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16. Februar 2021

Expochaler Irrtum

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Expochaler Irrtum

Von Alex Bänninger, 12.05.2016

Landesausstellungen haben die Zukunft hinter sich. Es braucht Köpfe mit neuen Ideen. Mehr

Neben den eidgenössischen Abstimmungen am 5. Juni geht es auch in den Kantonen St. Gallen und Thurgau um Urnengänge von nationaler Bedeutung. Zum Entscheid stehen Projektierungskredite für die Ostschweizer Expo2027.

Landesausstellungen sind überholt. Sie werden mit Wortblumen wie Identitätsstiftung, Impulsgebung und Brückenschlag begründet, ohne diese Ziele je zu erreichen. Die immensen Kosten stehen in keinem Verhältnis zur Nachhaltigkeit. Je unverbindlicher die Thematik, desto grösser die Besucherzahl. Das ist tagestouristisch interessant, aber für die angestrebten Auseinandersetzung mit der Schweiz ein Desaster.

Die Frage, wie eine Landesausstellung zu konzipieren ist, hat ihren Sinn verloren. Die heutigen Planer werden bei der Eröffnung die Grosseltern sein, die ihren Enkeln betagte Ideen liefern. Modern wäre die Überlegung, wie eine mitreissende Generaldebatte über Bewahrung und Erneuerung der herausgeforderten Willensnation gelingen könnte. Für diesen Zweck würde niemand ernsthaft die altmodische und konsumorientierte Form einer Landesausstellung vorschlagen.

Die Expo02 sollte die letzte gewesen sein. Das wäre das leuchtende sanktgallische und thurgauische Signal für den kreativen Sonnenaufgang im Osten.

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genau.
Die Arteplages boten der lokalen Bevölkerung sicher eine erfreuliche Sommerabwechslung und hat einigen gute Geschäfte gebracht, war aber für Besucher angesichts der Wartezeiten mässig befriedigend und hat zu keiner Veränderung des schweizerischen Selbstverständnisses geführt. Das Geld sollte besser für die Darstellung gesellschaftlich relevanter Themen verwendet werden. Dafür werden sich die Mitte-Rechts-Parteien aber kaum erwärmen können...

Nicht die Tinguely-Maschine oder die Arte plages sind doch das Nachhaltige: das Erlebnis ist es. Ein Erlebnis könnte sich ergeben, wenn die über 200 Millionen dazu verwendet würden, in Sonderzüge aus dem Welschland und Tessin zu investieren, für die die Besucher nur 180 Fr. zu bezahlen hätten - inklusive eine Uebernachtung, 2 Mahlzeiten und eine Schifffahrt auf dem Bidensee. Z.B. wäre die Stiftsbibliothek in St. Gallen zu besuchen oder die prächtigen Museen in den Lagerhäusern Romanshorn, viele würden sicher gerne im neuen, von Frank O'Gehry erbauten Hafenhotel am gleichen Ort übernachten. Auch der Zeppelin wäre was Neues. Leute, denkt doch ein bisschen nach und stürzt Euch nicht auf das erste beste Geldverdienen! Eine Expo ist überhaupt nicht mehr cool ...

Feste sollte man nur machen, wenn es auch etwas zu feiern gibt.

Würde also, zum Beispiel der Ziegler Jean, mit dem Blocher Chrigu gemeinsam ein nationales Schwingfest von ihrer Loge aus geniessen, wäre ja das Allein schon ein guter Grund für ein richtiges Fest.

Oder die dieses Geschäft abschliessende Rücknahme des EG-Beitritts-Gesuchs, als Beispiel. Oder gar eine offizielle Rückführung der BDB, oder wie sie sich genau nennt, nach dorthin, wo man sich sowieso viel besser auch hätte positionieren können, als dann nur noch versuchen, vereint mit ehemaligen Glaubens-Gegnern, vorn aussen auf den harten Verputz plötzlich gemeinsamer Feinde zu schlagen. Das gäbe mit Sicherheit sogar ein Riesenfest.

Ich war noch nie an einem Nationalen. Sowenig wie an einer Parteiversammlung, es reichte mir schon, die Gemeindeversammlung besuchen zu müssen, weil es sonst eine Busse gab. Und als damals die Freisinnigen von WENIGER STAAT sprachen, spendete ich der Ortspartei sogar einmal 100 Stutz.

Reut mich heute noch, jeder Rappen davon. Es dann trotzdem nicht zu tun, reichte ja schon, aber nachher auch noch öffentlich zuzugeben, es sei nur eine sehr gute Werbe-Formulierung gewesen, reichte mir, um und hält mich bis heute davon ab, denen auch nur noch ein einziges Wort zu glauben.

Aber vielleicht war es ja auch nur die neue SVP, die plötzlich noch weiter rechts zu stehen schien, ... und die Freisinnigen fanden sich genau in der MITTE, also genau dort, wo man auch mit wenig numerischem Einfluss wahltechnisch sehr Viel erreichen kann. Auch wenn es dazu gelegentlich den Erzfeind ROT braucht, um die neue rechte Konkurrenz zu bodigen.

Und da mir auch Rot nicht so steht, und ich dazu geboren rot/grün farbenblind bin, wie man es nennt, blieben mir, als ex-Reformi, nur noch die Schwing-Feste, um mein Herz zu erfreuen, gäbe es dort nicht so Viele Konservative, und auch Heimlichtuer, die ja letztlich auch nichts Anderes als ihre eigenen Interessen und weltanschauungs-technischen Glaubensrichtungen vertreten. Mit kompetentem Schriftgelehrten-Wissen natürlich, wie könnte auch Anders.

Daher, ich bin eigentlich überhaupt nicht in der Stimmung für ein nationales Fest. Wir können ja auch wieder nur so tun, als hätten wir Grund dazu, so wie mit der legendären heiligen Jungfrau humanitärer Tradition, die zwar bestenfalls seit 20 Jahren wirklich existiert, und vorher das genaue Gegenteil war, man aber trotzdem täglich so tut, als hätte sie eine bereits jahrhunderte Jahre alte Tradition.

Nur um uns gegenseitig anzulachen und -lügen, und uns mit dabei zu freuen, wenn irgendwo unsere Prominenz, gratis und franko, und erst noch entlöhnt, mit irgendwelchen Leuten aufs gute Gelingen anstösst, braucht es mich wahrscheinlich schon gar nicht mehr. Und, um es proletarisch auszudrücken, wir mussten uns ja auch selber raufarbeiten, also sollen es unsere Jungen auch so tun.

Auch, wenn das, was wir von unseren Vorgängern damals übernahmen, doch ganz erheblich anders war. Und es ging steil bergauf, für Alle und Jeden. Und so gab es auch gute Gründe, viele Feste zu feiern.

Erinnere ich mich wenigstens.
unkorr.

Der mit Abstand wichtigste Beitrag zur Erhaltung bzw. Stärkung der Willensnation wäre der flächendeckende, professionell organisierte Austausch Jugendlicher und ihrer Lehrpersonen über die Sprachgrenzen hinweg. So etwas könnte nach schweizerischer Manier (bottom-up) organisiert werden, Mit relativ bescheidenen Mitteln. Im Gegensatz zu den Landeausstellungen, die von 'Promis' aller Art top-down in Szene gesetzt werden. Zu absurden Kosten und grösstenteils ohne Nachhaltigkeit.

Guter Kommentar. Bin mit den Ausführungen einverstanden.

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