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"Eine kleine Hommage an Edgar Allan Poe"

Interview mit Moritz Wulf Lange, geführt von Florian Hilleberg am 10. Jan. 2009.


Moritz Wulf Lange Moritz Wulf Lange
Herr Lange, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.
Wann und warum sind Sie zum Schreiben gekommen?


An der Uni wurde immer sehr theoretisch über Gedichte geredet. Irgendwann wollte ich wissen, wie man Gedichte schreiben kann, statt sie immer nur zu analysieren. Also habe ich angefangen zu probieren und zu lernen. Dann bin ich in eine kleine Dichtergruppe geraten, die groupe malle. Dort habe ich die richtigen Leute getroffen. Wir haben uns vorgelesen, unsere Gedichte gegenseitig mit allem Respekt zerfetzt und sehr, sehr viel voneinander gelernt. Also, ich zumindest von den anderen. Ob das umgekehrt genauso war, weiß ich nicht.


Welches war Ihre erste Veröffentlichung?

Eine dunkle Nacht.
Etwas beleuchtet den Weg –
es ist ein Irrlicht.

Das allererste, was je von mir gedruckt wurde. Ein Haiku von 1995.



YSie haben bereits Hörspieladaptionen von „Der Glöckner von Notre Dame“ verfasst, sowie die Gothic-Drama-Serie EDGAR ALLAN POE. Mit OPA DRACULA schreiben Sie sogar völlig eigenständige Geschichten. Was reizt Sie persönlich am Medium Hörspiel?

Ein Hörspiel spricht viel direkter die Sinne an als ein Buch. Ich erinnere mich heute noch an eine Gruselkassette, die ich als Kind gehört habe. Ein Werwolf aus Angola hatte jahrhundertelang eingemauert in einem Turm verbracht und lief nun frei rum. Da ging also am Anfang der Kassette dieses Pärchen im Mondschein spazieren, es ist alles wunderbar, und plötzlich fängt dieser Werwolf an zu heulen. Ich bin sowas von zusammengezuckt – noch heute kriege ich manchmal eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Das meine ich mit der direkteren Ansprache der Sinne im Hörspiel. Lesen ist distanzierter. Das ist nicht besser oder schlechter, nur anders eben.


Worum geht es bei EDGAR ALLAN POE?

In der Serie werden klassische Poesche Themen aufgegriffen, unter anderem das Lebendig-Begraben-Sein und die Detektivgeschichte. Schließlich ist die Serie ja auch als kleine Hommage an Edgar Allan Poe gedacht. Ganz konkret muss sich die Hauptfigur nacheinander mit ein paar Grundfragen des Lebens rumschlagen: wer bin ich? Wie beweise ich mich? Wo geht's mit mir hin? Was will ich eigentlich?


Wie entstand die Idee zu der Serie und wie kamen Sie als Autor an dieses Projekt?

YIch hatte ein paar Sachen zusammen mit Simon Bertling und Christian Hagitte von STIL gemacht, einige Bearbeitungen von Henning Mankells Wallander-Krimis zum Beispiel. Eines Tages kam Simon Bertling und sagte: wir sollen aus Poes Geschichten eine Serie machen, kannst du für uns die Story schreiben? Natürlich habe ich ja gesagt.


In den Booklets steht: Nach einer Idee von Dicky Hank, Marc Sieper und Thomas Weigelt. Inwieweit haben Sie beim Schreiben freie Hand, und was wird Ihnen vorgegeben?

Soweit ich gehört habe, bestand die Idee darin zu sagen, hey, lasst uns zu Poe eine Serie machen. Damit sind die drei zu Simon Bertling gegangen, der sie produzieren sollte, und der hat sich wegen der Story an mich gewandt. Inhaltlich habe ich freie Hand.


YSind Sie an der Sprecherauswahl beteiligt?

Bei OPA DRACULA war ich auch Coproduzent und an der Auswahl beteiligt. Nicht bei EDGAR ALLAN POE. Ich denke mir eine Geschichte aus, liefere das Skript ab, und der Rest ist nicht mehr mein Bier. Für Iris Berben und Ulrich Pleitgen zu schreiben, ist aber eine Freude – ich hätte mir schwerlich bessere Schauspieler wünschen können.


Mittlerweile ist Folge 33 erschienen und der zweite Zyklus damit in vollem Gange. Wie viele Folgen sind insgesamt geplant?

Insgesamt habe ich fünf große Handlungsbögen konzipiert, danach ist definitiv Schluss. Allerdings ist nicht zwingend festgelegt, wie viele Folgen jeder Handlungsbogen umfasst. Im Zweifelsfall höre ich auf zu schreiben, wenn der Verlag nicht mehr weitermachen will.


Wird es auch zum zweiten Zyklus eine Romanadaption geben?

Wenn der Verlag mir ein faires Angebot macht, auf jeden Fall.


YDer Roman „Lebendig begraben“ beinhaltet die Essenz der Folgen 1-25. Das Buch an sich ist nicht sonderlich dick. Weshalb wurden viele Handlungsstränge, wie beispielsweise der mit George Appo, außen vor gelassen?

Fünfundzwanzig Folgen haben ein ganz anderes Tempo als ein Roman. Daraus ein Buch zu machen hätte bedeutet, einen epischen Wälzer zu schreiben. Was im Hörspiel funktioniert, ist nicht immer eins zu eins im Roman umsetzbar. Das dramaturgische Rückgrat der Geschichte ist allerdings dasselbe.


Wie behalten Sie bei einer derart komplexen Serie den Überblick über die einzelnen Handlungsfäden und Figuren?

Mit einer Mischung aus Erinnnerung, Notizen und der Hilfe meiner Praktikanten. Die müssen von Zeit zu Zeit alle Handlungsstränge durchgehen und mich auf offene Enden hinweisen.


Was fasziniert Sie an dem Schriftsteller Edgar Allan Poe und seinem Leben besonders?

Dass es solche Geschichten hervorgebracht hat, wie Poe sie geschrieben hat.


Wird auch Poes umfangreichstes Werk „Die Abenteuer des Arthur Gordon Pym“ in die Hörspielserie mit einfließen? Vielleicht gar mit einem richtigen, alternativen Ende?

Sie bringen mich da gerade auf eine großartige Idee … ich werde Sie auf dem Laufenden halten.


YWie stehen Sie als Autor und/oder Hörspielfan zur derzeitigen Marktübersättigung? Wird es Ihrer Meinung nach demnächst eine natürliche Regulierung des Marktes geben?

Die Regulierung ist schon in vollem Gange. Die Verkaufszahlen in den Hörbuchverlagen gehen zurück. Die Hörbuchlektoren sind viel vorsichtiger im Einkauf geworden. Sie hatten vor zwei Jahren ein Buch anzubieten, das Ihr Verlag als Spitzentitel platziert hat? Die Hörbuchlektoren haben Schlange gestanden. Heute sagen sie: aha, hmhm, sehr schön, aber wir warten mal, wie sich das Buch verkauft; können wir in nem halben Jahr noch mal darüber reden? Und Originalhörspiele werden kaum noch als Hörbücher herausgebracht. Heutzutage wäre ein Projekt wie OPA DRACULA gar nicht mehr möglich. Es wird immer mehr auf sichere Banken gesetzt. Das bedeutet leider auch: weniger Überraschungen. Langweilig. Und auf lange Sicht gefährlich für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Verlage. Denn dadurch sinkt in den Verlagen auch die Chance auf einen Superknüller – denken Sie an Tannöd. Der kleine Nautilus-Verlag hat's gemacht. Konnte keiner voraussehen, dass Elke Heidenreich das Buch bespricht. Und es wurde ein Bestseller. Handwerklich sehr an Capotes "Kaltblütig" orientiert, aber das Buch hat trotzdem was. Da hat sich der Mut des Verlags ausgezahlt.


Wie sieht ein Arbeitstag im Leben von Moritz Wulf Lange aus?

Normalerweise? Lang schlafen! Meine Frau muss früher aufstehen als ich, deshalb kriege ich unter der Woche immer eine Tasse Kaffee ans Bett. Luxus… Dann Yoga, frühstücken und Zeitung lesen. Zwei, drei Stunden arbeiten, Pause, arbeiten. Der Abend ist zur freien Verfügung: mit meiner Frau Wein trinken oder spazieren gehen, Sessions spielen, lesen oder Leute treffen, manchmal auch weiter schreiben. Eigentlich ist mein Alltag sehr unspektakulär. Anders sieht es aus, wenn ich mitten in einem neuen Buch stecke. Dann mache ich praktisch nichts anderes außer zu schreiben, meistens bis tief in die Nacht, und schlafen. Ein bisschen essen. Und das wochenlang.


YWelche Autoren lesen Sie als Privatmensch?

Oha. Ich fürchte, da bin ich zunächst mal eher Vielfraß als Feinschmecker. Ich lese mehr oder weniger alles an, was mir unter die Finger kommt. Nach dem ersten Kapitel entscheide ich, ob ich ein Buch auch zu Ende lese. Zur Zeit schreibe ich am zweiten Band einer Krimireihe. Daher habe ich in den letzten Jahren schwerpunktmäßig Krimis gelesen. Ansonsten: bei den Lyrikern am liebsten Paul Celan, bei den Prosaschriftstellern Arno Schmidt.


Haben Sie Vorbilder oder lassen Sie sich von bestimmten Autoren inspirieren?

Inspirieren nicht so sehr, aber ich habe handwerklich viel von Henning Mankell gelernt. Und bevor ich die "Kleine Aster" – mein erster Krimi, der Ende Februar 2009 bei Bloomsbury Berlin erscheint – geschrieben habe, musste ich mir natürlich die großen Krimischriftsteller anschauen, um zu lernen: neben Mankell vor allem Donna Leon und Fred Vargas, davor zum Beispiel Sjöwall/Wahlöö. Die Alten Meister natürlich sowieso: Doyle, Highsmith, Wallace, Christie, Chandler, Simenon.


Woher stammt Ihr exotisches Pseudonym Melchior Hala?

Aus einem Buch von Carl Zuckmayer. Der Hintergrund ist eine private Anspielung, die ich deswegen nicht näher erklären möchte.


Was ist dem Menschen Moritz Wulf Lange wichtig?

Meine Frau. Und irische Musik – Trad allerdings, nicht Folk. Ein wirklich schöner Reel bringt mich zum Weinen. Das schafft keine andere Musik.


Herr Lange, vielen Dank für dieses interessante Interview.

Danke für Ihre klugen Fragen! War mir ein Vergnügen.
http://www.moritz-wulf-lange.de/
© http://www.moritz-wulf-lange.de/


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