Das Schweigen der Deutschen
Er tut das zu einem Zeitpunkt, der sensibler nicht sein könnte: Nicht nur droht ein Krieg zwischen Israel und dem Iran, auch eine Dritte Intifada könnte jeden Moment ausbrechen und zu weiterem Leid in der Region führen. »Weil gesagt werden muss, was schon morgen zu spät sein könnte«, erklärt der Schriftsteller er sei der Heuchelei des Westens überdrüssig und wolle am Verbrechen eines neuen Krieges nicht mitschuldig werden. Er wolle sein Schweigen nun brechen, sagt er, und drückt die Hoffnung aus, dass »sich viele vom Schweigen befreien« mögen.
Die öffentlichen Reaktionen waren erwartungsgemäß heftig: Das sei ein »aggressives Pamphlet der Agitation«, erklärte Dieter Graumann, Vorsitzender des Zentralrats der Juden. Israels Gesandter in Berlin, Emmanuel Nahshon, sagte, es gehöre zur europäischen Tradition, »die Juden vor dem Pessach-Fest des Ritualmords anzuklagen«, und der Publizist Henryk Broder behauptete gar, »Damals war er ein SS-Mann, heute schreibt er wie einer.« Freilich gab es auch Proteste von nicht-jüdischer Seite, die in der Presse jedoch weniger Niederschlag fanden. Die Aufregung über Grass' Gedicht, das keines ist, reißt jedenfalls nicht ab.
Die schweigende Mehrheit applaudiert
Die traurige Wahrheit ist, dass die schweigende Mehrheit dem Nobelpreisträger vermutlich applaudiert: Endlich hat sich mal jemand getraut, es zu sagen ohne Angst zu haben, sofort als Antisemit bezeichnet zu werden! Da ist es wieder, das Thilo Sarrazin-Syndrom: mit populistischen Aussagen spalten und Konflikte anheizen. Und dazu noch mit weinerlichem Gestus im Sinne von »ich weiß, dass ihr mich strafen werdet, aber ich sag's trotzdem!« Der Nahe Osten dient hier als Projektionsfläche erster Güte: Gleichgültig, wie wenig die Menschen über den Konflikt wissen oder verstehen, geschweige denn persönliche Erfahrungen dort gesammelt haben, fast alle haben eine Meinung. Und die wird meist prompt und unreflektiert geäußert. Dabei teilt sich die Welt der Mitmischer säuberlich auf in jene, die entweder nur die Israelis oder in jene, die ausschließlich die Palästinenser unterstützen. Höchst selten finden sich Diskutanten, die sich für das Recht beider Seiten, in Freiheit und Sicherheit zu leben, einsetzen. Dabei ist diese Haltung nicht etwa Ausdruck von »political correctness«, Verlogenheit oder Feigheit, sondern die einzige, die der Tatsache Rechnung trägt, dass beide Seiten durchaus im Recht sind. Beide haben wohl durchdachte und konstruktive Kritik verdient.
Mit allzu vielen Deutschen ist es fast unmöglich, über den Holocaust und die Rolle ihrer Familienmitglieder während des Nationalsozialismus zu sprechen, ohne sofort auf Abwehr zu stoßen oder schleunigst auf den Nahostkonflikt gelenkt bzw. abgelenkt zu werden. Über eigene Taten und Täter in der eigenen Familie zu sprechen, fällt den Meisten so schwer, dass sie reflexartig die vermeintlichen Täter von heute anprangern: »die Israelis« als Unterdrücker der Palästinenser. Das mag kurzfristig von eigenen Schuldgefühlen entlasten, hilft aber niemandem. Freilich muss gesagt werden, dass die Besatzung der palästinensischen Gebiete ein Unrecht ist; auch der fortgesetzte und forcierte Bau jüdischer Siedlungen auf palästinensischem Grund ist illegal und verhindert den Frieden. Es kann auch keiner ernsthaft behaupten, die Regierung Bibi Netanjahus sei zu irgendwelchen Gesten der Versöhnung fähig oder gebe sich überhaupt noch den Anschein, Frieden stiften zu wollen. Seit der Krise mit dem Iran wird über das »Palästinaproblem« kaum noch gesprochen, es ist medial und politisch erfolgreich von der Tagesordnung verdrängt worden. Doch daraus eine Alleinschuld »der Israelis« an der Misere im Nahen Osten herzuleiten, verhindert kein Verbrechen – wie Grass sagt – sondern ist, ganz im Gegenteil, kriegsschürend. Denn auch wenn die Asymmetrie der Machtverhältnisse am Ort unverkennbar und Israel seiner Umgebung militärisch weit überlegen ist, so sind weder die Iraner noch die Palästinenser ausschließlich Opfer. Auch unter ihnen gibt es Täter, Demagogen, Extremisten und Kriegstreiber.
Kein Antisemit
Günter Grass ist wegen seines Textes gewiss nicht automatisch ein Antisemit. Doch er spaltet anstatt zu vermitteln und trägt damit zum Konflikt bei, ganz gleich ob bewusst oder unbewusst. Psychologisch betrachtet enthält sein gedichtförmiges Pamphlet alle Ingredienzien dessen, was man als »Übertragung« bezeichnen könnte und auf eine nicht bearbeitete Vergangenheit hinweist: Grass spricht von Schuld, von Verbrechen, von Lügen, vom Makel seiner Herkunft und vor allem: vom Schweigen. Zu lange habe er geschwiegen, schreibt er. Richtig ist, dass er in Bezug auf seine eigene Vergangenheit tatsächlich viel zu lange geschwiegen hatte: Erst 2006 kam heraus, dass dieser Vorkämpfer der Menschenrechte, Jahrgang 1927, jahrzehntelang bewusst verschwiegen hatte, dass er als Teenager bei der Wehrmacht und der Waffen-SS gewesen ist. Da er fast noch ein Kind war, konnte man ihm das verzeihen; nicht aber das Verschweigen. Indem Grass nun laut tönend international verkündet, sein Schweigen brechen zu wollen, macht er denselben Fehler wie damals, nur unter umgekehrten Vorzeichen.
In Deutschland ist die Vergangenheit akademisch und politisch stark bearbeitet worden. Es gibt Mahnmale, Stolpersteine und Gedenkveranstaltungen. Das ist alles gut. Aber leider ist das Gedenken oft ritualisiert und das hilft, das eigentliche Erinnern und die Trauer um die Verbrechen der Nationalsozialisten emotional geschickt zu umschiffen. Denn (auto-)biographisch ist hier zu Lande bislang sehr wenig aufgedeckt und emotional durchgearbeitet worden: Es wird weiterhin »verleugnet, verdrängt, verschwiegen« (so der Buchtitel des Psychologen Jürgen Müller-Hohagen). Es ist fast unmöglich, über die Täter in der eigenen Familie zu sprechen, und zwar selbst auf höchster politischer Ebene. Beispiel Richard von Weizsäcker gemeinsam mit Fritz Stern auf dem Podium: Stern erzählt über seine Kindheit als verfolgter Jude im Nationalsozialismus, von Weizsäcker indes verliert während dieses vermeintlich freundlichen und harmonischen Gesprächs kein einziges Wort über seinen Vater Ernst, damals Staatssekretär im Auswärtigen Amt. Jürgen Todenhöfer kämpft höchst ehrenwert für die Afghanen, meines Wissens hat er sein Engagement jedoch nie öffentlich in Zusammenhang mit der eigenen Familiengeschichte gestellt: Sein Vater war NSDAP-Mitglied, sein Onkel Gerhard Kreuzwendedich Todenhöfer der von Joseph Göbbels hochgeschätzte stellvertretende Leiter der Abteilung DIII für »Judenangelegenheiten« im Auswärtigen Amt. Herta Däubler-Gmelin schmückte sich in ihrer Vita auf ihrer website mit ihrem Vater Hans Gmelin, 20 Jahre Oberbürgermeister Tübingens, seine dunklen Seiten jedoch verschwieg sie: Gmelin war während des Zweiten Weltkrieges Hanns Ludins rechte Hand in der Slowakei gewesen – Ludin, mein Großvater, war der Gesandte des Dritten Reichs und ist 1947 in Bratislava als Kriegsverbrecher hingerichtet worden (s. A. Senfft, »Schweigen tut weh«, Ullstein Buchverlage).
Schuldig sind jene, die polarisieren
Die Liste derer, die die Verbrechen ihrer Väter, Vorväter, Mütter oder Großeltern bis heute verschweigen, ist lang. Gerade Intellektuelle, die Einfluss auf die öffentliche Meinung haben und mit einem Bekenntnis zu ihrer Familiengeschichte einen wichtigen und nachhaltigen Diskurs in der Gesellschaft anregen könnten, ja nachgerade den Auftrag dazu hätten, schweigen weiterhin. Biographische Aufarbeitung ist für viele von ihnen »Betroffenheitsliteratur» oder zumindest ein emotionaler Prozess, der in ihrer Vorstellung mit der Sachlichkeit ihres Metiers kollidiert. Mit nüchternem Blick analysiert der Wissenschaftler das Objekt seiner Arbeit im Außen. Und obwohl das Innen es ist, was ihn prägt, konditioniert, motiviert, bleibt dieses in den meisten Fällen gänzlich unerwähnt und un-bedacht. Es ist sehr viel einfacher, intellektuell über Dritte zu sprechen, als über die eigene Biographie. Die Täter bleiben so schließlich immer die anderen.
Auch in diesem Zusammenhang ist Grass' »Gedicht« zu begreifen. Wie Thilo Sarrazin bedient er ein dichotomisches Weltbild – hier die Guten, dort die Bösen –, ohne den spalterischen Mechanismus der Nationalsozialisten begriffen und Lehren aus der Vergangenheit gezogen zu haben. Was wirklich gesagt werden muss ist, dass sich jene schuldig machen, die gesellschaftliche, politische, religiöse oder ethnische Spaltungen aufrechterhalten und somit polarisieren. Gerade jetzt die berechtigten Ängste der Israelis vor erneuter Vernichtung – dieses Mal durch den Iran – zu ignorieren, ist nicht nur dumm, sondern auch fahrlässig. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Ängste eine reale Basis haben oder ob sie von manchen israelischen Politikern noch geschürt werden, um den eigenen Interessen zu dienen. Denn diese Ängste stehen im Raum und sind nicht etwa nur ein psychologisches Problem, das aus dem Holocaust herrührt, sondern sie sind auch auf Tatsachen gegründet. Wer derart naiv oder bewusst populistisch wie jetzt Grass argumentiert und behauptet, damit »allen Menschen, die in dieser vom Wahn okkupierten Region dicht bei dicht verfeindet leben«, helfen zu wollen, erreicht das Gegenteil. Er schadet damit vor allem jenen, für die er sich einzusetzen vorgibt. Insbesondere den israelischen und palästinensischen Friedensaktivisten fällt er damit in den Rücken. Das Diktum vom »Wahn« belegt nebenbei, wie wenig seiner gewiss vorhandenen analytischen Kraft Günter Grass den Menschen, den Problemen, den Konflikten in der Region geschenkt hat.
Alles was wir sagen hat Folgen
Der verstorbene israelische Psychologe Dan Bar-On hat gesagt, wer einen Dialog mit der »anderen« Seite führen wolle, müsse zunächst einen Monolog führen. Er meinte damit die kritische Überprüfung der eigenen Identität und der Motive, die uns agieren oder passiv bleiben lassen. Ich unterstreiche diesen Ansatz: Was immer wir tun oder unterlassen, was wir sagen, wie wir es sagen oder was wir verschweigen, sei es öffentlich oder im Privaten, ist politisch und hat früher oder später seine Folgen. Verbrechen, die verschwiegen und vertuscht werden, arbeiten verbal oder non-verbal in derr Gesellschaft weiter und haben intergenerationelle Folgen, die sich in Krankheiten, Depressionen, Süchten, Rassismen und neuen Verbrechen zeigen können.
Wenn Grass hofft, viele mögen sich vom Schweigen befreien und indirekt dazu auffordert, jeder solle endlich mal seine Meinung sagen und somit den Finger auch auf »die Israelis« richten dürfen, so hat er nichts über sich, über Deutschland und den Nahostkonflikt begriffen. Im deutschen Kontext ist es vielmehr zunächst dringend geboten, das Schweigen über die Vergangenheit zu brechen und die eigenen oder die Verbrechen der Angehörigen zu benennen. Erst dann wird es auch möglich sein, ohne versteckte Motive im Spannungsdreieck Juden bzw. Israelis, Palästinenser und Deutsche aufrichtig und konstruktiv Stellung zu beziehen und vermittelnd auf den Konflikt einzuwirken.
Frau Senfft
Sie haben einige interessante Beobachtungen dargelegt, z. Bsp. gefällt mir das dichotomische Weltbild, welches Sie aus Grass' unbewusster "Vergangenheitsbewältigung" herauszulesen meinen. Ihr Artikel liest sich anregend zu Beginn, verliert jedoch an Boden da Sie meiner Meinung nach allzu differenziert urteilen. Ihre Begeisterung für die Psychoanalytik ist der hervorstechendste Merkmal in Ihrem Text, dabei endet ihr Versuch Herrn Grass "Gedicht" mit dem psychotherapeutischen "Operationslicht" zu illuminieren, in einer schwindelerregenden Verdreherei. Schade eigentlich. Denn ich habe das Gefühl dass Sie mit Ihrem Beitrag zwar etwas aufklärerisch Gutes anzubieten gedachten, doch hat mich Ihre simple Komplexität bezüglich Herrn Grass' Verhalten und Motive, eher ermüdet. Ihrem analytischen Mehrwert fehlt einzig noch eine alleserklärende Diagnose: Posttraumatische Belastungsstörung vielleicht? Jetzt Mal Hand aufs Herz Frau Senfft - finden Sie nicht dass Sie sich ein bisschen zu weit aus dem Therapeutenfenster lehnen?
Liebi Grüessli
A. Campinari (eingebürgerter Schweizer)
Langatmig zwar, aber am Ende ein Knüppel auf Grass, und dieses sogar auf den 17-jährigen. Klar, es geht ja auch um Familienschande, weit über die vernünftige Zeit hinaus. In der Einseitigkeit, was Recht betrifft, schon fast grotesk.
Ihre tiefenpsychologische Betrachtung von Grass' Motiven mag noch so zutreffen, sie lenkt aber nur von der Sache ab - wenn auch etwas geschickter, als wenn Sie ihn einfach als Antisemit abstempeln würden. Sie lenkt davon ab, dass er Wort fuer Wort recht hat. Auch wenn er, zugegeben, nur eine Seite beleuchtet, aber das tut hier not. Dazu applaudiere ich, weil ich ungern zur schweigenden Mehrheit gehöre, hier laut.
1946 war der 33-jährige Menachim Begin der verantwortliche Chef der Irgun Terrorgruppe die 350 Kilo Sprengstoffdas ins Hotel King David in Tel Aviv brachte, wo die Briten wohnten. Sie wollten das Hotel in die Luft sprengen. Ob mit den Menschen, das weiss ich nicht. Es gab Widerstand. Die Irgun erschoss zwei Menschen. Im Lärm scheiterte der Terrorangriff. Die Opfer konnten fliehen, nur wenig Sprengstoff wurde gezündet.
Dasselbe Israel erklärt nun Günter Grass zum Staatsfeind, denn 1944 wurde der 17-jährige Grass Panzersoldat bei den SS. Das soll beweisen dass ein 68 Jahre später geschriebenes Gedicht in dem er sich vor einem durch Israel unter Umständen entzündeten Weltkrieg fürchtet, reiner Antisemitismus sei. Israels gewählte Regierung: "Einmal Antisemit, immer Antisemit". Im Vergleich dazu würde ich niemals behaupten: "Einmal Terrorist, immer Terrorist".
Israel hat eine fatale Tendenz, jeden Kritiker als Antisemiten zu brandmarken. Grass ist politisch naiv. Es ist aber beinahe sicher, dass Israel die iranischen Atomanlagen zerstören will. Selbstverständlich mit einem Minimum an Kollateraltoten. Daran besteht kein Zweifel. Mutmasslich geht das ja wie geplant. Ich fände das gut für die Welt, so wie jegliche Behinderung der atomaren Rüstung.
Aber es kann schiefgehen. Iran könnte in dummem Jähzorn die Strasse von Hormuz abriegeln. Die USA würden sie mit Waffengewalt entriegeln. Dieses Szenario würde Israel den gewünschten Kriegspartner bescheren. Wer kann sicher sein, dass dann nicht z.B. eine islamische ABombe aus Pakistan in den Händen von Terroristen die Welt destabilisiert? Da ist Grass mit seiner Furcht nicht allein.
Israels Reaktion passt nicht zu einem mängelbehafteten Gedicht sondern eher zu einer aufkeimenden Panik.
Ich schreibe dies als besorgter Freund Israels und einiger Israeli auch in unserer Familie.
Frau Senffts langatmige Kritik an Grass ist leider symptomatisch dafür, wie in Deutschland und der Schweiz mit der mutigen Warnung von Günter Grass umgegangen wird: Sie schwurbelt alles durcheinander, Holocaust, Psychologie, Nahostkonflikt und Atomprogramme. Allen (nachgeborenen) Deutschen dichtet sie flugs eine Mitschuld am Völkermord und Horror an, den ihre Vorfahren zur Zeit ihres dritten Reiches begangen haben (Sippenhaftung bis ins zehnte Glied?). Und Grass wirft sie vor, er "spalte, statt zu vermitteln". Dabei hat Grass nur verlangt, dass statt der gefährlichen Kriegstreiberei, die in den USA, in Israel und teils auch in Europa in den Medien unkritisch kolportiert wird, endlich mal die gesamte Problematik thematisiert werde: Dass sehr wohl das iranische Atom-Programm offengelegt und kontrolliert werde – aber eben auch die heimliche israelische Atomaufrüstung, nicht zuletzt auch durch Deutschland (von den unverantwortlichen deutschen U-Boot-Lieferungen hatte ich bisher nichts gewusst – nur schon für diese Information gebührt Grass Dank!). Was soll daran falsch sein? Warum soll Grass nicht vor einer Atommacht warnen, die mit ihrer Kriegsmaschinerie ( made and financed by USA) mehrfach schon Nachbarländer angegriffen (Libanon) hat und den Lebensraum der Bevölkerung in Palästina systematisch zerstört (Spaciocide)? Nein, Frau Senfft, bei aller Detailkritik an Grass, muss man ihm doch zugute halten: Endlich getraut sich einer, Klartext zu schreiben. Und ich lasse mich von Ihnen mit dieser meiner Meinung nicht einfach als "trauriger Mitmischer" und Depp aus der "schweigenden Mehrheit" runtermachen. Mit "durchdachter und konstruktiver Kritik" hat Ihr längliches Elaborat nämlich wenig zu tun. Durchdachte und konstruktive Kritik habe ich in dieser Sache bisher nur an einem Ort gefunden:Auf www.inforsperber.ch Klicken Sie da doch mal rein. Mit besten Grüssen! N. Ramseyer
Wie ein altes Indianersprichwort sagt: " Wer die Wahrheit spricht, der braucht ein schnelles Pferd".
Nur ein Schriftsteller der gegen den Mainstream schreibt und die wunden Punkte eines Zustands anspricht, ist ein guter Schriftsteller. Hätte dieses Pamphlet ein nicht deutscher Schriftsteller geschrieben, wären die Wogen der Empörung kaum so hoch gegangen. Ich finde es ganz in Ordnung, dass jemand den Mut hat, diese gleichgültige, sture und dumme Regierung, die zurzeit in Israel herrscht, offen zu kritisieren. Dass Grass auch Deutschland kritisiert, geht im internationalen Geschrei völlig unter. Es wird versucht, ihn als Antisemit abzustempeln und somit aus dem Verkehr zu nehmen.
Günter Grass, ein Alter Mann und Mahner, auf den man hören sollte, nicht nur in Deutschland. Sogar wenn ich als Jude, der auch in Israel genug aktiven Militärdienst geleistet hat, Israel, resp. dessen derzeitige (längst überfällige) Regierung und deren unsägliche Politik kritisiere (und Grass' Mahnung beipflichte), habe ich sehr schnell die Etikette des Antisemiten am Rücken. Was nicht heisst, dass es auch in unsern Breiten nicht mehr als genug Antisemiten gibt.
«Die berechtigten Ängste der Israelis vor Vernichtung» zu ignorieren sei dumm, gleichgültig «ob diese eine reale Basis» hätten oder ob sie für eigene Interessen geschürt würden. Wenn man anderseits versuchte, die Ängste des Irans zu verstehen? Der Iran ist umzingelt von amerikanischen Militärstützpunkten und einigen nicht ungefährlichen Atommächten. Hat Persien in seiner langen, alten Geschichte nur vertrauensbildende Erfahrungen mit dem Westen gemacht?
Ich vermute, dass Weltgeschehen hänge nicht von einem spezifisch bundesdeutschen, politisch korrekten Verhalten ab. Innerdeutsche Diskussionen und Befindlichkeiten greifen, auf Nahost bezogen, zu kurz, und sind auch auf Dauer ermüdend.
Die Schlussfolgerung wäre demnach:" Wer eine belastende Vergangenheit hat, z. B. in Kinder oder Jugendjahren ( auch unter dem damaligem Zeitgeist ) darf sich in der Gegenwart und zur Zukunft nicht mehr äussern". Das, nach über 60 Jahren. Jedem ist klar dass Israel keine Bedrohung für den Weltfrieden ist und war...... Israels Politik ( Auge um Auge...Zahn um Zahn ) könnte aber zu einer werden! Zur Heutzeit!.... Nicht an den Worten, sondern an den Taten sollt ihr sie messen. Gilt immer für beide Seiten. Die Ungeheurlichkeiten der Vergangenheit sollten eigentlich als Mahnung dienen und zu einem verschärften Dialog führen. Vorerst aber ohne ständige Kriegdrohung. Kein vernünftiger Mensch will nach dem Holocaust auch noch ein atomarer Holocaust. Ich verstehe Grass
s Gedicht als Mahnung an Israel, nicht zu übertreiben. Im eigenen Interesse und zum Schutze des eigenen Volkes. Die Existenzsicherung Israels bleibt eine Verpflichtung des Westen
s. Das Existenzrecht der arabischen Völker aber auch.G.G. ist ein alter Mann, der die Hölle des Krieges, persönlich durchgemacht hat. Die Agonie, was er fühlt, weisen Sie Frau Senfft allzu leicht ab, ich kann keine böse Absichten bei G.G. entdecken.
Dieser Text erkärt exemplarisch die Notwendigkeit der Debatte. Es geht nämlich in diesem - zugegebermassen ziemlich jämmerlichen - Gedicht - nicht um Antisemitismus, die historische Schuld Deutschlands oder Grass persönliche Verfehlungen, sondern darum, dass Israel den Westen in Geiselhaft hält und droht, einen Krieg mit ernsten Folgen loszutreten. Die sunnitischen Araber treiben für einmal das gleiche Spiel wie die Israelis und praktisch alles was wir in Europa zum Thema Iran zu hören bekommen, ist die Propaganda dieser unheiligen Allianz. Deswegen ist es ein Verdienst Grass', die Indoktrinationskampagne der Kriegsgurgeln gestört zu haben und sich von den gleichgeschalteten Medien dafür bereitwillig steinigen zu lassen.
Frau Senfft spricht das eigentliche Problem im Nahen Osten ertaunlichweise kaum an, ihre Selbstgeisselung wäre deswegen auch ohne Grass-Bashing denkbar gewesen.
Gunther ist wieder voll grasslich. Haman (Sohn, des König Agag vom Volk der Amalekiter) lässt grüssen ! (siehe 1.Samuel 15, 1-35, Buch Esther 3-10)