Tagaus

Solang’ kein Licht brennt, steht der Tag nur am Himmel. Flieg, mein Drachen, aber zerr’ nicht, sonst lass’ ich die Schnur los. Frühmorgens sind wir für uns, Liebster, traumvergoren, sind Fläche und Hügel, Damm und Graben. Was, wenn wir nichts lernten, sind wir dann mehr oder weniger? Wie viel Welt bist Du mir, mein Lieb, wenn mir die Augen verbunden, mit was greifst Du nach mir, wenn ich Schatten bin.
Morgens holt mich die Erde, die Schwester, die Luft. Morgens für einen Moment ist es, als wären wir nie getrennt und die Ahnen gurren auf dem First, unter dem ich hause. Auf, auf! Die Treppe hinunter weiß ich noch kaum, wie das funktioniert mit Lunge und Luft.
Wie es wohl wäre, drinnen zu bleiben, mein Bettchen, mein Faden, mein Drachen.
Wenn niemand meine Straße schrubbte mit rotierenden Bürsten und kein Bäcker seine Fladen auf’s Band klatschte, jetzt, gerade. Noch nicht! Bleib mir doch unbegreiflich, ich bitt’ Dich. Ah, warum bin ich Fleisch geworden, so schwer. War doch Licht. War doch überall, bevor mich ein Körper in Knoten band und bindet, als wär’ das Wahrheit, so ein Körper, so ein paar Rehaugen. (Mein Äuglein, so nennst Du mich.)
Wie schön Du bist, Leben, Alabasterdöschen, Hefeteig, Du gigantische Habseligkeit. We can be heroes, just for one day. Eine Buchseite, ein Kind, eine Verzweiflungstat. Binde mich, Welt. Lass mich nicht ziehen. Ruf’ nach mir, verlange, dass ich Weib sei, meine Hülle verlasse, verlang’ nach mir, lass’ mich nicht klein sein wie das, was Instrumente können: bin doch mehr als ein Punkt auf einer Karte, der Strich, den ich ziehe, das Wort, das ich wähle.
Ah, Papa, was flüsterst Du so.

Tagein.

Kategorie:

Hinterlasse eine Antwort