Fertiggotteshaus

Diese lustigen Fertighäuser, wie sie beispielsweise auf dem nordamerikanischen Kontinent nicht aus der Mode geraten, und die man mit etwas handwerklichem Geschick selbst zusammenzimmern können sollte (und später en bloque versetzen, wenn man sich einen neuen Garten gekauft hat), die sind nicht gerade eine neuzeitliche Erfindung. In der Spätantike wurden aus den Marmorbrüchen nicht mehr nur Steinblöcke verkauft, sondern zunehmend halbfertige Teile, beispielsweise Säulenkapitellrohlinge, die nachher am Ankunftsort von Steinmetzen mit lokalen Ornamenten versehen wurden, oder roh behauene Sarkophagteile, später auch Fertigprodukte. Bei Marzamemi (Sizilien) fanden Archäologen ein gesunkenes Schiff, das anfangs des 6. Jahrhunderts in Konstantinopel ausgelaufen war und sage und schreibe einen kompletten Kirchenbausatz enthielt: tragende Elemente (Sockel, Säulen, Kapitelle), Pfeiler und Platten für den Chor, einen Altar, eine Kanzel aus thessalischen Brekzien und ein vielteiliges Liturgie-Bastelkit. Boah, der arme Reeder, der dieses Handelsschiff verlor! Dieses Malheur muss verdammt teure Umtriebe nach sich gezogen haben … Wie schade, ich hätte zu gern dem Gefluche der Bauleute gelauscht, während sie das Teil x-mal verkehrt rum zusammengemörtelt hätten. Denn es ist nicht anzunehmen, dass ikea-artige Bauanleitungen damals verständlicher piktogrammiert waren als heute. Und so, wie ich in meinem schiefen Schrank die Kleider nicht richtig stapeln und die Tür nicht schliessen kann, hätten sie, egal wie geschickt gefaltet, zerlegt oder vakuumiert, den Grossen Gott beim besten Willen nicht durchs verzworgelte Tor in die Kirche hineingekriegt, oder wenn doch, mit Ach und Krach, dann wäre er irgendwie immer auf dem Dach rausgekommen und im dümmsten Fall an der Sonne verdunstet.

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