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Startseite > Artikel > Jennifer Schreiner > Artikel > „Das kann ich auch!“
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„Das kann ich auch!“

Es gibt einen Satz, der mindestens alle Schriftsteller dieser Welt auf die Palme bringt. – Ebenso wie alle Autoren. Ja, selbst die Hobbyschreiber!: „Das könnte ich auch!“
Abgewandelt kann der Satz auch – wir sind ja flexibel – auch so klingen:
- „Das kann ich auch.“
- „Das tut doch jeder.“
- „Aha.“ (In der richtigen Betonung ist das Aha wirklich sehr viel sagend.)
- „Schreiben? Das ist doch nicht schwer!“
- „Schreiben? Das mache ich auch!“ (Auf diese Aussage komme ich in einem eigenen Artikel zurück.)
Diese rausgerotzten Sätze bedeuten alle dasselbe: „Schreiben? Das kann doch jeder!“ und setzt jede bisher vom Autor/Schriftsteller/Hobbyautor erbrachte Leistung herab.
Also egal welche Preise oder Veröffentlichungen bisher vorzuweisen sind, sie werden komplett nihiliert. Jeder der Deutsch beherrscht und einigermaßen einen Satz geradeaus schreiben kann, könnte somit dieselbe Leistung erbringen.

Aber das ist so nicht richtig und weder kann noch will ich das so stehen lassen: Ich kann auch keine OP durchführen, nur weil ich regelmäßig ER gucke.
Diese Sätze sind eine unüberlegte und deutliche Herabsetzung von Jahren harter Arbeit. Ich sage doch auch nicht. „Hei, ich vertrete Sie vor Gericht – ich habe Ally MacBeal gesehen!“
Und wenn ich so etwas sagen würde, würden alle Juristen empört aufschreien. Wenn Schreiber aller Genres und aller Passionen dasselbe tun, gelten sie als zickige Künstler. Denn Kunst ist eben relativ.
Warum eigentlich?
Weil es keinen Ausbildungsweg gibt?
Kein Ausleseverfahren?
1.Das macht es aber doch schwerer, nicht leichter.
2.Doch gibt es. Was Mist ist, wird nicht gedruckt. Und die Konkurrenz um die marktfähigen Plätze im Verlag ist groß. Entweder man ist gut, man wird es, oder man geht unter. (Natürlich gibt es immer die Ausnahmen, die seit Jahrzehnten schreiben und einfach Pech hatten.)

„Das könnte ich auch.“
Lassen Sie mich an dieser Stelle ein halbfreundliches „Meinetwegen“ erwidern.
„Ich könnte auch Jurist werden, oder meinen Doktortitel in Geschichte machen.“
Sie könnten also eventuell, unter bestimmten Umständen, schreiben. Wenn Sie genug üben, schreiben, lernen und durchhalten, durchhalten und durchhalten. Denn das ist es, was uns vor den meisten anderen Berufen auszeichnet: Eine Besessenheit, die fast wehtut.
Schreiben ist kein Beruf, keine Arbeit und auch nicht schwer?
Das kann nur ein Nicht-Schreiber/Nicht-Autor behauptet haben!
Recherche (fast immer und bei fast jedem Genre), Aufbau, Charaktere, Expose, Inhalt, Plotentwicklung, Schreiben, überarbeiten, Verlagssuche …
Ne … jetzt, wo ich darüber nachdenke ein echtes Kinderspiel.
Lassen Sie mich kurz rechnen: 1 Buchseite pro Stunde, macht bei 8 Stunden Arbeit 8 Seiten, In 50 Tagen ist somit ein 400 Seiten Roman fertig geschrieben, mit Vorab-Recherche und Überarbeitung kann man das also tatsächlich in 5-6 Monaten schaffen. (Ohne bisher einen Cent verdient zu haben.)
Oder noch einfacher: Dieselbe Schreibgeschwindigkeit macht in 15 Tagen einen Heftroman (Kelter, Bastei). Davon kann man auch nicht leben.
Und schneller schafft man es meistens erst, wenn man mehr Übung hat. (Ich kenne Autoren, die schaffen einen Heftroman in einer Woche.)
Wie sicher sind sich nun die potentiellen Super-Schreiber? Sind Sie schnell genug?
Aber weg von den materiellen Euro-Vergnügungen als Schriftsteller und zurück zur Arbeit: Können Sie die Pointe in einer Kurzgeschichte herausarbeiten? Interessante Details schildern? Stimmungen und Atmosphäre rüberbringen? Szenen und Dialoge auf den Punkt bringen? Und das dann auch noch in einem schönen und interessanten Stil, ohne den Faden zu verlieren?
Wie schaut es mit Ideen aus?
Keiner will eine unoriginelle Geschichte lesen oder eine Idee, die es schon hundertmal gab.
Bei längeren Projekten scheitern die meisten Schreiber bereits bei Inhalt und Expose (und ich meine hier nicht diejenigen, die inhaltlich oder stilistisch nicht zu den Verlagen oder den Jahresprogrammen oder dem Markt passen.)
Wie schaut es aus mit Spannung/Höhepunkt/Wendepunkt?
Es reicht eben nicht, eine tolle Idee zu haben oder schreiben zu können. Im Idealfall sollte man beides können.
Und wenn Sie fertig sind mit dem Schreiben? Was machen Sie dann?
Wenn Sie einen Kamin haben, erledigt sich das Problem von allein – ansonsten kommt die nächste Aufgabe auf Sie zu: Sich und Ihr Projekt zu verkaufen!

Viel Spaß beim Schreiben den „Ich kann das auch!“-Leuten und ein dickes „Nicht ärgern lassen“-An-alle-anderen wünscht

Jennifer


12. Feb. 2009 - Jennifer Schreiner
Genre: Artikel

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