Zürich Transit Maritim

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Zürich Transit Maritim

Von Urs Meier, 19.12.2013

Jetzt kommt er also, der riesige alte Hafenkran, und zwar ans Limmatquai beim Zürcher Rathaus. Kunst ist das.

Aber was für Kunst ist das, um die seit fünf Jahren in jeder Budgetdebatte des Stadtparlaments episch gestritten wurde? Bald kann man sie sehen. Im Frühjahr 2014 soll das Ungetüm in Zürichs Altstadt aufgebaut werden, und zwar im Rahmen von «Zürich Transit Maritim», wie die Aktion in gutem Event-Deutsch heisst. Natürlich gibt das weiterhin heftig zu reden, und damit ist die entscheidende Anforderung an den Kunstcharakter offenbar bereits erfüllt: Kunst müsse zum Denken anregen, betonen die obsiegenden Ratsmitglieder aus dem links-grünen Parteienspektrum der Stadt.

Sie folgen damit einer postmodernen Orthodoxie, die für einen allmählich verödeten, gedankenleeren, aber umso wirksamer propagierten Mainstream der Produktion und Theorie von Kunst steht. «Intervention» ist Schlüsselwort und Blankocheck dieses Konzepts. In welch ermüdenden Variationen hat es nicht schon darauf abgezielt, «mit Kontexten zu interagieren», «Sehgewohnheiten zu verändern» und «Konventionen ironisch-subversiv aufzubrechen»!

Solche Kunst braucht den öffentlichen Raum; nur hier findet sie die Gegen- und Widerstände für ihre Aktionen. Öffentlichen Charakter hat sie aber auch dadurch, dass einzig das Gemeinwesen sie ermöglicht und finanziert. Und genau daran krankt das Interventionsparadigma schon immer: Es gibt sich rebellisch, hängt aber an staatlicher Kulturbürokratie und behördlicher Förderung. Als Kunst ist der Hafenkran das Monument eines längst toten Konzepts. Als Event kann man ihn (vielleicht) lustig finden.

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Bekannte von mir halten nichts von einem Hafenkran am Limmatquai. Für sie ist dieser Kran Gu-Gus, obwohl sie eher zu den Sympathisanten der Alternativen, Grünen und Sozialdemokraten gehören. Ich persönlich finde auch, dass das Geld für den Hafenkran besser Pfarrer Sieber für die Betreuung von Obdachlosen zur Verfügung gestellt werden sollte. Eine Idee wäre auch, das Geld für Waisen und Witwen zur Verfügung zu stellen, der Väter, Mütter oder Ehegatten in den letzten Jahrzehnten durch Schweizer Waffen in den vielen Kriegen getötet wurden. Die Schweiz exportierte von 1975 - 2012 für fast 16 Milliarden Franken Kriegsmaterial, laut der offiziellen Statistik des Bundes. Zu einem grossen Teil gingen diese Ausfuhren an Krieg führende Staaten, in Spannungsgebiete, an menschenrechtsverletzende Regimes und an arme Länder in der Dritten Welt in denen Menschen hungern. Die Finanzierung von Waffengeschäften und die Beteiligung an Firmen die Streumunition und Streubomben (Clustermunition) herstellen durch die UBS, Crédit Suisse und die Zürcher Kantonalbank ist in diesen Zahlen nicht enthalten.

Oder soll das Kriegsmaterial von Rheinmetall und anderen Firmen die Kriegsmaterial in Zürich produzieren in Zukunft mit dem Hafenkran nach Saudi-Arabien, die Emirate, und an die immer wieder Kriege führenden Nato Staaten auf Limmat-Barken verladen werden?

Wie wäre es, wenn man im Zürcher Rathaus die Zürcher Kriegsmaterialexporte diskutieren würde, statt der Hafenkran? Zürich könnte sich an die Kriegsmaterialverordnung halten und keine Waffen mehr an Folterstaaten und an Staaten die Kriege führen exportieren. Diese Diskussion wäre auch wichtiger als die Diskussion um den Jugendlichen Carlos. Auch Erwachsene sollten sich nämlich an Gesetze halten. Kriegsmaterialexporte sind nicht einfach das Bier Berns. Auch in der deutschen Stadt Kassel wurde die Rüstungsproduktion im lokalen Parlament diskutiert.

Die Kriegsmaterialverordnung der Schweiz verbietet seit 2008 klar und deutlich Kriegsmaterialexporte an Staaten die in einen „bewaffneten Konflikt verwickelt sind“ oder an Länder welche „die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen“. Diese klare Verordnung wurde bisher überhaupt nicht eingehalten. Es werden laufen Waffen an Staaten geliefert, die Kriege führten, wie die USA und andere Nato Staaten, in Afghanistan, Libyen, Mali, die mit Drohnen Verdächtige töten, meist Zivilisten. Waffenkunden in den letzten Jahren waren auch Staaten die foltern, wie Saudiarabien, Pakistan, die Arabischen Emirate und die USA usw.

vgl. journal21 Artikel "Heimweh nach St. Pauli"

Was kostet den das Spielzeug das Gemeinwesen?
Ist Zürich nicht gerade bös verschuldet?
Sehgewohnheiten verändern? Du meine Güte!
Sicher werden damit Sehgewohnheiten verändert. Weil ein Hafenkran ein Werkzeug ist das man zb. im Hamburger Hafen gebrauchen kann. Aber in Zürich steht es bloss sinnlos herum und demonstriert die abgehobene Dekadenz und Geldverschwendung der Politeliten.
Heutzutage ist die Bezeichnung "Elite" übrigens ein Schimpfwort für überhebliche Zeitgenossen die vergessen haben wozu sie mal gewählt worden sind.

Nein, Zürich ist gerade nicht bös verschuldet. Was sich aber voraussichtlich in den nächsten Jahren ändern wird, Hafenkran hin, Hafenkran her.

Kunst kommt von können. Beim Channelling mit Klaus Kinski hab ich`s erfahren. Er meinte: „wahre Kunst wäre, den Flugzeugträger USS-Nimitz (CVN 68) ins Seebecken von Zürich zu stellen. Daraus ein Opernhaus zu machen und Wagners Götterdämmerung aufzuführen. Möglicher Weise nochmals Donizettis Lucia di Lammermoor. Alles andere sei nur Ware Kunst. - Frohe Weihnacht an der Waterkant-….cathari

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