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Mamma Carlotta entstand sehr langsam und erst ganz allmählich vor meinen Augen. Vielleicht kommt es mir deswegen so vor, als wäre sie ein Mensch aus Fleisch und Blut.Interview mit Gisa Pauly, geführt von Alisha Bionda am 15. Dez. 2012.Dieses Interview ist Teil der Kolumne:
A.B.: Zuerst einige persönliche Fragen: Was gibt es über Dich als Mensch zu sagen? G.P.: Schwierig, sich selbst zu beurteilen. Ich denke, ich bin ein freundlicher, zugewandter Mensch, der mit seinen Mitmenschen gut auskommt. A.B.: Was zeichnet Dich in Deinen Augen aus? G.P.: Ich bin fleißig und diszipliniert, wenn mich etwas wirklich interessiert, stehe ich voll und ganz dahinter und engagiere mich. A.B.: Was magst Du, und was eher nicht? G.P.: Was ich an mir mag? Dass ich umgänglich bin, verlässlich, großzügig. Was ich nicht mag: Ich scheue manchmal den Konflikt, weil ich es gern allen recht machen möchte. Daran arbeite ich. A.B.: Welche Hobbies hast Du? G.P.: Früher war das Schreiben mein Hobby, aber nun ist es mein Beruf geworden. Jetzt sind meine beiden Enkelkinder mein Hobby. A.B.: Wolltest Du immer schon Schriftstellerin werden oder war es eher eine Folge Deiner persönlichen Entwicklung? G.P.: Den Traum, Schriftstellerin zu werden, hatte ich schon immer, allerdings wäre mir früher nie in den Sinn gekommen, dass er Wirklichkeit werden könnte. Und wenn ich in meinem früheren Beruf als Lehrerin zufrieden geblieben wäre, hätte ich es vermutlich nie versucht, weil es mir zu verwegen erschienen wäre, nach den Sternen zu greifen. A.B.: Wann hast Du zu schreiben begonnen? Und womit? G.P.: Ich habe schon als Kind geschrieben. Zunächst natürlich Tagebuch, dann kleine Geschichten, während der Pubertät mit Vorliebe Gedichte. Es gab Zeiten, in denen ich nicht geschrieben habe, weil ich zu wenig Zeit hatte, in schwierigen Lebenssituationen habe ich jedoch stets aufs Schreiben zurückgegriffen und damit meine Probleme gelöst oder zumindest erträglich oder greifbar gemacht. A.B.: Hast Du eine fest strukturierte Methode, wie Du ein Projekt umsetzt? G.P.: Zuerst ist da die Idee, der Plot. Dann kommen die Charaktere, jede Person entsteht langsam vor meinen Augen, indem ich ihr einen Lebenslauf verpasse. Wenn es um die Sylt-Krimis geht, ist es oft das Schwierigste, sämtliche Hauptpersonen, die ja schon seit dem ersten Band existieren, in die Geschichte einzubinden. Manchmal ist das nicht möglich, dann muss ich den Stoff verloren geben. A.B.: Schreibst Du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht Dein Tagesablauf aus? G.P.: Ich bin Frühaufsteherin, wache nicht selten schon gegen fünf Uhr auf, vor allem dann, wenn ich mitten in einem Buchprojekt stecke. Dann ist es die innere Unruhe, die mich aus dem Bett treibt. Schon während des Frühstückens fange ich dann an zu schreiben und bleibe bis mittags am Manuskript. A.B.: Bevorzugst Du eine bestimmte Atmosphäre oder benötigst Du besondere Ruhe wenn Du schreibst? G.P.: Ich arbeite in meinem Büro, entweder am Schreib- oder am Stehtisch. Äußere Ruhe brauche ich nicht, es darf ruhig Lärm um mich herum sein. Aber ich benötige Ungestörtheit. Wenn mich jemand anspricht „Ich will nicht stören, nur ganz kurz …“, dann bin ich schon raus. Das können Menschen, die selber nicht schreiben, selten verstehen, dass eine noch so kurze Störung genauso fatal sein kann wie eine lange, einschneidende. A.B.: Besonders durch Deine Sylt-Krimis bei Piper und „Mamma Carlotta“ Deine sympathische italienische Miss Marple hast Du Dich in die Herzen der Leser geschrieben. Wie kam es zu der Idee und zu Mamma Carlotta? G.P.: Was mir zunächst einfiel, war, zwei Temperamente aufeinanderprallen zu lassen, südländisches und norddeutsches. Beim südländischen war klar, dass eine Italienerin her musste, beim norddeutschen habe ich eine Weile gezögert, bis ich mich für Sylt entschieden habe. Mamma Carlotta entstand sehr langsam und erst ganz allmählich vor meinen Augen. Vielleicht kommt es mir deswegen so vor, als wäre sie ein Mensch aus Fleisch und Blut. Sie ist meine Freundin, ich kenne sie gut. A.B.: War „Mamma Carlotta“ von Anfang an als Serie geplant oder hat sich das durch die Akzeptanz der Leser so entwickelt? G.P.: Ich war freudig überrascht, als der Piper-Verlag durchblicken ließ, dass man sich eine Serie vorstellte. Ich selbst hätte es nicht zu hoffen gewagt. Aber natürlich wäre nichts daraus worden, wenn gleich der erste Band gefloppt wäre. Nun sind schon sechs Krimis auf dem Markt, der siebte ist fertig und erscheint im Mai 2013, für die folgenden drei habe ich schon Verträge abgeschlossen. A.B.: Schildere doch bitte einmal, was die Leser in Deinen Sylt-Krimis und mit Mamma Carlotta zu erwarten haben. G.P.: Mamma Carlotta ist so, wie man sich eine italienische Mama vorstellt: temperamentvoll, redselig, in der Küche zu Hause und stets für ihre Familie da. Im krassen Gegensatz dazu steht ihr Schwiegersohn Erik Wolf, der ungern redet, und wenn, dann leise und schleppend. Seine Schwiegermutter geht ihm gehörig auf die Nerven, trotzdem wächst sie ihm von Buch zu Buch mehr ans Herz, ohne dass er sich das eingesteht. Manchmal beneidet er sie sogar. Obwohl er wesentlich jünger ist als sie, ist sie geistig und körperlich oft fixer, durchschaut vieles schneller als er und überholt mit ihrer Intuition mehr als einmal seine Spuren- und Faktenlage. Ich glaube, die Leser mögen Mamma Carlotta, weil sie sich oft etwas traut, wozu man selbst gern den Mut hätte. Andererseits ist sie keine unfehlbare Heldin, man kann sich also mit ihr identifizieren. Sie ist ein bisschen eitel, fällt leicht auf Schmeicheleien herein, hat auch Vorurteile und ist von unverbesserlicher Neugier. Aber sie hat eben das Herz auf dem rechten Fleck. Wenn sie Ungerechtigkeiten wittert, ist sie auf dem Plan, und wenn jemand ihr Mitleid verdient, setzt sie sich für ihn ein, egal ob es sich um einen reichen Mann oder einen Obdachlosen handelt, da macht sie dann keine Unterschiede. Dass sie es oft ist, die die Fälle ihres Schwiegersohns löst, will sie nicht hören. Sie würde sich niemals in einem Erfolg sonnen, der eigentlich Erik Wolf zusteht. A.B.: Was macht die Serie für Dich aus? G.P.: Sie ist Teil meines Lebens. Ehrlich gesagt, wüsste ich gar nicht, wie mein Leben aussähe ohne meine Sylt-Krimis, mit denen ich mich schließlich viele Stunden am Tag beschäftige. Nicht nur während des Schreibens, auch während der vielen Lesungen, die ich mache, während der Beantwortung von Leseranfragen, Einladungen zu Interviews usw. Andererseits bin ich aber auch froh, dass ich nicht nur Sylt-Krimis schreibe, sondern auch andere Romane, die mich immer wieder von Mamma Carlotta wegführen. Dafür ist dann die Wiedersehensfreude jedesmal groß. A.B.: Vor Kurzem erzähltest Du mir, dass Mamma Carlotta für das Fernsehen verfilmt werden soll. Gibt es schon Konkretes dazu zu sagen? G.P.: Die Filmrechte sind verkauft, Konstantin-Film hat sie sich gesichert. Ich hoffe, dass es im nächsten Jahr konkret wird. A.B.: Schreibst Du an mehreren Projekten gleichzeitig oder trennst Du das strikt? Sprich gibt es noch Projekte neben „Mamma Carlotta“? Wenn ja welche? G.P.: Gleichzeitig könnte ich nicht an mehreren Projekten arbeiten. Das geschieht immer hübsch nacheinander. In diesem Jahr habe ich zwei Bücher geschrieben, einen Sylt-Krimi und einen historischen Sylt-Roman. Im nächsten Jahr wird es genauso sein, die Verträge sind bereits geschlossen. Ende nächsten Jahres wird es auch eine Weihnachtsanthologie geben „Schöne Bescherung mit Mamma Carlotta“. A.B.: Hast Du ein Vorbild – literarisch und/oder allgemein? G.P.: Ein literarisches Vorbild habe ich nicht. Ein allgemeines? Kein bestimmtes. Aber ich bewundere Menschen, die den Mut haben, ihre eigene Sicherheit aufs Spiel zu setzen, um anderen zu helfen oder ein wichtiges Ziel zu verfolgen. A.B.: Schreibst Du lieber alleine oder würdest Du auch mit einem Co-Autor arbeiten? Wenn ja, wer würde Dich da reizen? G.P.: Ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen, mit einem Co-Autor zusammenzuarbeiten. Zum Schreiben gehört für mich das Alleinsein. A.B.: Liest Du regelmässig? Wenn ja, was bevorzugt? G.P.: Ich lese im Bett vor dem Einschlafen. Wenn ich müde bin, schaffe ich das manchmal nur eine halbe Seite. Oft lese ich, was ich zur Recherche benötige, ansonsten orientiere ich mich an der Bestsellerliste. Was dort vertreten ist, interessiert mich. A.B.: Wie wichtig ist Dir der Kontakt zu Deinen Lesern? G.P.: Sehr wichtig! Deshalb liebe ich Lesungen so sehr. Über die anerkennenden Mails oder Briefe freu ich mich auch sehr, aber aus dem Mund eines Lesers zu erfahren, wie gut ihm ein Buch gefallen hat, ist für mich nach wie vor etwas Besonderes. G.P.: Wenn er nicht persönlich auf Lesungen entsteht, dann meist per Mail oder auf Facebook. Es ist schon mehrmals vorgekommen, dass ein intensiver Mailverkehr voranging, bis dann ein solcher „Mail- oder Facebook-Freund“ zu einer Lesung kam und damit ein Mensch aus Fleisch und Blut wurde. Einmal mailte mir eine Leserin aus Italien, eine Deutsche, die mit einem Italiener verheiratet ist. Sie bot mir an, alles Italienische im neuen Manuskript zu kontrollieren und gegebenenfalls zu verbessern, damit es noch authentischer ist. Dieses Angebot habe ich gerne angenommen und stehe seitdem in regem Kontakt mit dieser Leserin. Sie wohnt in Como. Wenn ich das nächste Mal nach Italien fahre, mache ich Station bei ihr, das steht schon fest. A.B.: Gibt es Menschen, die Dich bei Deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In Deinen Anfängen und jetzt? G.P.: Es ist unglaublich, aber ich habe zunächst nur heimlich geschrieben, weil ich mich schämte, jemandem zu zeigen, was ich zu Papier brachte. Unterstützung bekam ich dann von meiner Familie. Mein Mann war sofort damit einverstanden, dass ich meinen sicheren Job als Lehrerin aufgab, um stattdessen mit dem unsicheren Job als Autorin mein Geld zu verdienen (oder auch nichts zu verdienen, wenn es schiefgegangen wäre). Wenn ihm das Risiko zu groß erschienen wäre, hätte ich es wahrscheinlich nicht gewagt. Auch meine Kinder unterstützen mich. Mein Sohn z.B., der Polizeibeamter ist, steht mir zur Seite, wenn ich fachliche Fragen habe. Er ist auch mein Erstleser, der mich auf Fehler aufmerksam macht. Außerdem habe ich eine gute Freundin, die jedes Manuskript noch während des Schreibens liest. Eine andere Freundin, die Drehbuchautorin und eine begnadete Stoffentwicklerin ist, sieht sich meine Exposés an, wenn ich ein neues Buch plane. Das hilft mir alles sehr. A.B.: Welchen Rat würdest Du Newcomer-Autoren für die Verlagssuche geben? G.P.: Ich würde jedem Newcomer raten, sich einen Agenten zu suchen. Nichts ist frustrierender als die vergebliche Suche nach einem Verlag. Da kann einem das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten abhanden kommen, obwohl ein Manuskript vielleicht nur abgelehnt wurde, weil niemand Zeit hatte, sich damit zu beschäftigen. Wenn ein Agent interessiert ist, hat man schon mal eine erste Instanz überwunden. Und dieser Agent schafft es eher, eine Verleger zu interessieren. A.B.: Woran arbeitest Du derzeit? Auf was dürfen sich die Leser künftig freuen? G.P.: Ich konzipiere zurzeit meinen achten Sylt-Krimi. Der siebte ist schon fertig („Kurschatten“), auch der historische Roman („Sturm über Sylt“). Das Exposé für den Sylt-Krimi, der 2014 erscheinen wird, habe ich gerade zu meiner Drehbuch-Freundin geschickt, die den Plot überprüfen wird. Ich bin sicher, dass sie Verbesserungsvorschläge hat. Dann werde ich korrigieren und das Exposé erst meinem Agenten und dann zum Verlag schicken. Anfang des Jahres möchte ich dann mit dem Schreiben beginnen. Währenddessen überlege ich mir den Stoff für den nächsten Sylt-Roman. Diesmal soll es kein historischer werden. Ich würde gerne einen schreiben, der in den 60er-Jahren spielt, als Sylt wirklich noch die Insel der Reichen und Schönen und auch der Promis war. A.B.: Vielen Dank für das geduldige Beantworten meiner Fragen. Und weiterhin viel Erfolg mit „Mamma Carlotta“ [Zurück zur Übersicht] |
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