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Diese kreative Freiheit, die mir das Hörspiel bietet, finde ich sonst nirgendwoInterview mit Gerry Streberg, geführt von Florian Hilleberg am 23. Jun. 2011.Hallo Herr Streberg, Schön dass Sie die Zeit finden konnten, mir dieses Interview zu geben. Kein Problem. Übrigens, können wir uns bitte duzen? Natürlich. Okay, als erstes würde mich interessieren, wann bist du mit dem Medium Hörspiel in Berührung gekommen? Ich bin Jahrgang 65 und gehöre damit wohl zur der Generation „Kassettenkinder“. Aus heutiger Sicht hört sich das total verrückt an, aber das war die Zeit, in der es Kinderprogramm im Fernsehen nur am Wochenende gab. Und wenn ich eine Serie „aufzeichnen“ wollte, dann ging das nur mit meinem Kassettenrecorder. Videorecorder gab es noch nicht. Ich hatte jede Menge Kassetten von, TARZAN, DAKTARI. Später auch DIE ZWEI, STARSKY UND HUTCH und DREI ENGEL FÜR CHARLIE. Alles direkt vom Fernseher aufgenommen. Im weitesten Sinne also Hörspiele. Aber natürlich habe ich auch richtige Hörspiele gehört. WINNETOU zum Beispiel. Oder KUNG FU, obwohl ich Kampfsport in Hörspielen schon als Kind ziemlich absurd fand. Dann natürlich die Grusel-Klassiker von Europa. Oder die Titel von Disney. DIE TOLLKÜHNE HEXE IN IHREM FLIEGENDEN BETT. Die Songs habe ich heute noch im Ohr. Kostprobe? Äh, vielleicht später. Wie ist es dazu gekommen, dass du selbst Drehbücher schreibst? Ich bin im Kino groß geworden. Meine Eltern sind Gastronomen und betreiben ein Restaurant. Dadurch waren sie schon immer in ihrer Arbeit eingebunden. Da ich ein Einzelkind war, verbrachte ich einen Großteil meine Kindheit entweder bei meinen Großeltern, oder im Kino. Für knapp zwei Stunden eine andere Welt eintauchen zu können, das hatte für mich schon immer einen großen Reiz. Irgendwann fing ich dann an kleine Kurzgeschichten zu schreiben. Meistens verarbeitete ich damit die Eindrücke aus dem Kino. Aber nach und nach schlichen sich auch eigene Ideen mit ein, die ich dann mit meinem Kumpel Burkhard auf Super 8 umsetzte. So gibt es z.B. eine Gerry Streberg Version von HALLOWEEN, DAWN OF THE DEAD und ESCAPE FROM NEW YORK (Die Klapperschlange). Welchen Anteil hat das Medium Hörspiel an deinem Lebensunterhalt? Sagen wir mal so: Es ist ein schöner Nebenverdienst. Leider verdient man im Hörspielbereich nur einen Bruchteil von dem, was man als Drehbuchautor - für die gleiche Arbeit - beim Fernsehen bekommen könnte. Aber dort Fuß zu fassen, ist hart. Richtig, richtig hart. Auf der anderen Seite gibt es beim Hörspiel keine, oder ganz wenige Vorgaben. Wenn ich als Autor der Ansicht bin, dass eine Szene in Ägypten spielen soll, dann schreibe ich das einfach. Wenn ich für eine TV Serie schreiben würde, müssten Sets gebaut werden, Statisten angeheuert, Tonnenweise Sand, usw. usw. Diese kreative Freiheit, die mir das Hörspiel bietet, finde ich sonst nirgendwo. Was treibt der private Gerry Streberg? Was ist ihm wichtig? Was treibt mich? Was ist mir wichtig? Hmm. Gute Frage. Also beruflich gesehen ist mein größtes Ziel natürlich zu unterhalten. Ich weiß, das hört sich abgedroschen an, aber ich schreibe das, was ich als Fan auch hören möchte. Und privat, was ist dir da wichtig? Weltfrieden. ... Nein, nur Spass. Obwohl, ... ich meine, natürlich ist mir Weltfrieden wichtig, gar keine Frage, aber darüber hinaus, meine Familie. Mein Sohn und meine Frau. Die sind mir sogar sehr wichtig. Wie sieht ein Arbeitstag im Leben von Gerry Streberg aus? Das ist eine wirklich gute Frage. Also: Um 8 Uhr mache ich mir meinen ersten Kaffee. Beim Brötchen checke ich meine E-Mails und diverse Nachrichten Websites. Man muss ja auf dem Laufenden bleiben. Danach schaue ich mir die neusten Filmtrailer bei Apple an. Zur Inspiration. Dann mache ich mir noch mal Kaffee und surfe noch etwas im Internet – wegen der Recherche. Zwischen 12 und 13 Uhr esse ich zu Mittag. Das muss ich dann erst mal sacken lassen. Manchmal verbinde ich das mit einem kleinen Nickerchen. Bietet sich an. Wenn ich wieder wach bin, geht es wieder an die Arbeit - mit einem Kaffee. Anschließend weitere Recherche im Internet, so bis kurz vor vier. Dann, ab 16 Uhr, haue ich in die Tasten und schreibe wie ein Geisteskranker hochkonzentriert bis 17 Uhr. Und dann? Feierabend. Stimmt das wirklich? Nein, nicht wirklich. Ich habe ein bisschen übertrieben. Dachte ich mir doch. Meistens mache ich schon um 16 Uhr Feierabend. Welches war deine erste Veröffentlichung, und was war das für ein Gefühl das Produkt in Händen zu halten, bzw. das Ergebnis zu hören? Meine erste Veröffentlichung war DAS VERLIES DER BLUTIGEN TRÄUME, aus der GESPENSTER KRIMI-Reihe von WortArt. Interessanterweise war das aber nicht mein erstes Hörspiel. Das war DER FLUCH DES PHARAO, das aber erst 2007, zum Ende der Reihe veröffentlicht wurde. Ich weiß, du findest VERLIES jetzt nicht so prickelnd, aber ich hatte einen Riesenspaß beim Schreiben. Und das erste Skript vertont zu hören – mit Buffy, Scully und John Cusack – das war schon eine tolle Sache. Übrigens, kleines Easteregg: Ich glaube es ist nur Olli Döring aufgefallen, aber der ganze Anfang von VERLIES ... Du meinst die Autofahrt im Regen? Genau. Zwei Reporter fahren im Regen zu ihrem nächsten Auftrag. Plötzlich sieht die Reporterin etwas am Straßenrand stehen, ... ... das natürlich kurz darauf verschwunden ist. Ja, ich erinnere mich an die Szene. Das war eine kleine Verbeugung auf NESSIE – DAS UNGEHEUER VON LOCH NESS aus dem Hause EUROPA. Horst Frank war einer der Sprecher. Und Brigitte Kollecker, richtig. Ein absoluter Klassiker. Jedenfalls für mich. Für mich auch. Aber kommen wir jetzt zu CAINE. Sehr gerne. Du hast maßgeblich an dieser herausragenden Hörspielserie mitgearbeitet. Gab es Vorgaben von Seiten des Basilisk-Verlags bezüglich der Romanvorlage? Soviel mir bekannt ist, weichen die Hörspiele doch stark von den Heftromanen ab. Ja, das tun sie tatsächlich. Nein, es gab keine Vorgaben seitens des Verlages. Günter (Merlau) und ich haben die Romane sehr frei interpretiert und viel von unseren eigenen Ideen mit einfließen lassen. CAINE ist wirklich etwas ganz Besonderes. Die Tatsache, dass von Anfang an klar war, dass es nur 10 Folgen geben wird, das fand ich sehr entspannend. So konnten wir auf ein wirklich furioses Ende hinarbeiten und mussten keine Angst haben, dass die Serie irgendwann wegen schwindender Verkaufszahlen einfach eingestellt werden würde. So hatten wir eine 10-teilige Serie, die einfach für sich steht und ihr hohes Niveau bis zum Ende hin halten kann. Welche Serie kann das schon von sich behaupten. Ich bin sehr stolz an CAINE mitgearbeitet zu haben. Ich denke, Günter geht es genauso. Du hast auch als freier Autor für WortArt an der Reihe GESPENSTER-KRIMI mitgewirkt. Wie läuft so ein Job ab? Bekommst du einen festen Auftrag, dass dieser oder jener Roman vertont werden soll, oder warst du an der Auswahl der Geschichten beteiligt? Ah, die GESPENSTER KRIMIS. Auch eine tolle Reihe, die aber leider viel zu früh eingestellt wurde. Zu deiner Frage: Die Storys wurden nach einem ziemlich ausgeklügelten System ausgesucht. Im Hauptsitz von WortArt in Köln, gab es diesen geheimnisvollen Behälter, in dem sämtliche Romane aus der Reihe lagerten. Unter Anwesenheit von Oliver Döring und Pe Simon durfte ich dann in diesen Behälter greifen, mischte ein wenig und zog anschließend ein paar Hefte heraus. Das waren VERLIES DER BLUTIGEN TRÄUME, DER FLUCH DES PHARAO, DAS GEHEIMNIS DER TOTENMASKE und DAS DÄMONENHAUS. Moment. Mit anderen Worten, du hast dir die Vorlagen willkürlich aus einem Karton gezogen. Ja. Aber bei dir hört sich das irgendwie so ... uncool an (schmunzelt). Wie läuft das Schreiben eines Hörspiels nach einem Roman ab? Wie hat man sich das vorzustellen? Der erste Schritt ist, ich lese mir die Vorlage genau durch. Meistens mache ich mir kurze Stichpunkte zu den einzelnen Kapiteln. Nur ein oder zwei Sätze, mehr nicht. Danach entscheide ich, welche Elemente ich übernehme, welche ich verändere und welche ich komplett fallen lasse. Romane haben natürlich ein ganz anderes Erzähltempo wie ein Hörspiel. Der Romanautor kann sich Zeit nehmen und auf Dinge, Personen oder Begebenheiten eingehen, die ein Hörspiel aber nur unnötig ausbremsen würden. Nach dieser kurze Inhaltsangabe des Romans, verfasse ich ein erstes Szenen Treatment für das Hörspiel. Dialog kann dabei sein, muss aber nicht. Das mache ich solange, bis das Grundgerüst der Story steht. Wenn das der Fall ist, mache ich mich ans eigentliche Schreiben des Drehbuches. Das ist so, als wenn du einen Weihnachtsbaum aufstellst. Erst muss der Baum stehen, dann kannst du ihn ausschmücken. Irgendwann ist dann die erste Version fertig, die ich dann dem Produzenten zum Lesen gebe. Meist kommt der Text mit Anmerkungen zurück – mal mehr, mal weniger. Diese Änderungen baue ich dann in die zweite Version des Drehbuches ein. In den meisten Fällen sollte es das gewesen sein. Sehr interessant. Kommen wir nun zu DON HARRIS. Seit Folge 7 „Drei Gräber in Sibirien“ arbeitest du auch an der Hörspielserie DON HARRIS mit. Ab Folge 10 basieren die Geschichten nicht mehr auf Romanen von Jason Dark. Gibt es dennoch Vorgaben von dem Autor? Oder werden die Hörspiele von ihm abgesegnet? Nein, meines Wissens ist Jason Dark nicht mehr daran beteiligt. Die Atmosphäre der 10. Folge ist sehr viel düsterer, als die der ersten Episoden. Bis zu welcher Folge gibt es eine grobe Planung? Oliver, der ja auch das Treatment für Folge 10 geschrieben hat, hat noch massig Ideen, die bestimmt noch für 50 Folgen reichen, ob die aber je umgesetzt werden, steht in den Sternen. Bist du eigentlich auch an der Sprecherauswahl beteiligt? Nein, mit einer Ausnahme: In CAINE taucht in der Folge „Revolution“ der kleine Schamane Jon-Jon auf. Diese Rolle hatte ich für meinen guten Freund Hennes Bender geschrieben. Günter war damals so mutig sich darauf einzulassen. Was Hennes dann aus Jon-Jon gemacht hat, hat unser beider Erwartungen weit übertroffen. Du arbeitest ja seit den GESPENSTER-KRIMI-Hörspielen eng mit Oliver Döring zusammen, so wie jetzt auch bei DON HARRIS. Was man so in den letzten vier Folgen gehört hat, scheint diese Zusammenarbeit sehr harmonisch zu verlaufen. Gibt es da bei Ihnen nicht auch Ambitionen die Serie JOHN SINCLAIR von Oliver Döring zu übernehmen? Nein. Bislang hast du meines Wissens nach Hörspiele nach bestehenden Roman-Vorlagen geschrieben. Gibt es Bestrebungen ein Hörspiel nach einer eigenen Idee zu verwirklichen? Wenn ja, wie weit sind die Pläne gediehen? Das ist so nicht ganz richtig. VERLIEß ist wirklich komplett von mir und basiert nur marginal auf der Romanvorlage. Wie ich ja schon sagte war VERLIEß mein erstes Hörspiel überhaupt. Damals war die Ansage, dass ich mit der Vorlage machen kann, was ich wollte. Das habe ich dann ziemlich wörtlich genommen und habe mein eigenes Ding gemacht. Deswegen steht im Booklet auch: „basiert auf einer Vorlage von ...“. Für die Produktion INDEPENDENT STANDARD schreibe ich ja aktuell für die Serie DIE EARLAM CHRONIKEN. Eine Mystery Serie, die auf keine literarische Vorlage basiert. Die Figuren stammen vom Produzenten, Jens Kauffmann, die Storys der ersten vier Folgen von mir. Natürlich in Absprache mit dem Produzenten. Eigene Ideen? Natürlich habe ich die. Tonnenweise, aber das sind nur Ideen, jedenfalls im Moment. Ich will aber nicht ausschließen, mal ein Projekt zu starten, dass komplett auf meinen Mist gewachsen ist. Hörst du selber auch Hörspiele? Welche Produkte favorisierst du? Als Zombie Fan finde ich TERRA MORTIS von PANDORASPLAY ganz toll. Gerry, vielen Dank für das Interview und das geduldige Beantworten meiner Fragen. Vielen Dank für dein Interesse und alles Gute, auch beruflich. [Zurück zur Übersicht] |
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