Legaler Terrorismus
Mit seiner Rede vor wenigen Tagen vor einem iranisch-amerikanischen Auditorium in der Ronald Reagan Presidential Library bei Los Angeles verschärfte US-Aussenminister Mike Pompeo den Ton gegenüber Iran.
Konfrontation um jeden Preis
Nur drei Wochen vor der Wiedereinführung der Bankensanktionen kündigte er an, die US-Propagandasendungen in Farsi via Rundfunk und Fernsehen nach Iran auszuweiten, um Unruhen im Land der Mullahs zu schüren. Mit für November geplanten weiteren Sanktionen soll iranischem Öl der Zugang zum Weltmarkt abgeschnürt werden. Zwar wisse er nicht, wann das iranische Volk das Land wieder unter seine Kontrolle brächte, gestand Pompeo nach einer entsprechenden Frage aus dem Auditorium. „Aber wir wissen, was die Welt tun muss, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.“
Nach Pompeos Rede kritisierte der Vorsitzende des National Iranian American Council, Trita Parsi, die Ausführungen des Aussenministers hätten eine drohende Konfrontation zwischen den USA und Iran angekündigt. „Herr Pompeo hat heute alle Zweifel daran ausgeräumt, dass das Ziel der Trump-Administration kein besseres Nuklearabkommen oder neue Verhandlungen sind, sondern die Konfrontation mit Iran.“ Darum hofieren die USA eine iranische Oppositionsgruppe, die von den meisten Ländern als terroristische Organisation eingestuft wird. Dieser Auffassung war auch die amerikanische Bundespolizei FBI, bis sie die damalige US-Aussenministerin Hillary Clinton 2012 von der Liste terroristischer Organisationen strich: die Mujaheddin-e-Khalq (Volksmudschahedin), kurz MEK.
Honorare von Terroristen
Vor einem Monat fuhr die MEK Tausende junger Menschen aus Osteuropa in Bussen nach Paris, wo sie Rudi Gulianis Ruf nach Regimewechsel in Teheran zuhören konnten. Derselbe MEK-Vertreter, der die Veranstaltung mit Donald Trumps persönlichem Anwalt organisiert hatte, war auch in die Reagan Presidential Library eingeladen, um Pompeos Rede zu hören.
Zwar hat die MEK nach FBI-Erkenntnissen mindestens sechs US-Bürger, iranische Politiker und Tausende Zivilisten ermordet und eine Reihe von Anschlägen auf US-Einrichtungen durchgeführt und geht bis heute fleissig terroristischen Aktivitäten vor allem in Iran, aber auch in Irak nach. Human Rights Watch (HRW) wirft der Kult-ähnlichen Organisation vor, ihre eigenen Mitglieder systematisch zu missbrauchen. Dennoch erfreut sie sich seit Jahren und nicht erst seit 2012 unter amerikanischen Politikern wie Guliani, dem Stabschef des Weissen Hauses John Kelly, dem ehemaligen CIA-Direktor James Woolsey, sowie zahlreichen republikanischen und demokratischen Kongressmitgliedern nicht unerheblicher Beliebtheit. Das ist nicht weiter verwunderlich, zahlt die Organisation doch Zigtausende Dollar Redehonorare. So soll Trumps Sicherheitsberater John Bolton regelmässig für seine Auftritte bei MEK-Veranstaltungen mit bis zu 180’000 Dollar entlohnt worden sein.
Doch nicht nur Redner werden bezahlt, auch die Zuhörer. So waren die Tausende Polen und Tschechen, die am 30. Juni in Paris Rudi Guliani zuhörten, wohl weniger aus Begeisterung für Trumps Rechtsanwalt gekommen, sondern um das versprochene kostenfreie Wochenende in Paris zu geniessen. Die Organisation schwimmt in Geld, das – so wird vermutet – aus Saudi Arabien kommt.
Vom Widerstand zum Terrorismus
Schon seit langem gibt das Verhalten Washingtons gegenüber der MEK Anlass zu Verwunderung. Zunächst, Anfang der sechziger Jahre, bekämpfte sie mit einer Mischung aus Marxismus und Islamismus den Schah von Persien und erfuhr bis in die siebziger Jahre breite Unterstützung in der Bevölkerung. Doch dann legte sie sich mit Ayatollah Khomeini an, der die 52 amerikanischen Botschaftsgeiseln nicht – wie von der MEK gefordert – exekutierte sondern freiliess. Daraufhin floh die Gruppe nach Irak und diente Saddam Hussein als eine Art Miliz im acht Jahre währenden Krieg mit dem Iran. Seither gelten MEK-Mitglieder in Iran als Verräter.
Als die Organisation nach einer Invasion im Iran in einer verheerenden Niederlage über 4000 ihrer 7000 Kämpfer verlor, wandelte sie ihr inzwischen verschwundener Führer Massoud Rajavi in eine kultähnliche Bewegung um. (Heute führt seine Frau die Organisation an.) Allen Mitgliedern wurde befohlen, sich scheiden zu lassen und fortan zölibatär zu leben, um ihre Liebe und Hingabe ausschliesslich auf die Führer der Organisation konzentrieren zu können. Kinder von MEK-Mitgliedern wurden aus dem Lager geschafft und von exilierten Mitgliedern, die in Europa und Nordamerika lebten, adoptiert. Damit wurde die Loyalität der Mitglieder sichergestellt. Sollte ein Elternteil versuchen, die Organisation zu verlassen, würde es jeglichen Kontakt mit seinem Kind verlieren. Aus diesem Grund wagen es auch heute noch zahlreiche Väter und Mütter nicht, die MEK zu verlassen.
„Unser Mistkerl“
Gleichzeitig zwang die MEK-Führung Mitglieder, sexuelle Phantasien zu gestehen und auf Band zu sprechen, so dass diese Geständnisse später gegebenenfalls gegen sie verwendet werden konnten. Ungehorsame Mitglieder wurden in Einzelhaft gehalten, in einzelnen Fällen jahrelang. Andere wurden vor ihren Angehörigen zu Tode gefoltert. In einem Artikel der New York Review of Books berichtete Trita Parsi vom National Iranian American Council über die äusserst erfolgreiche Lobbyarbeit der MEK, die schliesslich nicht unerheblich zu ihrer Legalisierung in den USA beitrug. Damals, 2012, habe ein US-Beamter zu ihm bemerkt: „Tatsächlich behandelt Al-Qaeda ihre Mitglieder besser als die MEK ihre.“
Al-Qaeda mag ihre Mitglieder besser behandeln als die MEK. Ganz sicher aber haben weder al-Qaeda noch ISIS jemals in Washington Büroräume angemietet, gemeinsam mit Abgeordneten Spendenaktionen durchgeführt oder US-Repräsentanten Redehonorare angeboten, um auf ihren Veranstaltungen aufzutreten. Auch als sie noch auf der Liste terroristischer Organisationen geführt wurde, unterhielt sie ganz offiziell ein Büro im National Press Club Building und empfing regelmässig Kongressabgeordnete beider Parteien. Anfang des Jahrtausends heuerte Fox News sogar einen MEK-Lobbyisten als TV-Terrorismusexperten an.
Unser Mistkerl
Einst sagte Präsident Franklin Delano Roosevelt über Anastasio Somoza García, den Gründer der Somozadynastie, die von 1933 bis zu ihrem Sturz 1979 die Geschicke Nicaraguas lenkte: „Ich weiss, er ist ein Mistkerl. Aber er ist unser Mistkerl.“ So ähnlich sehen es die Falken in Washington. Schon 2007 drangen US Special Forces, unterstützt vom israelischen Geheimdienst Mossad und von MEK-Partisanen, in Iran ein und töteten dort sogenannte „high-value-targets“, Atomwissenschaftler und hohe Offiziere der Revolutionsgarden.
Die Regierung Trump hat höhere Ziele. Schon vor einem Jahr rief Sicherheitsberater John Bolton auf einer MEK-Veranstaltung in Paris seinen Zuhörern zu: „Das Verhalten und die Ziele des Regimes (in Iran) werden sich nicht ändern. Darum ist die einzige Lösung, die Regierung zu wechseln.“ Und am 5. Mai, nur zwei Wochen nachdem er als juristischer Berater der Mannschaft Donald Trumps beigetreten war, betonte Rudi Guliani auf einer ebenfalls von der MEK organisierten Tagung in Washington noch einmal, der Präsident setze sich „voll für einen Regierungswechsel“ in Iran ein.
85 Minderjährige warten im Iran aktuell auf ihre Hinrichtung (Amnesty International, Terres des Femmes)
Die hängen im Iran Jugendliche auf! Dieser "Gottesstaat" soll im Bürgerkrieg versinken, falls die Mullahs nicht endlich von der Bildfäche verschwinden.
Ich habe mich immer gefragt:
Welches rohstoffreiches oder strategisch wichtiges Land werden die USA als nächstes mit ihrer CIA destabilisieren und so neue Flüchtlinge produzieren? Also Iran ist jetzt an der Reihe. China oder Russland machen so etwas nicht. Die beschämenden Hetze und falschen Beschuldigungen gegen Putins Russland müssen aufhören.
Verfolgen Sie einmal die Hetze, die in der russischen Presse gegenüber dem angeblich dekadenten, zum Unterhang verdammten Westen geäußert wird. Seltsamerweise fordert niemand der Freunde Putins hier, dass die dortige Propaganda gegen die „verlotterten“ Demokratien beendet wird.
In den Auseinandersetzungen mit Iran setzen die USA auch auf die iranischen Volksmudschahedin. Also schon wieder die gleiche Methode wir mit Alkaida in Afghanistan und mit dem IS in Syrien. Zuerst ein Land mit dem Terror infizieren und destabilisieren, um dann als Retter mit der US-Army einzumaschieren und für immer im Lande zu bleiben. Wer Öl und Gas hat, der hat sicher noch keine Demokratie und das macht den USA und den westlichen Willigen große Sorgen.
«...die gleiche Methode wir mit Alkaida in Afghanistan...»
«1998 enthüllte Brzezinski in einem Interview mit der französischen Zeitung „Le Nouvel Observateur“, dass die USA bereits VOR dem Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan die Mudschaheddin finanziell unterstützt hätten. Ziel dieser Politik sei es gewesen, so Brzezinski, die Wahrscheinlichkeit eines Einmarsches der UdSSR in Afghanistan zu erhöhen. Gefragt, ob er die Unterstützung fundamentalistischer islamischer Gruppen inzwischen bereuen würde, antwortete er: „Was soll ich bereuen? Diese verdeckte Operation war eine hervorragende Idee. Sie bewirkte, dass die Russen in die afghanische Falle tappten und Sie erwarten ernsthaft, dass ich das bereue. Am Tag, da die Russen offiziell die Grenze überschritten, schrieb ich Präsident Carter: Jetzt haben wir die Möglichkeit, der UdSSR ihr Vietnam zu liefern.“»
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/juli/warum-der-westen-rus...
Aufmerksam auf diese Quelle wurde ich vor sechs Jahren im journal21. Aber die Quelle im Journal21 fand ich nicht mehr.
Danke Armin Wertz!
Somit bleibt sich die Aussenpolitik der USA auch unter Präsident Trump treu.
Ich hab mal gegoogelt und es sieht wohl schon danach aus, dass die MEK seit ihrer erzwungenen Entwaffnung durch die USA nicht mehr aktiv gewalttätig gegen Außenstehende ist.
Eindrücklich schildert Armin wertz die Unterstützung einer terroristischen Organisation. Der Autor ist auch der Verfasser des lesenswerten Buches: die weltbeherrscher, militärische und geheimdienstliche Operationen der USA. Betrifft uns diese Politik der USA auch? Wir liefern der USA Kriegsmaterial und die Nationalbank, Banken, Versicherungen und Pensionskassen investieren in US Rüstungskonzerne die sogar bei uns verbotene Waffen wie Atombomben, Streubomben und antipesonenminen herstellen. Sollten wir diese Deals nicht stoppen?