Die Maske des Bösen

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Die Maske des Bösen

Von Alex Bänninger, 17.08.2016

Die Burka soll verboten werden. An der Fasnacht wäre sie erlaubt. Den Kurzdenkern gelingen immer wieder absurde Subtilitäten.

Gerne wird die Schwierigkeit vermieden, sich an eine leibhaftige Begegnung mit Burkaträgerinnen erinnern zu müssen. Es genügt die vom Hörensagen geschürte Angst vor dunkeln Scharen, um eine hitzige Gefahrendiskussion vom Zaun zu brechen und die Bestrebungen für ein Verbot zu unterstützen.

Endlich wieder sorglos

Nur schon das Wort „Burka“ öffnet der Fantasie Abgründe bis in die Tiefe der mittelalterlichen Folterei. Auch wer noch nie in ein schwarzes Stoffstück anstelle eines Gesichtes blickte, den schaudert der Gedanke, diese Kränkung zu erleiden. Die Gleichberechtigung hierzulande mag uns egal sein wie das Los der Billignäherinnen in Bangladesch; aber die von Kopf bis Fuss unterjocht Verhüllten bringen uns in Rage – zumal das Männervolk der ältesten Demokratie, das die Frauen seit je verehrt und fördert.

Von da ist es ein kurzer Schritt zur Gewissheit, es drohe die Zerstörung unserer Sitten und unseres Zusammenlebens. Mit dem Burkaverbot, das gerade mal begüterte Touristinnen treffen würde, könnten wir endlich wieder sorglos in jedem Fünfstern-Hotel nächtigen, unbedrängt in jedem Luxusgeschäft einkaufen und als Christen unter Christen Sonntag für Sonntag dicht an dicht dem Gottesdienst beiwohnen. Das Schweizer Haus würde zum trauten Heimetli von früher, als alles gut war.

Fehlende Zivilcourage

Es könnte allerdings auch sein, dass das schwarze Stoffstück im übertragenen Sinn vor unseren Gesichtern hängt und uns den Blick für Realitäten und Relationen enorm verunschärft.

Zum Beispiel für die Tatsache, dass Burkaträgerinnen in vernachlässigbar geringer Zahl jeweils einige Zeit in der Schweiz verbringen. Dass ein Burkaverbot verhältnisblödsinnig und eine weitere rechtskonservative Lösung wäre, die unvernünftig problematisiert und nichts vernünftig regelt. Dass die Zivilcourage genügt, Ganzverhüllte – wenn sie denn stören – auf ihre zu unseren Breitengraden unpassende Kleidung hinzuweisen.

Im Tessin gelingt es. Freilich kann sich die Polizei auf das in der Kantonsverfassung verankerte Verbot berufen. Die Ermahnung hätte zweifellos auch Erfolg mit der höflichen und bestimmten Klarstellung unserer anders gearteten Gepflogenheiten.

Wirklichkeitsferner Unfug

Das angepeilte Burkaverbot ist lediglich erklärbar als probates Mittel zur Bewirtschaftung der Fremdenfeindlichkeit im  Allgemeinen und der Islamfeindlichkeit im Besonderen. Diese Vermutung bestätigt sich insofern, als hinter der Unterschriftensammlung für die Verbotsinitiative die nämlichen Kreise stehen, die sich bereits fürs Minarettverbot robust ins Zeug legten.

Die Aktionsgruppe argumentiert mit der schweizerischen Freiheitstradition und leitet daraus populistisch das Diktum ab, kein freier Mensch verhülle sein Gesicht. Das ist wirklichkeitsferner Unfug, was der geplante Verfassungsartikel mit einer langen Liste von Ausnahmen bestätigt.

Diskriminierung einer Minderheit

Die medizinisch Beschäftigten tragen Gesichtsmasken, die Sicherheitskräfte und Heerscharen von Sportlern eine Kopf und Gesicht schützende Bekleidung, die Samichläuse über dem Rauschebart eine Kapuze und die Fasnächtler eine Maske, die im Rahmen der geduldeten Kostümierungsbräuche durch eine Burka ersetzt werden könnte. Und im Winter ist die Bevölkerungsmehrheit wärmesuchend bis zur Unkenntlichkeit vermummt unterwegs.

Kurz und unheuchlerisch gesagt: Das Verbot ist religiös motiviert und zielt nur auf die Burka und nur auf den teilverhüllenden Niqab und mithin diskriminierend auf eine weibliche und sich bei uns der statistischen Erfassung entziehende Minorität.

Doch nicht flächendeckend: Burka- und Niqabträgerinnen dürften sich im privaten Umfeld und in Sakralstätten ungehindert bewegen. Die Gefahr, dass die Bibelleserschaft aus dem Gleichgewicht kippt, weil sie unvermutet auf verschleierte Koranleserinnen stösst, ist bei Weitem nicht gebannt.

Für den totalen Durchgriff ist Luft nach oben. Deshalb warten wir noch auf die Änderung der Bundesverfassung gegen tätowierte Kahlgeschorene in Ledermontur und Kampfstiefeln, die für eine haselnussfarbige Ideologie demonstrieren.

Als Grosstat getarnter Schlag ins Leere

Selbstverständlich dürfen wir orientalische Gewänder hässlich oder doch irritierend finden und als vom Koran nicht legitimierte Zeichen der Unterdrückung brandmarken. Auch ohne Beweise ist uns überdies die Annahme erlaubt, keine einzige Muslima verberge ihr Gesicht aus eigener Überzeugung.

Der Glaube indessen, mit Kleidervorschriften im schweizerischen Geltungsbereich die Situation der islamischen Frauen zu verbessern, erfüllt nicht einmal die Bedingungen für eine Alibiübung. Das Verbot ist ein als emanzipatorische Grosstat getarnter Schlag ins Leere.

Spätestens bei diesem Einwand ziehen die Burka-ab-Befürworter ihre sicherheitsstrategische Trumpfkarte mit dem Hinweis, das lange Schwarze des Bösen eigne sich hervorragend für den Schmuggel terroristischer Waffen. Das stimmt.

Es stimmt aber auch, dass die Eignung von weit geschnittenen Daunenjacken, pludernden Trainingsanzügen, adretten Rucksäcken und voluminösen Instrumentenkästen nicht geringer ist. Dazu schweigen die auf das Erscheinungsbild von Ausländerinnen spezialisierten Verbotsinitianten wohlweislich.

Machogehabe anders herum

Ganzverhüllung und Ganzenthüllung sind die beiden Extreme der persönlichen Darstellung. Mit den Nudisten arrangierten wir uns tolerant. Nacktwandern ist im Schweizerischen Strafgesetzbuch kein Tatbestand. Füdliblutte Schweifer durch die Natur können nach kantonalem Recht gebüsst werden, setzten jedoch bisher weder die Empörung der schweigenden Mehrheit noch gesetzgeberische Triebe in Gang.

Gegenüber Burka und Niqab fehlt die Gelassenheit. Das ist spiessig und zusätzlich ein Machogehabe mit umgekehrten Vorzeichen. In ihm zeigt sich die hilfloseste Art, abendländische Werte zu verteidigen. Darum dreht es sich denn auch nicht, sondern ums Zeuseln gegen Fremde und Fremdes.

Danke Herr Bännninger für diesen Artikel. Ein weiteres Licht im Dunkeln.

Wer sein Gesicht verbirgt, verbirgt seine Identität. Jederman hat das Recht, den Umgang mit maskierten Menschen abzulehnen.

Für sich ablehnen können sie was sie wollen. Aber gleich zu verbieten per Verfassung. Erinnert mich an das Verbot in der Schule, anstatt LInks unbedingt rechts zu schreiben. Das war ebenso sinnvoll wie die Forderung der Biedermänner und Brandstifter, die Burka abzuschaffen.

Nein Herr Bänninger, diese Maskeraden der muslimischen Frauen sind eine Provokation für ihre Gastgeber. Biedermann und die Brandstifter von zeigen auf, was geschieht, wenn Provokationen nicht rechtzeitig abgestellt, verboten, als einer offenen Gesellschaft abträgig gerügt werden.

Es gibt im Moment zwei Hauptgefahren für die Menschheit:
1) Auslöschung durch eine Klimakatastrophe
2) Auslöschung durch einen Nuklearkrieg (wahrscheinlich versehentlich)

Die Hauptbeiträge von Religionen dazu sind

Ursächlich zu 1) durch christliche Sekten mit Epizentrum USA, die menschliche Ursachen des Klimawandels leugnen und im übrigen den Teufel in Moskau vermuten, was zu 2) beiträgt.
In zweiter Linie, passiv durch die Orthodoxe Kirche in Moskau analog oben zu 2)

Demgegenüber gehören alle Gefahren des Islams bereits zu ferner liefen.

Ich danke der Mainstream- (NZZ...) und Alternativpresse für Burka- und ähnliche Diskussionen, die das vergessen helfen.

MfG
Werner T. Meyer

Die muslimischen Zuwanderer mögen sich einfach nach den hiesigen Gepflogenheiten richten, wie das überall auf diesem Planeten die absolute Selbstverständlichkeit ist, und schon stellt sich die Frage nach einem *Kulturkampf* nicht mehr. Allein der Zuwanderer hat die Pflicht, sich anzupassen. Der Zuwanderer hat absolut Null Rechte, Ansprüche zu stellen, die über die Rechte und Regularien für die Einheimischen hinaus gehen. Niemand ist gezwungen hier zu leben, es gilt Reisefreiheit. Und jedem dem man hier Unterschlupf/Sozialhilfe gewährt, weil angeblich verfolgt, der hat sich ohnehin vollumfänglich anzupassen bis zur Heimreise.

Burka Trägerinnen sind anzutreffen in den Quartieren, wo solche wohnen und an den von Touristen bevorzugten Stellen. Andere Länder - andere Sitten, daran sollen wir uns bitte in anderen Ländern halten und Gäste bitte auch bei uns.
Wenn ich es nicht mag voll verkleideten Leuten zu begegnen heisst das noch lange nicht dass ich sie hasse, Herr Bänninger vermischt das bewusst und das mag ich auch nicht.

Ich habe eine Frage, ganz separat von Verbot oder Nicht-Verbot: Wie trägt man bei Niqab oder Burka eine Brille?

«Das angepeilte Burkaverbot ist lediglich erklärbar als probates Mittel zur Bewirtschaftung der Fremdenfeindlichkeit im Allgemeinen und der Islamfeindlichkeit im Besonderen.» Das finde ich auch! Eine Variante des Kolonialismus. Unsere "Werte" sind höher als die orientalischen. Unsere Frauen sind "befreiter"! Du meine Güte!

Ich hatte vor 10 Jahren ein eindrückliches Erlebnis, als ich mit meiner Tochter im Inlandflug von Salalah nach Masqat sass. Die junge Frau neben uns, von der man nur die dunklen Augen sah, legte beim Abheben des Flugzeugs ihre Hand auf die meine. Weil sie Angst hatte, und ich übrigens, als nicht sehr fluggewohnt, auch. Sie war etwa so jung wie meine Tochter. Wir unterhielten uns. Es war interessant. Ihre Traumdestination sei Istanbul. Wir unterhielten uns über Moscheen und Kathedralen. Sie erzählte von ihrer zahlreichen Grossfamilie, was mir nicht so fremd ist. Dann fragte sie plötzlich, was wir vom Gesichtsschleier hielten. Wir waren verdutzt. Es sei irgendwie geheimnisvoll. Da nahm sie ihn für einen Augenblick weg vom Gesicht - und wir waren einfach verblüfft. Wir hatten offenbar ein ganz anderes Gesicht erwartet.
Im Nord-Oman sind wir jungen Frauen in der Abaya begegnet. Sie tragen keinen Gesichtsschleier. Mir gefällt die Abaya, weil sie schön hinunterfällt und eine elegante Silhouette gibt. Das iPhone der jungen Frauen klingelte mit einer orientalischen Melodie. Meine Tochter blieb spontan stehen und fragte, ob sie ihr diesen Klingelton auch geben könnten. Ja, ja, mit Bluetooth (wovon ich zum ersten Mal hörte) ginge das problemlos. Seitdem klingelt das Natel meiner Tochter mit dieser orientalischen Melodie.
Auch die persischen Frauenkleider finde ich persönlich meist phantasie- und stilvoller als unsere knappen Shorts und Spaghettiträger-Shirts mit Turnschuhen. Aber es werden nicht alle Perserinnen gleich darüber denken. Wir müssen uns nicht in kolonialistischer Weise anmassen, wir hätten die besseren, weil kulturell anders gewachsenen "Werte". Allerdings hatte ich schon eine traditionell lebende Grossmutter, die nie auf die Idee gekommen wäre, Frauen wären weniger wert als Männer.
Die afghanische Frauenbekleidung, die man bei uns nicht sieht, die hatte eine andere Wirkung auf mich. Man hat keinerlei Chance, in fremde Augen zu blicken und sich vielleicht zuzuzwinkern. Das Gitter vor den Augen ist radikal trennend. Ich empfand es jeweils wie einen Affront und eine ungeheure Zumutung für die dahinter stehende Frau, die sehr gebildet oder auch arm und ungebildet sein konnte.

Herr Bänninger die vom Egerkinger Komitee angestrebte Initiative ist, wie Sie sagen, wirklichkeitsferner Unfug. Noch abstruser wird es, wenn man auf die Webpage dieses „Klubs“ geht. Keine Spur von einem Initiativtext, dafür eine auf billig aber reisserisch gemachte Aufforderung, die Initiative zu unterschreiben. Da ist man gut beraten vor solchen Tölpeleien und ihren Hintermännern auf Distanz zu gehen.

Ich fordere einen Regenmantel, Rucksack, Duromatic-Verbot und habe Angst, dass alle Menschen ihr wahres Gesicht zeigen müssen, solches macht Angst! ... doch…
Am Anfang war ein Wort!
Tags darauf sprach ein Eingeschworener, einer mit undurchschaubarem Hintergrund zu seinem Volk: „Von Verschwörungstheorien möchte ich warnen, nichts derartiges hören!“ Das zu einer Zeit wo solch Spekulatives völlig selten war, das heisst, niemand auf solch abstruse Ideen kam. Ein Fundamentalevangelikaler, einer der scheinbar durch Superchristen laut eigenen Angaben von seiner Trunk-Sucht befreit wurde, entfachte eine Art Glaubenskrieg. Motiviert durch wirtschaftliche und geopolitische Interessen, startete dieser Krieg durch erkannte, neue Feindbilder. Dieser Kampf gegen den Terror wird lange dauern, meinte er. Die Geister die wir riefen, und er meinte uns, den Rest der Welt, werdet ihr nie mehr los. Nun haben sie sogar eine 150m lange Arche Noah aus Holz gebaut um Kinder zu indoktrinieren, Evolution sei eine Lüge, Kreationismus das wahre Christentum, ihr Credo. Wer's glaubt! ... cathari

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