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Gerade die schrägen Charaktere mag ich sehr gerne

Interview mit Dietmar Wunder, geführt von Florian Hilleberg am 26. Jun. 2010.


Dietmar Wunder Dietmar Wunder
Florian Hilleberg traf den bekannten Schauspieler und Sprecher auf der Hörspiel 2010 am Stand von Maritim/Verlagsgruppe Herrmann

FH: Vielen Dank, Dietmar, dass du dir hier die Zeit für ein Interview nimmst.


DW: Sehr gerne.


YFH: Dietmar Wunder, die deutsche Stimme von Daniel Craig, alias James Bond! Entschuldigung, aber dass musste ich einfach noch mal sagen …

DW: Das ist ja auch nach wie vor ein großes Fest, muss ich gestehen. Ich werde natürlich immer wieder darauf angesprochen. Ich würde ja nie sagen, ich sei James Bond. Ich bin die deutsche Stimme von Daniel Craig, der James Bond spielt. Aber das ist natürlich immer noch eine große Freude, klar.


FH: Ist es nicht manchmal auch ein bisschen anstrengend, wenn man ständig diesen Vergleich mit James Bond hört?

DW: Ehrlich gesagt, nein! Ich wurde darauf schon öfter angesprochen, ob ich nicht auf die Rolle reduziert wäre. Aber ich habe ja nun das Glück, dass ich nicht „nur“ Daniel Craig synchronisiere, sondern auch Adam Sandler, Don Cheadle oder Cuba Gooding Junior meine Stimme leihe. Und da es so eine Vielseitigkeit hat, bin ich ja nicht auf die Rolle reduziert, denn ich mache ja nicht nur Bond! Hinzu kommt, dass ich den Job immer noch wahnsinnig gerne mache, mit Spaß und Leidenschaft, und deswegen ist es mir egal, ob man sagt: „Hey, du bist doch die deutsche Stimme von James Bond.“ Denn A) bin ich immer noch ein Junge, der natürlich denkt, klar bin ich Bond, und B) ist es ja meine Arbeit die angesprochen wird, und die ich gerne mache. Ich bin auch stolz darauf, dass ich das Glück hatte, die Rolle zu sprechen. Aber wenn man direkt darauf angesprochen wird, ist es immer ein schönes Gefühl.


FH: Wie wird man zu der deutschen Stimme von Daniel Craig? Gibt es ein Casting oder eine Datenbank in der man angefordert wird? Wie hast du die Rolle erhalten?

DW: Bei so großen Rollen, wie meinetwegen bei Daniel Craig als James Bond oder auch damals bei Adam Sandler in seinem ersten großen Film, gibt es oft ein Probesprechen. Wenn man dann in dem Pool der Synchronsprecher ist, kann es sein, dass man angerufen, und zu einem Stimmcasting eingeladen wird. Wie ein Vorsprechen bei der Schauspielerei im Theater, spricht man dann eine Probeszene ein, wo geguckt wird, ob die Stimme zu dem Schauspieler passt. Und dann wird das nicht nur von dem Regisseur entschieden, sondern da hängt noch sehr viel mehr dran. Also bei Bond war es zum Beispiel so, dass es zu Sony Deutschland, Sony Amerika und Sony England ging, und vor allen Dingen auch zu den Originalproduzenten von den Bond-Filmen, Familie Broccoli, EON Production. Die haben in letzter Konsequenz entschieden, damit hatten wir gar nichts mehr zu tun. Das ist unter Umständen sogar der Original-Regisseur, der da mitentscheidet.


YFH: Im Hörspiel bist du natürlich auch eine begehrte Stimme: DON HARRIS oder INSGNIUM, als Vatikanermittler. Das ist beides schon sehr actionlastig und auf Bond gemacht. Ist das für dich ein reiner Text, der eingesprochen wird, oder versetzt du dich in die Rollen richtig hinein?

DW: Interessant. Ich habe letztens darüber mit einem Regisseur gesprochen. Ich habe gesagt, wenn ich Hörspiele mache, oder auch Hörbücher, dann sehe ich vor mir Figuren. Ich habe schon immer Bücher gelesen, als Kind, als Jugendlicher und heute auch noch. Sobald ich etwas lese, wörtliche Rede oder die Beschreibung eines Charakters, sehe ich Bilder. Und wenn ich jetzt im Hörspiel spreche, wie bei INSIGNIUM oder DON HARRIS, dann habe ich da immer ein Bild vor Augen, wie ich mir den vorstelle. Für mich ist das so, als ob ein Film abläuft, den ich nachspielen muss. Bei so Leuten wie den Vatikanermittler bei INSIGNIUM ist es natürlich ein großer Spaß. Klar, ist die Bond-Nummer irgendwo gefragt, aber das Witzige ist vor allen Dingen, als ich damals meine Schauspielausbildung anfing, wurde mir gesagt, ich sei mehr der komödiantische Part. Und jetzt habe ich sowohl das komödiantische Fach bedient, als auch diese actiongeladenen Geschichten, die mir natürlich auch wahnsinnig viel Spaß machen.
Aber um auf deine Frage zurückzukommen: Im Grunde genommen entstehen Bilder, die ich nachspiele. Es ist kein Text, den ich einfach spreche, sondern ich spiele es dann auch.



FH: Durch die Synchronisation von Daniel Craig und die oben genannten Hörspielserien, bist du ja schon auf diesen Heldentypus irgendwie festgelegt. Hast du Ambitionen oder Lust mal so einen richtigen Fiesling zu spielen und den Bösen heraushängen zu lassen?

DW: Ja, total! Interessant ist dazu auch, dass ich im Synchron, vor langer Zeit, in dem Film „The Green Mile“, mit Tom Hanks, diesen ganz fiesen Gefängniswärter synchronisiert habe. Und das war, gemeinerweise muss ich sagen, eine Freude! Ich hab jetzt zum Beispiel ganz oft Psychopathen oder die abgedrehten, schrägen Typen gesprochen, und das ist natürlich als Schauspieler immer das Interessanteste. Diese Rollen, der am Abgrund stehenden oder komplizierten Charaktere, oder auch die Looser, die gebrochenen Persönlichkeiten, sind für Schauspieler immer interessant, weil du da am meisten „Futter“ hast. Die geradlinigen Helden sind zwar auch eine Herausforderung, da muss man ja auch ein Bild vor Augen haben, aber gerade die schrägen Charaktere mag ich sehr gerne. Und ich habe jetzt für Maritim einige kleine Episodenrollen gesprochen, die auch Psychopathen waren, und was mir sehr viel Spaß gemacht hat. Das Schönste ich eigentlich, wenn ich die Möglichkeit bekomme, mich in allen Bereichen auszutoben.


FH: Was für eine Rolle spielen Theater und Fernsehen für dich?

DW: Ich würde sofort drehen und auch sofort Theater spielen. Ich hab in den letzten Jahren immer wieder Film- oder Theaterangebote bekommen. Einige konnte ich terminlich leider nicht wahrnehmen, was mich manchmal geärgert hat. Andere habe ich wahrgenommen und ich muss sagen, je mehr Bereiche ich abdecken kann, desto interessanter und vielfältiger wird es. Ich bin unheimlich neugierig in diesem Beruf. Du kannst mit der Stimme wahnsinnig viel machen, aber du kannst das auf der Bühne oder vor der Kamera noch weiter fortsetzen. Wenn man mir jetzt eine tolle Rolle anbieten würde, egal ob auf der Bühne oder vor der Kamera, würde ich sagen: „Jederzeit!“ Da zieht es mich eben auch immer wieder hin. Es nicht so, dass ich sage, ich bleib im stillen Kämmerlein, das ist mein Ding. Sondern mich reizt es, egal ob es jetzt draußen ist oder auf der Bühne, auch bei Live-Moderationen, mit dem Publikum zu agieren.


YFH: Wenn man als Schauspieler viel im Audio-Bereich zu tun hat, sei es Hörspiel oder Synchronisation, ist man ja häufig allein im Studio. Fehlt einem da nicht die Zusammenarbeit mit anderen Schauspielern?

DW: Teils, teils. Inzwischen sind wir beinahe schon trainiert alleine zu sprechen und uns vorzustellen, dass der Andere antwortet. Andererseits ist es natürlich wahnsinnig schön, wenn du mit einem Partner zusammen spielen kannst. Oder andersherum, wenn du das Publikum live vor Ort hast. Ich hatte letztens eine Live-Moderation vor zweitausend Menschen. Und du stehst oben auf der Bühne und entweder die Leute reagieren, oder sie reagieren eben nicht. Dass heißt, du musst selber reagieren und agieren und das fordert dich natürlich ganz anders, als wenn du ein Hörspiel spielst, was ich damit nicht mindern will. Aber es gibt dir ja auch diesen Adrenalinkick. Von daher ist natürlich schon schön, gerade wenn du mit deinem Partner auch richtig agieren kannst. Vielleicht spielt man die Szene dann doch anders, als wenn man sie alleine spielen würde.


FH: Hörst du dir die Hörspiele, in denen du mitwirkst, auch selber an?

DW: Ich höre es mir gerne an. Manchmal stecke ich in dem Projekt so tief drin, dass ich erst mal Abstand brauche und irgendwann tauche ich dann noch einmal in diese Welt ein und hör mir das an. Auch um zu gucken, ob es so funktioniert hat, wie ich mir das vorgestellt habe. Aus arbeitskritischen Gründen, sozusagen. Ich hör es mir jetzt nicht an, um zu sagen: „War das jetzt wieder toll!“, oder so ähnlich. Es gibt auch Kollegen, die gar nicht hören wollen, was sie da gemacht haben, aber ich möchte es einfach hören, um zu sehen, wo ich stehe. Als eine Art Selbstreflektion.


FH: Wie flexibel bist du bei der Ausarbeitung deiner Rollen? Hast du Einfluss auf die Texte?

DW: Bei Hörspielen ist es unterschiedlich. Ganz oft hast du unheimlich viele Freiheiten, wo man als Schauspieler sagen kann: „Pass auf, ich sprech das so oder so.“ Ich bespreche das natürlich mit dem Regisseur oder mit jemandem vom Verlag, wenn einer da ist. Ich bin gerne jemand, der viel ändert, beim Synchronisieren genauso. Wenn es redigiert und abgenommen ist, muss man allerdings vorsichtig sein. Es gibt manchmal von Sendern freigegebene Skripte, die müssen so bleiben. Ich persönlich bin jemand, der die Sprache gerne mundgerecht und schauspielergerecht macht. Ich kenne das bei der Synchron, als Dialogregisseur, wo ich die Sprecher frage, was sie wie sagen wollen. Natürlich muss der Sinn erhalten bleiben. Das tue ich beim Hörspiel meistens genauso, es soll ja authentisch und lebendig klingen.


FH: Der Trubel um die Sprecher ist ja durch das Hörspiel erst so richtig angeheizt worden. Wie ist das für dich so im Rampenlicht zu stehen, wie hier auf der Messe, beispielsweise?

DW: Für mich ist das sehr schön! Ich wurde auch vorhin darauf angesprochen und habe gesagt, dass es sehr schön ist, wenn man diesen Job aus Leidenschaft betreibt. Für mich ist das nicht nur ein Beruf. Und wenn das eine Anerkennung findet, in dem die Leute sagen: „Hey, wir finden das toll, Sie kennen zu lernen. Mir gefällt was Sie tun.“ Das ist für dich selber ein ganz tolles Gefühl. Hörspiele, Hörbücher oder auch Synchronisation rückten ja in den letzten Jahren immer mehr in die Öffentlichkeit und das ist ja auch eine Anerkennung unserer Gilde, wenn man so will. Und dass die Hörspiele wieder so zum Leben erweckt wurden, finde ich sehr schön.


FH: Vielen Dank für das Interview.

DW: Sehr, sehr gerne.

Bildquelle "James Bond": http://www.vitalitat.de


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