Dem inneren Schmetterling Sorge tragen

Ein kleines unsichtbares „Ding“ hat ein ganzes Land auf Stand-by-Modus umgepolt. Viele arbeiten im Homeoffice, andere halten die Stellung – als Stillstandsverwalter an leeren Orten. Wir leben in einer Art Bermudadreieck, im Spannungsfeld zwischen Freiheit, Gesundheit, Sicherheit. Das hat seinen Preis: Manches muss verschoben, Unzähliges abgesagt werden. Vieles steht still. Der Rückzug ins private Refugium und in die eremitische Klausur zeigt Folgen – auf psychischer wie sozialer Ebene.
Von der Kraft innerer Bilder
Was aber fördert die Resilienz; was stärkt die psychische Widerstandskraft in diesen Zeiten? Und was führt zur „Trotzmacht des Geistes“, wie es der österreichische Neurologe und Psychiater Viktor E. Frankl ausgedrückt hat? Da ist in den Medien viel von Sport die Rede und von Lichttherapien, auch von Telefonhotlines, gar von Online-Heilbehandlungen. Bei manchen Menschen sind es innere Bilder, die Kraft verleihen und Zuversicht verströmen.
Lange Zeit hing das Bild in meinem Schulzimmer: das Mädchen und der Schmetterling, sein achtsamer Blick und sein behutsamer Umgang mit dem zartgliedrigen Geschöpf. Es gefällt mir. Die Zeit der Sommervögel ist zwar vorbei, doch die bildliche Botschaft bleibt. Wir brauchen etwas Leichtes – etwas, das uns weg von uns selber führt und uns gleichzeitig stärkt. Ein Antidepressivum von der leichten Art. Gerade in diesen so anspruchsvollen und unsicheren Zeiten, in dieser bedrängenden Gegenwart.
„Wo begann, was mich entfärbte?“
Das Mädchen auf dem Bild weiss: Ich darf die Flügel des Sommervogels nicht berühren, darf sie nicht entfärben. Wenn ich die Stäubung störe, wenn ich diese feinen, winzig kleinen Schuppen schädige, kann der Sommervogel nicht mehr fliegen. Er verhungert.
Auch wir brauchen diese inneren Flügel – in dieser aktuellen Situation erst recht. Die feine Stäubung darf darum nicht verloren gehen. Sonst fehlen der Seele die Flügel. Das Bild erinnert an das Gedicht des Poeten Robert Walser „Was fiel mir ein?“. An einer Stelle fragt der sensible Schweizer Dichter: „Wann ging die feine Stäubung dem Schmetterling in mir verloren?“. Und er fragt weiter: „Wann fing es an, wann, wo begann, was mich entfärbte […]?“ [1]
Wir alle brauchen diese inneren Flügel
Das sind Fragen, die wir uns irgendwann alle einmal stellen. Die Gefahr des inneren Entfärbens! Sie ist in diesen Tagen nicht kleiner geworden. Ganz im Gegenteil. Doch unsere Seelen brauchen Flügel. Behalten wir darum die feine Stäubung – den unsicheren Zeiten zum Trotz! Der liebevolle Blick des Mädchens und sein sorgsamer Umgang mit dem feingliedrigen Sommervogel symbolisieren es.
Vieles ist in diesen Tagen, Wochen, Monaten durcheinandergeraten, manches vielleicht sogar zerstört worden. Das Corona-Virus nimmt keine Rücksicht auf Pläne und Projekte. Und gleichzeitig ist allen bewusst: Die feine Stäubung in uns darf nicht verloren gehen. Innere Bilder helfen. Vielleicht sogar das vielsagende Bild vom Mädchen mit dem Schmetterling.
[1] Bernhard Echte (Hrsg.): Das Buch Robert Walser. Sein Leben in Bildern und Texten. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 2008.
Zu Hause bleiben tut gut, wenn man die Angst ablegt vor dem Auf-sich-selbst-zurück-geworfen-Werden. Anstatt nach Venedig reist man zu sich selbst und siehe da, es eröffnen sich Einsichten, die vorher zugedeckt und verdrängt in Seelen schlummerten, weil die Flucht ins tägliche Normiert-Sein Individualität verspricht, die aber flüchtig wie Bühnennebel kaum befriedigt. Aber sie dient den Marketingzielen von Amazon.
Der grosse jüdische Religionsphilosoph, Martin Buber, verneinte die Frage, ob er an den leibhaftigen Teufel glaube. Aber wenn es einen gäbe, wäre Teufel derjenige, der den Andern (den Nächsten) nichts gönnt, meinte er.
Voilà! Da wären doch in elendiglichen C--Zeiten, statt Advent, einige diabolische Akteure mit ihren "Fallzahlen" auszumachen, die den Andern nichts gönnen!
Um es nach meiner Meinung klar zu sagen: Da sind dämonische Heuchler am Werk. Diese befehlen auch jedermann Heuchlermasken zu tragen. Zur Hölle mit ihnen! Dann könnte doch noch friedlicher Advent beginnen. Ich wünsche allen "Heiligen" frohe Weihnacht.
Als man den Staub auf den Flügeln und den Faden verlor!
Aus Fasern wurden Filamente und die rissen alle. Nun befinden wir uns tief im Labyrinth, versuchen durch reagieren das Schlimmste zu verhindern, finden aber das Fadenende und den Ausgang nicht mehr. Agieren wäre das Rezept der Stunde gewesen, verpasst halt! Was machen wir jetzt? Genau, basteln Wachs getränkte Flügel und fliegen der Sonne entgegen und das auf Teufel komm raus, würde ich sagen. Reagierende überall, aber nur im engen Kreis und alle am Berg stehend, dort wo ich und Sisyphos zu Hause sind. Ähnliches wohin man schaut, nicht nur in Switzerland! Agierende bleiben eine rare Zunft, sie gäben uns Gelassenheit im Moment, Selbstwertgefühl und Kraft, ein Ende wäre in Sicht gewesen, aber man hat sich zerrissen. Engagement ist genug vorhanden, aber ohne den Mut das Zepter voll in die Hand zu nehmen. Außerordentliches legitimiert Härte und fordert geradezu überzeugendes Handeln. Notrecht für begrenzte Zeit wäre günstiger und besser gewesen, damit hätte man die Hotspots längst im Griff gehabt. (So denke ich) …cathari