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Kaiserkrieger und alternative Welten

Interview mit Dirk van den Boom, geführt von Lothar Bauer am 17. Aug. 2010.


Dirk van den Boom Dirk van den Boom
Einleitung

Der bekannte saarländische SF Autor Dirk van den Boom hat sich bereit erklärt dem Terracom Rede und Antwort zu stehen.

Den Ausschlag gab sein neustes Werk „Kaiserkrieger“ bei dem der fiktive Kleine Kreuzer „Saarbrücken“ seiner kaiserlichen Majestät Wilhelm dem Ersten eine wesentliche Rolle spielen wird.

Der Alternative-Historie-Zyklus der sechs Bände umfassen wird verschlägt die Saarbrücken und seine Mannschaft in die Zeit des römischen Reiches.
Sie unterstellen sich dem dortigen römischen Kaiser und bleiben ihren Idealen treu.

Da ich selbst Saarländer bin nutzte ich die Gelegenheit Dirk mit ein paar Fragen zu Löchern. Nicht nur zu seinem neuen Werk sondern auch zu Älterem, seiner Arbeit außerhalb der Schriftstellerei und seinem Leben als Saarländer


Nun aber zum Wesentlichen:

TERRACOM: 2010 das Jahr der Kaiserkrieger schreibst Du in Deinem Blog, damit rückt auch die saarländische Hauptstadt mit dem fiktiven kleinen Kreuzer Saarbrücken ins Visier der Öffentlichkeit. Was hat Dich dazu bewogen diesen Schritt zugehen und einen sechs Teiler aufzulegen?
Dirk van den Boom: Nun, alternative Historie habe ich schon immer schreiben wollen und die Idee zum Kaiserkrieger-Zyklus schwebte mir schon lange im Kopf herum. Als ich dabei war, den zweiten Roman meiner Tentakeltrilogie zu verfassen, habe ich angefangen, den ersten der Kaiserkrieger-Bände zu schreiben. Das hat jetzt recht lange gedauert. Eigentlich war auch kein Sechsteiler geplant, sondern wieder nur eine Trilogie. Der erste Roman wurde dann aber so umfangreich, dass ich ihn für die Veröffentlichung teilen musste. So wurde aus der Trilogie ein Sechsteiler.

TERRACOM: Als Schriftsteller und Weltreisender trägst Du ja dazu bei, das Saarland in der Welt noch bekannter zu machen als es schon ist.
Selbst Saarländer kann ich das natürlich nur begrüßen und auch unterstützen. Was verbindet Dich mit dem Saarland und gibt es da auch einen Bezug zu Deiner Schriftstellerei?

Dirk van den Boom: Eigentlich ist das jetzt das erste Mal, dass ich einen Bezug zum Saarland einbaue. Ich lebe jetzt seit 11 Jahren in Saarbrücken und da war es sozusagen höchste Zeit. Mit dem Saarland verbindet mich eine Menge, es ist trotz aller vielen beruflichen Reisen mein Lebensmittelpunkt. Meine Tochter ist hier geboren, sie ist die echte Saarländerin in einer Familie aus Zugewanderten :)

TERRACOM: Ist es Zufall, dass die Saarbrücken in die Zeit des römischen Reiches verschlagen wurde?
Dirk van den Boom: Na ja, ich habe nach einer Epoche gesucht, die sehr spannend ist, gut zu recherchieren und für die Leser auch nachvollziehbar und verständlich. Von allen antiken Staaten ist uns durch die Schule - und eine endlose Kette von Sandalenfilmen - das Römische Reich gewissermaßen "vertraut", zumindest als historisches Konzept. Und die gewählte Zeit - die Spätantike, der Beginn der Völkerwanderung - macht es besonders spannend. Das waren wohl die wichtigsten Faktoren. Außerdem spukte mir ja der Zyklentitel "Kaiserkrieger" im Kopf herum. Ich benötigte daher für meine Zeitreisenden einen Kaiser als Bezugspunkt.

TERRACOM: Weiter oben antwortest Du, dass Du „die Zeit der Spätantike und der Völkerwanderung als besonders spannend empfindest“. Sicher ist diese Epoche mit oder ebenso vorbereitend für die spätere Entwicklung Europas zu sehen, die äußeren Einflüsse jetzt mal außer Acht lassend. Wirst Du irgendwelche dieser früheren Entwicklungen mit den Kaiserkriegern verflechten?
Dirk van den Boom: Natürlich. Die Völkerwanderung gibt Westrom den Todesstoß. Meine Zeitreisenden wissen das und machen es sich zur Aufgabe, genau diese Entwicklung zu verhindern. Sie versuchen allen Ernstes, den Untergang des Römischen Reiches durch ihre Intervention zu verhindern. Doch ihr Vorgehen stößt natürlich auf erheblichen Widerstand. Es ist ja auch ohne den Angriff der Goten und Hunnen eine wilde Zeit: Der Kirchenstreit zwischen den verschiedenen christlichen Glaubensinterpretationen – den Arianern und den Trinitariern – ist voll entbrannt und die Kirche schickt sich an, Staatskirche zu werden (und löst dabei fast einen Bürgerkrieg aus). Das Imperium ist ökonomisch am Ende, die Gesellschaft statisch, weite Landstriche sind unterbevölkert, Männer müssen in den Militärdienst gepresst werden, die Kluft zwischen einer reichen Oberklasse und dem Rest der Bevölkerung ist massiv – alles Krisensymptome, die man eigentlich gleichzeitig angehen muss. Dass unsere wackeren Helden damit möglicherweise leicht überfordert sein werden, dürfte niemanden verwundern.

TERRACOM: Bei meinen Recherchen ist es mir nicht gelungen einen kleinen Kreuzer Saarbrücken aufzuspüren.
Ist es möglich das die Szenarien um dessen Verschwinden vor dem ersten Weltkrieg wegen verschiedenster Gründe unter den Tisch gekehrt wurden.

Dirk van den Boom: Es gibt keinen solchen Kreuzer. Es gab drei Schiffe der BREMEN-Klasse, ich habe für meinen Zyklus ein viertes hinzugedichtet. Die Kleinen Kreuzer haben im I. Weltkrieg eine eigene, mitunter sehr dramatische und abenteuerliche Geschichte in aller Welt erlebt. Ich wollte keines dieser sehr bekannten Schiffe wählen, es hätte mich inhaltlich eingeengt. Also habe ich die kaiserlich-wilhelminische Flotte schlicht um ein Schiff ergänzt.
Obgleich Deine Verschwörungstheorie natürlich auch etwas für sich hat...

TERRACOM: Verschwörungstheorie gutes Stichwort. Schon mehrmals wurden Schiffe im Laufe der Geschichte, wenn auch eher der fiktiven, in die Vergangenheit verschlagen. Zum Beispiel der amerikanische Flugzeugträger Nimitz (Film) oder die vielen Schiffe im Bermudadreieck. Hast Du Anleihen von diesen Ereignissen genommen oder gehst Du in Deiner Geschichte darauf ein?
Dirk van den Boom: Das Genre der alternative history ist alt und das Grundkonzept meiner Romane ist nicht neu – man betrachte nur den in den USA sehr erfolgreichen "1632"-Zyklus von Eric Flint oder die Romane von Harry Turtledove. Die Konfrontation unterschiedlicher Zeitabschnitte per Zeitreise und die sich daraus ergebenden Veränderungen sind ein klassischer Handlungseinstieg. Ich liefere sozusagen die deutschsprachige Variante dieses Themas. Aber ich beanspruche keine besondere Originalität.

TERRACOM: Der Name Saarbrücken bietet doch schon eine gewisse Originalität. Und erst besonders wenn sich Deine Protagonisten auf saarländischem Boden bewegen.
Dirk van den Boom: Es war mein Ziel, für den deutschen Leser einen klaren lokalen Bezug herzustellen, den die amerikanischen Romane – auch jene, die etwa in Deutschland spielen – oft nicht haben oder doch arg herkonstruieren.

TERRACOM: Der Saarlouiser Paul von Lettow-Vorbeck war ja in vielen deutschen Kolonien tätig. Vor allem seine Niederschlagung des Hereroaufstand in Namibia, dem damaligen Deutsch-Südwestafrika, ist sicher kein Ruhmesblatt der deutschen und eigentlich auch der saarländischen Geschichte. Die Kaiserkrieger werden doch sicher einen anderen Weg in der Geschichte einschlagen?
Dirk van den Boom: Unsere Zeitreisenden stehen, nachdem sie akzeptiert haben, dass sie in der Zeit verschollen sind, vor der zentralen Frage: Was machen wir? Erobern wir mit unserer dominanten Technologie eine Insel und machen uns ein schönes Leben - oder sind wir Krieger des Kaisers, in diesem Falle des römischen, und versuchen, im Imperium einen sinnvollen Platz für uns zu finden? Sie entschließen sich für die letztere Variante. Die Protagonisten, allen voran mein Kapitän, sind in manchen Aspekten sicher keine klassischen wilhelminischen Offiziere. Ich musste Charaktere zeichnen, mit denen auch ein heutiger Leser gut zurechtkommt. Also sind meine Protagonisten in manchen Dingen Kinder ihrer Zeit, in anderen aber möglicherweise liberaler als es ihre tatsächlichen Zeitgenossen gewesen wären.

TERRACOM: Bei „Kaiserkrieger“ ist ja auch eine Assoziation zu erkennen. Zum Ersten ist die Saarbrücken ein Kriegsschiff der Flotte des deutschen Kaisers. Und die Kaiserkrieger begeben sich in ihrer neuen Umgebung wieder in den Dienst eines Kaisers. Ich bin mal gespannt wie sich deren Denk- und Lebensweise in den Romanen niederschlägt und ob auch heute noch etwas von diesen „Zeitreisenden“ zu finden sein wird.
Dirk van den Boom: Tatsächlich ist diese Denkweise gar nicht so monolithisch. Halten wir doch fest, dass in den Mannschaftsdienstgraden und dem Unteroffizierscorps jener Zeit etwa die Sympathien für die sozialistische Bewegung gar nicht so gering waren – sonst wäre es ja später auch nicht z. B. zum Matrosenaufstand gekommen. Und auch das Offiziercorps war innerlich nicht homogen, ja, es gab sogar z. T. massive Standesunterschiede und Hierarchien mit allen damit verbundenen Konflikten. Ich werde versuchen, einige dieser Linien nachzuzeichnen.

TERRACOM: Und wird der Weg die Kaiserkrieger auch ins Saarland führen oder werden diese eher dem Wasser verbunden bleiben?
Dirk van den Boom: Diese Frage wird sich im dritten Band des Sechsteilers beantworten, den ich gerade fertig geschrieben habe...
TERRACOM: Gut . Ich denke, dass ich die Antwort erahne. Werde darauf aber jetzt nicht näher eingehen und mich als Leser gerne überraschen lassen.

TERRACOM: Dann hast Du ja noch drei Bände vor Dir. Gibt es so was wie ein Exposé für Dein Projekt? An das Du Dich dann akribisch hältst oder entwickelt die Geschichte schon mal ein gewisses Eigenleben? Was ich mir bei einem Sechsteiler schon vorstellen könnte.
Dirk van den Boom: Ich arbeite ganz ungern nach Exposé. Romane entwickeln sich beim Schreiben, manchmal auch mit Wendungen, die ich ganz und gar nicht geplant habe. Ich habe für den Zyklus natürlich ein grobes Konzept, so dass ich die ganz großen Handlungsschritte vorbereitet habe – aber das ist wirklich nicht mehr als ein sehr vereinfachter Rahmen, der viel Raum für auch spontane Veränderungen bietet.

TERRACOM: Du bist ja viel in der Mongolei tätig als freiberuflicher Consultant, wenn ich das richtig gelesen habe.
Dirk van den Boom: Ich war erst zweimal in der Mongolei. Ich arbeite viel im Ausland. Bisher in Nigeria, Ghana, dem Senegal, Äthiopien, Kenya, der Mongolei, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Georgien, dem Kosovo, Russland, Indien... und so ziemlich jedem EU-Mitgliedsland. Ich komme ganz gut herum.

TERRACOM: Das mit der Mongolei ist mir sicher eher im Gedächtnis geblieben wegen Deiner Suche nach Terrania City und Perry Rhodans Bungalow. Leider bist Du ja nicht fündig geworden. Darum auch noch die Frage ob Dich etwas mit dieser Serie verbindet oder verbunden hat?
Dirk van den Boom: Perry Rhodan ist eine absolut prägende Lektüre meiner Entwicklung als SF-Fan. Ich habe zeitweise drei Auflagen parallel gesammelt (als es noch fünf gab…). Ich habe irgendwann aufgehört zu sammeln, weil ich aus Zeitgründen einfach nicht mehr hinterher gekommen bin, kaufe mir aber immer noch regelmäßig die Taschenbuch-Zyklen, die bei Heyne erscheinen. Ohne Perry Rhodan gäbe es mich als SF-Fan nicht, und auch nicht als Autor oder Redakteur einer eigenen Serie – "Rettungskreuzer Ikarus" – oder sonst was.

TERRACOM: Deine Schriftstellerkarriere hast Du aber mit dem zweiten bekanten Raumfahrer-Held Deutschlands begonnen. Und zwar mit dem „Projekt 99“ des Mohlberg Verlages, der semiprofessionellen Heftromanfortsetzung von „Ren Dhark“. ( Die hab ich damals auch gelesen und bin durch den PRBCBS darauf aufmerksam geworden ). Wie sahst Du Ren Dhark im Gegensatz zu Perry Rhodan? Als Abklatsch, als eigenständige Serie oder eher als kleinen Bruder? Was hat Dich bewogen gerade mit Ren Dhark Deine Schriftstellerkarriere zu beginnen?
Dirk van den Boom: Nachdem ich gerade Perry so gelobt habe, darf ich vielleicht zugeben, dass mir die 99 Hefte der Ren-Dhark-Serie immer einen Ticken besser gefallen haben – ich war, wenn man so will, ein größerer RD- als PR-Fan. Als mit dem „Projekt 99“ die Chance bestand, selbst an einer Fortsetzung mitzuschreiben, habe ich mich sofort draufgestürzt. Damals habe ich mein allererstes Autorenhonorar verdient. Bis heute halte ich die Romane des Projekt 99 für die wahre RD-Fortsetzung, denn sie verbindet den Atem der alten Romane auf kongeniale Weise mit neuen Themen und modernen Entwicklungen und stellt somit keinen Bruch dar.

TERRACOM: Den Senegal und Gambia kenne ich selbst aus einer 8-wöchigen Reise, die aber schon fast 20 Jahre zurückliegt. Schon damals war zu erkennen, dass besonders der Fischfang dieser Region auch unter der europäischen Politik zu leiden hat. Ich denke in diesen Ländern hat sich seit damals nicht viel geändert?
Dirk van den Boom: Der Senegal hat ja eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich gebracht – und durchlebt zur Zeit mit einem greisen und offenbar schon alterssenilen Präsidenten, der mit aller Macht seinen Sohn als Nachfolger installieren will, eine eher traurige Periode. Und Gambia ist ein Sonderfall, der einen wirklich wundern lässt: Regiert von einem Tyrannen, der sich für eine Art Wunderheiler hält, und gleichzeitig mit einer sehr stabilen und positiven wirtschaftlichen Entwicklung. Manchmal überrascht mich die Komplexität afrikanischer Staaten selbst…

TERRACOM: Konsultieren bezeichnet man als eine beratende Tätigkeit. Bezieht diese sich auf den politischen Bereich?
Dirk van den Boom: Ich arbeite vorwiegend in den Bereichen Entwicklungspolitik und Migrationspolitik.

TERRACOM: Sind dies die ersten Bestrebungen des Saarlandes in Herzen Asiens Fuß zu fassen?
Dirk van den Boom: Das frag mal die saarländische Landesregierung :). Meine Auftraggeber kommen für diese Arbeit eher nicht aus dem Saarland.

TERRACOM: Ich glaube den „Napoleon“ von der Saar hast Du nicht mehr als Regierungschef des Saarlandes erlebt. Wobei man beim Saar-Oscar sicher geteilter Meinung sein kann!? Dafür jetzt Peter Müller. Und ich denke, dass dessen politische Ambitionen eher nicht in diese Richtung gehen.
Dirk van den Boom: Das denke ich auch. Bei einem Haushalt von rund 3 Mrd. Euro und einer Verschuldung von mehr als 10 Mrd. kann man sowieso nicht sehr ambitioniert sein.

TERRACOM: Was plant der Autor Dirk van den Boom nach seinem monumentalen Werk "Kaiserkrieger"?
Dirk van den Boom: Gute Frage. Nächste Frage.
Im Ernst: Ich habe noch einen bereits fertiggestellten Roman, der aber der Überarbeitung bedarf (eine Space Opera mit Krimi-Elementen) und einen angefangenen Roman, der wieder mehr in Richtung Military SF geht. Beides sind aber Einzelromane. Ich glaube, nach den sechs Romanen für die Kaiserkrieger wird mir erstmal die Puste fehlen.

TERRACOM: Das ist verständlich. Vor den „Kaiserkriegern“ warst und bist Du als Schriftsteller schon länger tätig und hast eine ganze Menge Publikationen vorzuweisen. Besonders im Atlantis und Mohlberg Verlag hast Du ja für einige Serien Romane geschrieben: Raumkreuzer Ikarus, Sigam Agleon, RexCorda.
Dirk van den Boom: Rettungskreuzer bitte. Und Sigam Agelon gehört zum Rex-Corda-Universum, das war ja ein Spin-Off.
TERRACOM: Sorry, natürlich Rettungskreuzer!

TERRACOM: Im Mohlberg Verlag ist im Februar(2010) „Ein Toter soll nicht sterben“ aus der Rex Corda Serie verlegt worden. Wird die nächsten Jahre in dieser Richtung weiterhin von Dir zu lesen sein, oder konzentrierst Du Dich lieber auf eigene Projekte als die Tentakeltriologie, die im SF-Military Bereich anzusiedeln ist.
Dirk van den Boom: Also, ich war jahrelang nur Serienautor und habe dann bewusst versucht, mich davon abzunabeln. Sowohl die Tentakeltrilogie wie auch die "Kaiserkrieger" sind dafür die Beispiele. Aber ich schreibe weiter Serienmaterial, warum auch nicht? Es geht mir ja nicht um den Bruch mit der Vergangenheit, sondern um meine Weiterentwicklung.

TERRACOM: Durch verschiedene Vorlieben zum Beispiel auf SF Covern und auch durch gewisse Deiner Äußerungen in diversen SF Foren wirst Du auch gerne als der oder einer „Tentakel, Titten und Raumschiffe“ bezeichneten Fraktion zugeschrieben. Was reizt Dich besonders an dieser Unterart der Science Fiction. Und warum favorisierst Du diese vor anderen?
Dirk van den Boom: Ich provoziere gerne damit, das muss ich erstmal zugeben. Ich bin aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit oft mit sehr komplexen Themen befasst, zum Teil globalen Problemen und Herausforderungen, zu denen ich eine Meinung abzugeben habe. Wenn ich dann zur Entspannung lese, kann und will ich mich nicht mit noch mehr Problemlagen auseinandersetzen und gesellschaftlich-philosophische Exkurse ertragen müssen. Es muss krachen und gut voran gehen, denn ich will mich bedudeln lassen, bin ein großer Freund des literarischen Eskapismus.

TERRACOM: Als Mitherausgeber der im Atlantis Verlag erschienen „Weltraumkrieger“-Anthologie unterstreichst Du obige Vorliebe. Kann man weitere Anthologien unter Deiner Regie beim Atlantis Verlag erwarten?
Dirk van den Boom: Da gibt es eine definitive Antwort: Nein. Außer einer weiteren Anthologie mit Ikarus-Stories, die zur Zeit in Arbeit ist: Nein. Ich bin kein Freund der Kurzgeschichte und werde es wohl auch nie werden.

TERRACOM: Zum Schluss begeben wir uns wiederum in unsere Heimat das Saarland. Wie und warum hat es Dich in dieses kleine Bundesland verschlagen?
Dirk van den Boom: Nach Ende meines Studiums in Münster ergab sich ein Stellenangebot an der Universität des Saarlandes. Ich bin also sozusagen dem Ruf des Geldes gefolgt.

TERRACOM: Gerade wegen Deiner nicht- schriftstellerischen Arbeit wäre doch eine zentralere Lage Deutschlands zu bevorzugen!?
Dirk van den Boom: Schreiben kann man überall J

TERRACOM: Die Geschichte des römischen Imperiums interessierte mich auch schon früher und gerade in unserer Region sind viele Überbleibsel aus dieser Zeit zu finden.
Der Zusammenbruch des römischen Reiches steuerte über kurz oder lang (Karl der Große und Teilung des Reiches) zur Staatenbildung Frank(en)reich – Deutschland. Und damit zu einem Jahrhundert dauernden Konflikt. Was dazu führte, dass das Saarland oder Teile davon mal zu diesem, mal zu jenem Land gehörten. Was sicher die saarländische Mentalität geprägt hat. Wie bist Du mit dieser Mentalität oder Lebensart zurechtgekommen? Unterscheidet sie sich sehr der andern in Deutschland?

Dirk van den Boom: Oh ja. Ich bin in Norddeutschland aufgewachsen, wo man doch eher eine kühle Herzlichkeit pflegt. Dann habe ich gut zehn Jahre in Westfalen gelebt, das auch als eher spröde Region gilt. Ins Saarland zu kommen, war durchaus erst einmal ein Kulturschock. Ich möchte jedoch behaupten, dass ich ihn gut verkraftet habe. Die Saarländer machen es einem da ja auch leicht. Sie tolerieren die zugereisten Leute aus dem Reich, so lange sie keine Pfälzer sind.

TERRACOM: Was gefällt Dir am besten in diesem Land?
Dirk van den Boom: Es ist sehr vielfältig, trotz der geringen Ausdehnung. Man kommt überall gut hin, ohne mitten im Trubel zu sitzen – Frankreich, Luxemburg, ganz schnell nach Paris, nach Belgien, schnell nach Frankfurt (für mich besonders wichtig). Und dabei bleibt aber die Ruhe und manchmal auch Betulichkeit der Provinz. Das kann ein sehr angenehmer Kontrast sein.

TERRACOM: Ja, das ist richtig. Und die Nähe Luxembourgs ist für das Saarland sicher ein Glücksfall.
Für mich übrigens auch, da ich da schon länger arbeite.
Möglich, dass hätte sich die Mehrheit der Bevölkerung für den Saarstatut 1955 entschieden (eine Autonomie des Landes), uns Saarländern ein ähnlichen Status wie den Luxemburgern beschieden …

Dirk van den Boom: Möglicherweise wäre dann Saarbrücken zum Sitz der EU-Institutionen geworden. Aber es hat halt nicht sollen sein…

TERRACOM: Und was magst Du am wenigsten?
Dirk van den Boom: Wenn ich irgendwo hin komme – an einem Mittwoch oder Donnerstag morgen – und etwas will und die Antwort auf meine Frage ist: "Jo, das wird die do Woch nischt mehr!"

TERRACOM: Konntest Du Dich mit gewissen saarländischen „Bräuchen“ anfreunden?
Dirk van den Boom: Ich glaube eher, ich mache es den Saarländern nicht immer leicht, sich mit mir anzufreunden. Außer einem gelegentlichen "Ei gudd!", das mir entfährt, halte ich nämlich fanatisch an meinem Hochdeutsch fest.

TERRACOM: Witzig ist zum Beispiel, als während meines Grundwehrdienstes in Bayern ( Roth bei Nürnberg ), doch einige Urbayern sich wunderten warum wir Saarländer Deutsch sprächen. Das war 1980. Wie war Deine Meinung zum Saarland bevor Du dort hingezogen bist? Wusstest Du, wenn überhaupt, etwas darüber? Wobei Maggi und Lyoner auch im "Reich" bekannt sein dürften.
Dirk van den Boom: Ich muss ehrlich sagen, dass ich vor meinem Umzug gar keine Meinung hatte. Ich bin völlig vorurteilsfrei ins Saarland gekommen. Und da ich hier sehr schnell viele nette Leute kennen gelernt habe, war auch der Kulturschock begrenzt.

TERRACOM: Ich denke mal, dass sich das Saarland für die meisten Nichtsaarländer auf Saarbrücken beschränkt. Und vielleicht noch Kohle und Stahl. Wobei dieses Klischee heute nicht mehr stimmt. Aber das Saarland hat viel mehr zu bieten, besonders in den entlegeneren Ecken und Dörfchen. Die fast alle eine abweichende Mentalität und auch einen unterschiedlichen Dialekt haben.Zum Beispiel wird in meiner Heimat, oben in der Merziger Ecke, Moselfränkisch gesprochen, in der Saarbrücker Gegend aber Rheinfränkisch. Kennst Du nur die Umgebung Deines Wohnortes oder bist Du auch mit anderen Gegenden des Saarlandes vertraut? Wenn ja welche interessanten Dinge fallen dir da spontan ein?
Dirk van den Boom: Ich bin sehr viel im Saarland herumgekommen, da ich auch lokale Projekte aus der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik betreue. Ich kenne viele der kleineren Ortschaften, sowie alle der größten Städte. Ich muss ehrlich sagen, und ich darf hier um Gnade in den Augen der Saarländer bitten, dass ich viele kleinere Dörfer mit ihren monotonen Durchgangsstraßen und der oft langweiligen Einheitsbauweise der Häuser eher langweilig finde. Aber ich bin auch sowieso ein Kind der Großstadt. Man muss mir das bitte verzeihen.

TERRACOM: In der "saarländischen Sprache" sind auch noch viele Wörter und Ausdrücke aus dem französischen zu finden, manchmal ein wenig verfremdet. Zum Beispiel: Rideaux, Kaandel, Flemm, Plümmo, Drottwa. Haben diese Ausdrücke Dir anfangs die Verständigung mit den Einheimischen erschwert?
Dirk van den Boom: Oh ja, vor allem, weil ich so gut wie kein Französisch spreche. Aber ich habe im Zweifel immer Hilfe bekommen.

TERRACOM: Und den saarländischen Adventskranz kennscht de doch!?
Dirk van den Boom: Na klar! J

TERRACOM: Vielen Dank, Dirk, dasS Du die Mühe auf Dich genommen hast so ausführlich auf meine sicher teilweise seltsamen Fragen zu antworten.Ich verabschiede mich jetzt mit Gerd Duddenhöfer auch bekannt als Heinz Becker: "Jo, geh fortt!" (Rheinfränkisch) oder "Jo, geh fott!" (Moselfränkisch)

Links: Dirks Blog

Kaiserkrieger Seite

Tentakelkrieg
Atlantis Verlag

Geschichte des Saarlandes
Saarländischer Dialekt


©Lothar Bauer – www.terracom-online.net

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