Grenzenlose Einfalt?
«Hallöchen Popöchen», damit wirbt eine Billigfluglinie für 37ʼ000 Sitze zu Schleuderpreisen. Wer schon fühlt sich nicht angesprochen, wenn man ihn mit dem Diminutiv seines Allerwertesten begrüsst? Allerdings wirft diese Aktion Fragen auf: Dürfen die am «Popöchen» angewachsenen Körperteile ebenfalls mitfliegen? Was, wenn Selbiges die Zeiten, als es sich in seiner Niedlichkeit in Hosen der Grösse 34 wohlfühlte, längst hinter sich gelassen hat? Gibt es im Flugzeug nur Sitzchen, sodass es sich für normal Gebaute empfiehlt, für die linke und die rechte Pobacke je ein eigenes zu buchen?
Maserati für Neid und Missgunst
Und wenn die beiden dann nicht direkt nebeneinander liegen? Lautet die nächste Werbekampagne «Hallöchen Kurzbeinchen», weil der Abstand der Sitzreihen nur für Menschen konzipiert ist, deren Gehwerkzeuge im Kleinkindesalter einen Wachstumsstopp eingelegt haben? Spielt alles keine Rolle. Hauptsache, der Flug kostet nur wenig mehr als eine Tageskarte des Zürcher Verkehrsverbunds. Obwohl: Mit Zurückfliegen ist nichts, denn der Tarif gilt nur für den Hinflug. Und die Kleider, um das «Popöchen» zu verhüllen, lässt man besser zu Hause, Gepäck kostet nämlich extra.
Mit «Neid und Missgunst ab CHF 179.- /Tag» will eine Autovermietungsfirma in einem ganzseitigen Inserat, das ein Zigfaches kostet, Kunden anlocken. Ein todsündiges Schnäppchen sozusagen, wobei zu beachten ist, dass man in Tat und Wahrheit mindestens siebenmal tiefer in die Tasche greifen muss, weil das Angebot nur «bei einer Anmietung von 7 Tagen zuzüglich 19 Prozent Servicepauschale» gilt, wie es im Kleinstgedruckten unter der drei Zentimeter hohen Headline heisst.
Im Preis inbegriffen ist ein Maserati Ghibli, der als obscur objet du désir den Nachbarn vor Neid erblassen und den Chef vor Missgunst erstarren lassen soll. Nicht erwähnt wird allerdings, ob der Wagen sich auch dazu eignet, dem «Ich-bin-ein-toller-Hecht»-Konkurrenten den Garaus zu machen und die Angebetete in Ekstase zu versetzen. Jene vielleicht, die für das gleiche Unternehmen die Aussage «Blumen sind nett, Rasen ist geil» unter ihr Konterfei setzen lässt.
Wie tickt der Texter?
Neid erwecken könnte auch die Schweizer Luxusuhr, deren Abbildung so kommentiert wird: «Fast so schön wie eine Frau. Tickt aber richtig.» Richtiger hoffentlich, als der Texter, ansonsten wäre die legendäre Präzision der hiesigen Uhren arg in Frage gestellt. Ihm wäre weiblicherseits allerdings zu empfehlen, gelegentlich die Gebrauchsanleitung für den Inhalt seines Kopfs zu konsultieren: Vor Inbetriebnahme des Schreibwerkzeugs bitte Gehirn einschalten (sofern vorhanden).
Apropos legendär: Man könnte meinen, jeder Werber habe die Todesstrafe zu befürchten, wenn er diesen Ausdruck nicht mindestens einmal pro Text verwende. Kaum ein Produkt, dem dieses Prädikat nicht angedichtet wird. Dem Kaffee in Kapselform etwa, der in den einschlägigen Geschäften so behandelt wird, als ginge es um den Verkauf von Englands Kronjuwelen. Abenteuer, ferne Welten und Entdeckungslust soll er angeblich verkörpern und sein legendäres Aroma, das sich dank «Monsooning» entfaltet, soll an Wind und Wellen erinnern. Genau das also, was man sich zum Frühstück wünscht: einen Schluck Meerwasser gepaart mit akuter Seekrankheit, zu geniessen mit dem Gefühl, von einem kräftigen Monsunregen durchnässt zu sein. Zubereiten sollte man das Getränk vorzugsweise mit einer Maschine, deren Technologie dermassen innovativ ist, dass «jeder Knopfdruck zu einem intuitiven Erlebnis» wird. In der Tat: Frühmorgens mit verschlafenen Augen den richtigen Knopf zu finden, bedingt eine gewisse Intuition.
Bomben-Preise
Die Werbelandschaft präsentiert sich zudem als eine Art Kriegsgebiet – nicht nur wegen der Konkurrenz, die es aus-, um nicht zu sagen abzustechen gilt, sondern auch wegen des einschlägigen Vokabulars: Die Schokolade einer Zürcher Confiserie aus revolutionärem kubanischem Kakao bringt in den Gaumen der Connaisseurs eine jener Geschmacksexplosionen, die so häufig und enthusiastisch zitiert werden, dass man sich auf einem kulinarischen Minenfeld wähnt. Und im Kleidergeschäft werden «Bomben-Preise für Damen und Herren» offeriert, wobei unklar bleibt, ob die Damen und Herren ge- oder verkauft werden.
Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber nach alledem bin ich geneigt, dem eingangs zitierten Werbefritzen nun doch beizupflichten: Werber sind tatsächlich bescheuert.
Meiner Meinung nach gibt es etwa drei Werbearten:
1. Die ewige, wiederholende von grossen Firmen (Getränke, Uhren, Parfüm). Gemäss einem Werbemenschen würde selbst Coca-Cola innert Monaten in Vergessenheit geraten, wenn nicht an jeder zweiten Wand der Name stehen würde. So fast schon geschehen mit Pepsi in der Schweiz.
2. Neue Produkte. Meiner Meinung nach die berechtigste Werbung, da es um etwas Neues geht, von dem man sonst gar nicht erfahren würde. Wenn es dann noch ehrlich ist, warum nicht. Leider wird da das Meiste auf den "maximal-minimalen" Punkt gebracht. (Die Luxus-Version wird angepriesen und dahinter der Preis der Billigversion mit Stern dahinter)
3. Die ewigen Lügen, oder wie ist es möglich, dass uns die Waschmittelindustrie seit 40 Jahren mit jedem "Neuen" Waschmittel verspricht, es wasche jetzt weisser als weiss, obwohl das beim Vorgänger schon versprochen wurde?
Auf den Punkt gegart, Frau Stauffacher. Sie müssen mit sich gerungen haben, dem Titel "Grenzenlose Einfalt ?" doch noch ein Fragezeichen hinterher zu schieben.
Ich persönlich denke, dass die Werbe-Zitrone schon seit Jahrzehnten ausgepresst ist. Darüber schaut die Branche in ihrem Selbstverständnis natürlich grosszügig hinweg. Früher kalauerten sich die Werbefritzen wenigstens ehrlich durchs Leben; heute spassapfeln sie sich eher recht denn schlecht durch. Man wähnt sich als erwachsener Werbekonsument (?) in einer drögen, deutschen Comedy-Show. Die Werbung ist dermassen unlustig geworden, dass einem das Lachen nicht einmal mehr im Halse stecken bleiben kann; denn dazu müsste zuvor ja etwas geistreiches, witziges, oder gar satirisches vorbereitet worden sein. Als Zielpublikum müssen wir den Werbefuzzies aber neidlos attestieren, dass keine Berufsgruppe besser feiert als die Werber. Nämlich sich selbst. Sie vergeben sich selber auch den "Werber des Jahres" Preis. Und der Journalismus jubelt. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Diese Symbiose erinnert an eine andere, noch ältere Seilschaft; Politik und Journalismus.
Dass wir die Zeche dafür bezahlen, mag am Rande höchstens ein paar Verhaltensforscher beschäftigen. Längst haben ihre Berufsverwandten, die Werbepsychologen, das Zepter übernommen. Mit dem Resultat, dass die Werbung zwar subtiler und effizienter, aber auch teurer und langweiliger geworden ist.
Ja, Frau Stauffacher, bei Werbern und bei Medienschaffenden fällt auf, dass sie weder Deutsch noch Englisch beherrschen. Umso mehr und schamloser mischen sie diese Sprachen und meinen "fortschrittlich, modern" zu sein.
Das war längst nötig. Vielen Dank an Frau Stauffacher. Nomen ist eben doch Omen! Ich finde die ganze Reklamerei sinnlos; denn ich glaube, man tut das nur der Konkurrenz zu Schaden. Wenn die es machen, müssen wir doch auch.
Wenn Reklame tatsächlich eine Wirkung hat, dann doch auch all die wunderbaren Ballergames, die unsere Kids so begeistert spielen. Das ist Reklame für Verrohung. Da hören wir aber von sogenannten Experten, dass das das wirkungslos bleiben soll. Aha? Und dann soll die Anpreisung eines seit Jahren immer wieder "neuen" Waschmittels Wirkung auf die Hausfrauen haben? Wer kommt da noch nach? Ich nicht.
Endlich spricht es mal jemand aus! Danke!
Stimmt!
Teuere schweizer Uhren bekannter Marken können
für manche Menschen sehr nützlich und hilfreich sein.
Beispiel:
Ein Versicherter meldet bei seiner Versicherung einen
Schaden, um eine größere Versicherungssumme zu
erhalten. Ein Versicherungsvertreter oder Mitarbeiter
muß die Bonität des Kunden einschätzen und in der
Akte notieren. Es geht darum, kann sich der Kunde
einen längeren teueren Rechtsstreit leisten ja/nein.
Eine Rolex am Handgelek des Kunden und ein teueres
Fahrzeug gut sichtbar vor dem Haus bewirken wahre
Wunder. Nach wenigen Tagen ist alles ohne Streit
erledigt.
Mit einer Billiguhr von Aldi muß man mit einem langen
teueren Rechtsstreit mit der Versicherung rechnen.
Meine Empfehlung, wer sich keine Rolex leisten kann,
der könnte sie sich doch für den einen Tag ausleihen.
Das ist viel günstiger als Rechtsanwälte.
Mit der Zeit hat mein Gehirn gelernt die Werbung als
Lärm zu empfinden ohne die Wörter zu decodieren.
Nach einer Werbeunterbrechung weiß ich nicht um
was es ging. Die langjährige Werbung zerstört die
Fähigkeit den Menschen aufmerksam zuzuhören.
Bei einer Diskussion wird dann ein Monolog immer
wieder störend von einem andren Monolog unterbrochen.
Alle sind auf Sendung aber keiner geht auf Empfang.
Stark umworbene Waschmittel sind überteuert, weil
sie die Webung finanzieren müssen. No Name Waschmittel
enthalten das gleiche Waschpulver in einer anderen
Verpackung. Oft stehen beide Produktionslinien in einer
Fabrikhalle nebeneinander.
Auf Flugreisen verzichte ich, die Sardinen-Klasse tue ich
mir nicht an.
Bei Armbanduhren kaufe ich nur Funkuhren, die alles
anzeigen, was der Zeitzeichen-Sender an Daten liefert.
Mechanische Uhren empfinde ich nur als Schmuck.