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Gedichte
Die Rückkehr der Körper in die Gedichte. Ricardo Domenecks »Körper: ein Handbuch»
„Nichts womöglich.
Man glüht nicht
von fremden Fieber
man lernt nur
vom Messer und Feuer
an der eigenen Haut
nicht beim Betrachten
der Narben auf Fotos
von Vorfahren...“
Nicht die Notiz, dass Hunderte Menschen unter der brasilianischen Militärdiktatur (1964 1985) verschwunden sind, ohne dass ihre Körper jemals wieder aufgetaucht wären, berührt nachhaltig, sondern das einzelne Schicksal, das „vielleicht“, das einer Ìsis stellvertretend für all die anderen, verwehrt wurde.
Politik, Dichtung, Körper, darum geht es in Domenecks Gedichten und immer wieder um die Liebe, im „Text, in dem der Dichter den Liebhaber feiert, der fünfundzwanzig wird“, aber auch im „Wiegenlied für einen tauben Liebhaber“, das durch seine Lautmalerei besticht.
Illustration: Annemarie Otten
Wenigstens ein, zwei Sätze sind noch zu den gelungenen Illustrationen von Annemarie Otten zu sagen, die ebenso körperbetont sind wie die Gedichte. Eine Zeichnung zeigt z.B. eine Frauengestalt, die einen Sarg gebiert, auf einer anderen sieht man einen rührend kindkleinen Mann, der auf einem Bügelbrett kauert. Nicht zuletzt dank dieser Illustrationen und der kongenialen Übersetzung Odile Kennels, klingt der Titel: „Körper: Ein Handbuch“, nach dem Lesen durchaus poetisch. Weil es diese Trennung schließlich nicht gibt, zwischen dem Körper und der Poesie.
Exklusivbeitrag
Ricardo Domeneck: Körper: Ein Handbuch. Gedichte deutsch portugiesisch. Übersetzungen von Odile Kennel.
ISBN 978 3 940249 66 1 / 16,90 Euro. Verlagshaus J. Frank Berlin 2013.
Elke Engelhardt hat zuletzt über »Südbalkon» von Isabella Straub auf Fixpoetry geschrieben.