Über die Heuchelei der Flüchtlingshilfe

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Über die Heuchelei der Flüchtlingshilfe

Von Helmut Scheben, 08.01.2015

Flüchtlingshilfe ist Symptombekämpfung. Vielleicht sollte man die Kriegstreiber stoppen, bevor man sich der Kriegsvertriebenen annimmt. Eine radikale Polemik.

Jeder Autounfall mit Totalschaden steigert die Umsätze der Autoindustrie. Mag zynisch klingen, ist aber unbestreitbare Logik.  Wo viel kaputt gemacht wird, muss viel erneuert oder repariert werden. Jedes amerikanische Luftbombardement im Irak – um ein anderes Beispiel zu nennen -  füllte anschliessend die Autragsbücher der amerikanischen Baufirma Kellog, Brown & Root (nach eigener Darstellung „the world‘s largest defence services provider“),  einer Tochter des Ölkonzerns Halliburton.

Cheney und der Einmarsch in Irak

Dick Cheney, Verteidigungsminister im ersten Golfkrieg und Vizepräsident unter George W.Bush im zweiten Golfkrieg, hatte dafür gesorgt, dass Kellog, Brown & Root mit dem Wiederaufbau in Afghanistan und im Irak betraut wurde.  Cheney war ab 1995 Aufsichtsratsvorsitzender und CEO von Halliburton. Wen wunderts, dass Cheney ein entschiedener Befürworter der Kriege im Irak und in Afghanistan war?  

Nun spricht das Uno-Flüchtlingshilfswerk von einer Flüchtlingskatastrophe. 18 Millionen Menschen seien allein in und um Syrien auf der Flucht. Mehr als acht Milliarden Dollar würden benötigt. Donate now! Spenden Sie jetzt!

USA und Nato – Hauptschuldige der Syrientragödie?

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte in ihrer Neujahrsansprache, noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg habe es soviele Menschen gegeben, die  Zuflucht suchten. Und mit klarer Anspielung auf die Pegida-Demonstranten: Zuwanderung von Menschen sei „ein Gewinn für alle“. Und in der Schweiz fordern die Grünen die Aufnahme von hunderttausend Syrern und Syrerinnen.

Was bei all dem auffällt, ist das angestrengte Ausblenden der Ursachen. Hat man bei all den vielen lobenswerten humanitären Deklarationen ein einziges Mal einen Apell an diejenigen gehört, die den Krieg in Syrien mit Waffenlieferungen und politischer Hilfe für aufständische Terrorgruppen  vorangetrieben haben? Hat man von Frau Merkel jemals einen Apell an den grossen NATO-Partner USA vernommen, eine politische Lösung zu suchen anstelle militärischer Unterstützung aufständischer Gruppen? Vor wenigen Wochen gab Washington bekannt, dass erneut bewaffnete Einheiten in der Türkei aufgestellt werden, um die Regierung Assad zu stürzen.

Ghadhafis Sturz  –  noch eine Nato-Sünde

Seit die NATO-Verbände Ghadhafi in Libyen gestürzt haben, versinkt das Land in Anarchie. Libyen ist innert kurzer Zeit zum wichtigsten Exporthafen von Flüchtlingen im Mittelmeerraum geworden. Dort agiert die Schlepper-Mafia nun völlig ungehemmt. Nach dem Sturz Ghadhafis organisierte der amerikanische Geheimdienst die Waffenlieferungen von Benghasi aus an die Freie Syrische Armee und andere Oppositionsgruppen, um einen weiteren „arabischen Frühling“ in Syrien anzuheizen. Die Ergebnisse sind bekannt. Die Waffen landeten zum grossen Teil beim sogenannten Islamischen Staat, und der militärische Konflikt geht weiter.

Biedermann und die Brandstifter kommen einem in den Sinn. Während die einen Angriffskriege beginnen oder Regierungen destabilisieren, betreiben die andern weltweit Spendenkampagnen für die Flüchtlingshilfe. Oben wird das Dach abgefackelt, und unten tun die Helfer ihren humanitären Sisyphus-Job.  Wollte man zynisch urteilen, müsste man sagen: Die Brandstifter und die Helfer bilden ein funktionierendes Team.

Die Fluchtverursacher – alles klar

Es ist eine Sache des Anstandes, Menschen aufzunehmen, denen der Krieg keine andere Wahl lässt als die Flucht. Aber sicher wäre es sinnvoller, erst die Verursacher der Fluchtbewegung zu stoppen: diejenigen, die meinen, sie könnten mit einer Kanonenbootpolitik politische Probleme in Syrien, in Afghanistan, im Irak oder wo auch immer aus der Welt schaffen.

 

 

 

 

 

 

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Helmut Scheben liefert einmal mehr eine stringente Analyse der trostlosen Lage. Das ist keine Polemik und auch nicht zynisch. Sehr zynisch ist hingegen die Realität. Da zerstört die gigantische US-Kriegsmaschinerie zusammen mit "willigen" Mittätern (aus EU und Nato), die ihr hinterher laufen, ganze Staaten wie Afghanistan, Irak oder Lybien systematisch. Und hinterher klagen die Machthaber in Washington über "failed states" und rufen nach "nationbuilding". Und jene "Aufständischen", welche US-Geheimdienste zunächst hintenherum aufgerüstet und ausgebildet haben (zuletzt wieder in Jordanien gegen Syrien), entpuppen sich dann bald als unkontrollierbare "Terroristen", die man leider (unter Inkaufnahme tausender ziviler Opfer, sogenannter "Kollateralschäden" eben ) nun mit Bomben wieder bekämpfen müsse. In Afghanistan und Libyen lief es genau nach diesem üblen Muster ab. Und kaum ein Medium hierzulande kritisiert die Brandstifter made in USA dafür – nicht einmal mehr die WoZ. Hingegen schnöden die Mainstream-Medien bei jeder Gelegenheit über die Neutralität der Schweiz, die uns leider daran hindere an solchen "Friedensmissionen" auch "soldarisch" teilzunehmen. Zum Glück ist diese gefährliche Position ein eher elitäres, extremes Minderheitenprogramm: Mehr als 90% der "normalen" Menschen im Land haben begriffen, dass gerade die Neutralität ein sehr wichtiges und wirksames Prinzip ist, um unser Land aus den oben dargestellten Lumpereien heraus zu halten.
Niklaus Ramseyer

Eine richtige Einschätzung der Lage. Danke, Herr Scheben.
Ich habe in ähnlicher Weise versucht, in einem unpolitischen Buch diese Umstände unterzubringen. So vorsichtig wie nötig, und so ehrlich wie möglich. Die Medienschelte war abzusehen. Die Kritik war zu erwarten.

Da ich des öfteren die Gelegenheit hatte und habe, führende, politische und andere Persönlichkeiten zu treffen, drängte sich diese Sichtweise richtiggehend auf.
Man muss auch die UN im ganzen Zusammenhang mittlerweile leider als kriegstreibende Kraft betrachten. Ob das opportun ist oder nicht, entscheidet der gesunde Menschenverstand. Reicht dieser nicht, dann hilft ein Blick auf die Statistik; die Erfolge der UN sind sehr bescheiden. Dick Cheney und Ex-Präsident George Bush der Ältere haben eine ungeheure Macht. Zieht man die Weltbank und das IMF hinzu, ergibt sich langsam ein klares Bild.
Aber das ist nicht Mainstream und somit verwerflich.

Ich stimme Ihnen ganz zu Herr Scheben. Ich denke die Verantwortung die wir (der Westen) tragen für Chaos und Kriege (selbst angefangen oder jedenfalls befeuert) wiegt sehr schwer. Da geht es nicht nur um ein paar Tote sondern um ganze Länder und Regionen die schwer beschädigt wurden (wegen etwelcher strategischer und wirtschaftlicher Ziele)...

Die USA haben mit ihren Kriegen, Waffenlieferungen
und Destabilisierung von Regierungen die meisten
Flüchtlinge verursacht. Die meisten Flüchtlinge landen
in Europa. Warum nehmen die USA als Verursacher
der meisten Flüchtlingsströme keine Flüchtlinge auf?

Herzlichen Dank Herr Scheben, Ihre Zeilen solte die Masse von 20-Minuten-Lesern erreichen und nicht die der verlogenen Kriegsverbrecher. Ich ziehe den Hut:-))

Wie Recht Sie haben Herr Scheben!! Die Kriegsverbrecher, welche die Zerstörungen angerichtet und das Heer von Flüchtlingen, von geschundenen Menschen, auseinandergerissenen Familien, zerstörten Gemeinschaften verursacht haben, leben unbehelligt und auf freiem Fuss.

Die Kriegsmateriallieferungen der Schweiz an die Nato Staaten und in das Pulverfass des Nahen Ostens gehen weiter, obwohl dies verboten wäre, denn heute schreibt die Kriegsmaterialverordnung, Stand 1. November 2014, unmissverständlich vor: „Auslandgeschäfte und Abschlüsse von Verträgen nach Artikel 20 des Kriegsmaterialgesetzes (also mit Kriegsmaterial) werden nicht bewilligt, wenn: a) das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist.“
(5) http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19980112/201411010000/...)
Schon seit Jahrzehnten ist diese Sache in verschiedenen Versionen Kriegsmaterialverordnung klar formuliert worden: Staaten die Kriege führen dürfen nicht mit Waffen beliefert werden. Wie der Berner Jurist Christoph Bürki seit Jahren schon verlangt: Die Leute die diese Waffenlieferungen in der Schweiz zu verantworten haben, sollten gerichtlich zur Rechenschaft gezogen werden.

Besten Dank Helmut Scheben.

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