romane wie „Abendland“ oder, ganz aktuell bei Hanser, „Die Abenteuer des Joe Spazierer“. Er verfasste auch Hörspiele, Novellen, Theaterstücke und Drehbücher und legte vor kurzem mit 63 Jahren seinen ersten Gedichtband vor. „Der Liebhaber bald nach dem Frühstück“ erschien Ende 2012 in der Edition Lyrik Kabinett ebenfalls bei Hanser.
Monumental sind diese Gedichte nicht. Befasst sich der Autor sonst mit Mythen oder den abenteuerlichen Geschichten kosmopolitischer Weltbürger, bietet er uns mit seiner Lyrik einen neugierigen und ruhigen Blick auf die Gegenwart und die kleinen Momente. Köhlmeier schreibt Alltagsgedichte und versucht darin, merkwürdige Begegnungen oder einfache, alltägliche Situationen poetisch zu fassen. Das machen schon die Gedichttitel deutlich, beispielsweise ein „Portrait am späten Nachmittag“, „Früher Morgen“ oder „Es war Ende März“. Den Blick auf eine Situation weitet er jedoch in die Ferne, bleibt im Alltag und gleichzeitig schwebt er mit dem „Kopf in den Wolken“, nimmt auch Worte wie Erlösung, Metapher oder Gerechtigkeit in den Mund. Viele Texte lassen den Prosaautor erkennen, die Gedichte sind meistens erzählend. Manchmal könnten sie auch gut Skizzen zu längeren Prosatexten sein. Jemand hält an, um zu tanken, dann werden Zigaretten geholt, einer lauscht „dem Hupen und den Glocken und der Eifersucht“. Oder zwei sitzen im Flugzeug nebeneinander, „er schlief ein, und sie sah ihm zu.“ Einiges wirkt wie schnell hingeschrieben, leichte und schöne Pinselstriche auf Papier, dem ein oder anderen Leser wird es angenehm im Nacken kribbeln: „Er lag im Schein der Laterne, seine Augen // waren auf sie gerichtet; // ihre Silhouette könnte die erste Figur eines Traums sein.“
Jene sanften, poetischen Stellen bleiben im Ohr. Köhlmeiers Gedichte sind angenehm leise und schlicht. Den gesamten Band betrachtend, bleibt unterm Strich dann aber doch zu wenig hängen. Die Bilder sind einfach nicht stark genug, alles in allem sind die Texte nur ‚ganz nett’. Eine besondere Auszeichnung ist das nicht. Auch die ab und an eingestreuten Weisheiten wie zum Beispiel „und weiß vom Leben nur, // dass sie sterben muss“ hauen niemanden vom Hocker. Die eingesetzten Mittel, wie etwa Sonettformen oder gut gefeilte Zeilenumbrüche, sind zwar sicher verwendet, dennoch wirkt der Band im Ganzen wie das Werk eines Prosaautors, der nun auch ein paar Gedichte beistreut.
Exklusivbeitrag
Michael Köhlmeier, Der Liebhaber bald nach dem Frühstück, Hardcover, 90 Seiten, 14,90Euro, ISBN: 978-3-446-23982-1, Carl Hanser Verlag München 2012
Peggy Neidel hat zuletzt über »Tuvia Tenenbom, Allein unter Deutschen« auf Fixpoetry geschrieben.